Die stumme Bruderschaft
Sinn, hineinzugehen. Die Journalistin ist in der Nähe.«
»Wie das?«
»Per Zufall. Sie saß gerade auf einer Café-Terrasse. Dort wartete sie auf dich. Wenn sie zu ihm geht, müssen wir handeln«, antwortete Pater Joseph.
»Aber doch nicht dort!«
»Ist doch niemand da.«
»Man weiß nie. Und die Dottoressa?«
»Sobald sie das Hauptquartier verlässt. Es ist alles vorbereitet«, sagte Pater David.
»Manchmal …«
»Manchmal kommen dir Zweifel, uns auch, aber wir sind Soldaten, und wir handeln auf Befehl«, sagte Joseph.
»Aber diese Aktion finde ich vollkommen unnötig.«
»Befehl ist Befehl.«
»Ja, aber das heißt noch lange nicht, dass wir nicht zum Ausdruck bringen dürfen, dass wir anderer Meinung sind, auch wenn wir zuletzt gehorchen. Man hat uns gelehrt, eigenständig zu denken.«
Das Glück schien auf Marcos Seite: Giuseppe teilte ihm über den Sender mit, dass sie die beiden Typen in der Nähe der Kathedrale wieder aufgespürt hatten. Marco machte sich sofort auf den Weg dorthin.
»Wo sind sie jetzt?«, fragte er, als er in der Nähe von Giuseppe war.
»Sie sitzen dort auf der Terrasse.«
»Achtung, an alle, macht euch unsichtbar. Pietro, komm hierher, der Rest umstellt den Platz, aber immer schön Abstand halten. Diese beiden Vögel sind sehr schlau und haben uns schon einmal bewiesen, wie schnell sie davonfliegen können.«
Eine halbe Stunde später flogen sie tatsächlich davon. Sie hatten gemerkt, dass ihnen die Polizei erneut auf den Fersen war. Sie waren der Polizei aufgefallen, allerdings nicht ihre übrigen Kameraden. So stand der eine von den beiden auf, schlenderte über den Platz, und stieg plötzlich in einen Bus, der in dem Moment vorbeikam. Der andere ging in die entgegengesetzte Richtung und fing unversehens an zu rennen. Es gab keine Möglichkeit, ihm zu folgen, ohne dass er es merkte.
»Jetzt haben wir sie schon wieder verloren!«, schrie Marco seine unsichtbaren Gesprächspartner an.
»Nicht so laut«, sagte Giuseppe von der anderen Seite des Platzes aus. »Die Leute schauen dich an und denken, du bist verrückt und führst Selbstgespräche.«
»Ich bin überhaupt nicht laut!«, brüllte Marco weiter. »Was für eine Scheiße – wie die letzten Idioten! Der Stumme ist uns entkommen und jetzt diese beiden Kerle. Wenn sie wieder auftauchen, verhaften wir sie sofort, wir dürfen sie nicht noch einmal entwischen lassen. Sie gehören zu der Organisation hinter der wir her sind, und ganz offensichtlich können sie sprechen, sie sind nicht stumm, und sie werden singen, so wahr ich Marco Valoni heiße.«
Zwei andere Männer aus Urfa warteten, dass Mendibj herauskam. Sie wussten, dass Carabinieri auf dem Platz waren, aber sie mussten das Risiko eingehen. Ihre Kameraden waren verduftet, als sie merkten, dass man sie entdeckt hatte. Jetzt mussten sie die Aufgabe übernehmen. Sie wussten ziemlich genau, wie viele Polizisten auf dem Platz waren. Aber da waren ja noch die anderen, von denen sie nichts wussten, und die viel besser vorbereitet waren.
Es wurde Abend und Ana beschloss, noch einmal ihr Glück bei Pater Yves zu versuchen. Sie klingelte bei den Büros, aber niemand öffnete. Dann stieß sie die Tür auf und ging hinein. Es war niemand mehr da, der Hausmeister hatte nur noch nicht zugeschlossen. Als sie sich Pater Yves’ Büro näherte, hörte sie Stimmen.
Sie kannte die Stimme des Mannes nicht, der gerade sprach, aber was er sagte, veranlasste sie dazu, sich keinesfalls bemerkbar zu machen.
»Also, sie sind auf dem Weg durch den unterirdischen Gang. Sie haben sie abgehängt. Und die anderen? Lass uns dorthin gehen. Bestimmt wird er versuchen, dorthin zu fliehen, das ist der sicherste Ort.«
Pater Joseph klappte sein Handy zu.
»Gut, die Carabinieri wissen nicht, wo sie stecken. Sie haben zwei von Addaios Männern aus den Augen verloren, und Mendibj ist immer noch in dem Hauseingang. Es sind zu viele Leute da. Ich vermute, er wird jeden Moment herauskommen. Das ist kein sicheres Versteck.«
»Wo ist Marco Valoni?«, fragte Pater David.
»Er soll ziemlich sauer sein, weil ihm die Operation entgleitet«, sagte Pater Joseph.
»Er ist näher an der Wahrheit, als er glaubt«, sagte Pater Yves.
»Nein, ist er nicht«, sagte David. »Er weiß nichts, er hatte nur die gute Idee, Mendibj als Lockvogel einzusetzen, weil er davon ausgeht, dass er zu einer Organisation gehört. Aber er weiß nichts von der Gemeinschaft und von uns schon gar nicht.«
»Täusch dich
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