Die stumme Bruderschaft
euch für die Koordination, und außerdem fallt ihr viel zu sehr auf.«
Ana Jiménez wartete am Flughafen von Paris auf den Nachtflug nach Rom. Von dort würde sie nach Turin weiterfliegen. Sie war nervös. Sie hatte angefangen, Elisabeths Dossier durchzugehen, und war völlig durcheinander von dem, was sie gelesen hatte. Wenn auch nur ein Viertel von dem, was drinstand, stimmte, wäre das Grund genug, sofort die Finger von der Sache zu lassen. Aber sie fuhr trotzdem nach Turin: Einer der Namen aus Elisabeths Dossier war auch schon in dem Dossier aufgetaucht, das Marco Valoni ihrem Bruder Santiago gegeben hatte, und wenn stimmte, was Elisabeth sagte, dann handelte es sich dabei um einen der Meister des neuen Templerordens, der in direkter Beziehung zu dem Grabtuch stand.
Sie hatte zwei Entscheidungen getroffen: Sie wollte mit Sofia sprechen, und sie wollte überraschend im Bischofssitz bei Pater Yves auftauchen. Ersteres war ihr nicht gelungen: Sie hatte es den ganzen Vormittag und auch am Nachmittag versucht, aber im Alexandra hatte man ihr gesagt, Sofia habe das Hotel schon sehr früh verlassen. Sie hatte ihr mehrere Nachrichten hinterlassen, Sofia hatte aber nicht zurückgerufen. Pater Yves dagegen würde sie am nächsten Tag aufsuchen.
Elisabeth hatte Recht: Sie war ganz dicht dran, auch wenn sie nicht wusste, woran.
Bakkalbasis Männern gelang es, der Überwachung durch die Carabinieri zu entkommen. Einer von ihnen blieb beim Eingang der Herberge der Barmherzigen Schwestern, die anderen zerstreuten sich in verschiedene Himmelsrichtungen. Als sie am Friedhof ankamen, war es schon dunkel. Der Wächter erwartete sie nervös.
»Beeilt euch, ich muss weg. Ich werde euch einen Schlüssel für das Tor geben, falls ihr noch einmal so spät kommt.«
Er begleitete sie bis zu dem Mausoleum, dessen Eingang von einem Engel mit einem Schwert in der Hand bewacht wurde. Die vier Männer traten im Schein der Laterne ein und verschwanden in den Eingeweiden der Erde.
Ismet erwartete sie bereits in dem unterirdischen Zimmer. Er hatte ihnen Wasser zum Waschen und etwas zu essen mitgebracht. Sie waren hungrig und erschöpft und wollten nur noch schlafen.
»Wo ist Mehmet?«
»Er ist in der Nähe von Mendibj, falls er noch mal ausgeht heute Nacht. Addaio hat Recht: Sie wollen, dass Mendibj sie zu uns führt. Da war ein beeindruckendes Polizeiaufgebot«, sagte einer der Männer, der Polizist in Urfa war, genau wie einer seiner Kameraden.
»Hat man euch entdeckt?«, fragte Ismet besorgt.
»Nein, ich glaube nicht. Aber man weiß ja nie, es sind ziemlich viele«, sagte ein anderer.
»Wir müssen vorsichtig sein. Wenn ihr glaubt, dass ihr verfolgt werdet, dürft ihr nicht herkommen«, sagte Ismet.
»Das wissen wir, mach dir keine Gedanken. Bis hierher sind sie uns nicht gefolgt.«
Um sechs Uhr morgens hatte sich Marco bereits wieder in der Nähe der Herberge postiert. Er hatte Anweisung gegeben, das Team der Carabinieri zu verstärken und die beiden Typen zu verfolgen, die hinter dem Stummen her waren.
»Sorgt dafür, dass sie euch nicht bemerken. Und ich will sie lebend. Wenn sie den Stummen verfolgen, dann kommen sie von der Organisation, die wir suchen. Deshalb müssen wir sie auch irgendwann verhaften. Aber wir müssen uns noch ein wenig zurückhalten.«
Die anderen hatten ihm zugestimmt. Und Pietro wollte weiterarbeiten, obwohl er die ganze Nacht auf den Beinen gewesen war.
»Es geht noch. Wenn ich nicht mehr kann, sage ich dir Bescheid und lege mich ein wenig hin.«
Sofia hatte Anas nervöse Stimme auf ihrer Mailbox gehört. Im Hotel hatte man ihr gesagt, dass sie schon fünfmal angerufen hatte. Sie hatte Gewissensbisse, weil sie nicht zurückgerufen hatte, aber das war nicht der Augenblick, um sich mit den Hirngespinsten einer Journalistin zu beschäftigen. Sie würde sie anrufen, wenn sie den Fall abgeschlossen hatten. Bis dahin würde sie all ihre Energie darauf verwenden, Marcos Befehle zu befolgen. Sie wollte gerade wieder zurück zum Hauptquartier der Carabinieri, als ein Hotelboy auf sie zugelaufen kam.
»Dottoressa, Dottoressa Galloni!«
»Ja, was ist?«
»Ein Telefonanruf für Sie. Es ist dringend.«
»Ich kann jetzt nicht, sagen Sie bei der Telefonzentrale, sie sollen es sich notieren, und dann …«
»Die Telefonistin hat gesagt, Signor D’Alaqua will sie ganz dringend sprechend.«
»D’Alaqua?«
»Ja, so heißt der Herr am Telefon.«
Sofia drehte sich um und ging unter Minervas
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