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Die stumme Bruderschaft

Die stumme Bruderschaft

Titel: Die stumme Bruderschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Navarro
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verführerisch darin aus, hatten ihr Marco und Giuseppe versichert.
    Die Jacke hatte einen tiefen Ausschnitt, und der Bürgermeister konnte seinen Blick nicht davon abwenden.
    Marco hatte sich gewundert, dass D’Alaqua nicht persönlich gekommen war, um sie abzuholen, sondern stattdessen einen Wagen geschickt hatte. Sofia verstand, was ihr D’Alaqua damit sagen wollte: Er hatte kein persönliches Interesse an ihr, sie war nur ein weiterer Gast.
    Dieser Mann baute eine Barriere zwischen ihnen auf, subtil zwar, aber eindeutig.
    In der Pause gingen sie in den privaten Salon von D’Alaqua und dort wurden ihnen Champagner und Kanapees kredenzt, von denen Sofia keines nahm, damit der Lippenstift nicht verschmierte.
    »Gefällt Ihnen die Oper, Dottoressa?«
    Der Kardinal musterte sie, während er die Frage stellte.
    »Ja, Hochwürden. Pavarotti ist in Topform heute Abend.«
    »In der Tat, auch wenn La Bohème nicht seine beste Oper ist.«
    Guido Bonomi kam in den Salon und begrüßte flüchtig die Anwesenden.
    »Sofia, Sie sehen toll aus! Ihre Schönheit überrascht mich immer wieder, auch wenn ich Sie erst am Tag zuvor gesehen habe. Das ging mir schon so, als sie noch meine Studentin waren. Da gibt es eine ganze Reihe ungeduldiger Verehrer, die sie kennen lernen wollen. Und ein paar eifersüchtige Ehefrauen – die Operngläser ihrer Männer waren die meiste Zeit mehr auf Sie gerichtet als auf Pavarotti. Sie gehören zu diesen Frauen, die andere nervös machen.«
    Sofia wurde rot. Bonomis Schmeicheleien erschienen ihr fehl am Platz. Er behandelte sie frivol, und das ärgerte sie. Sie sah ihn wütend an, und Bonomi verstand die Botschaft ihrer grünen Augen.
    »Schön, ich erwarte Sie zum Essen. Hochwürden, Dottoressa, Bürgermeister …«
    D’Alaqua hatte Sofias Verärgerung bemerkt und kam auf sie zu.
    »Guido ist so, er war immer schon so. Ein hervorragender Mann, eine Koryphäe, was das Mittelalter angeht, aber mit einer, sagen wir, etwas überschwänglichen Art. Seien Sie nicht böse.«
    »Ich bin nicht böse auf ihn, sondern auf mich. Ich frage mich, was ich hier zu suchen habe, das ist nicht mein Platz. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich nach der Aufführung gern ins Hotel zurückfahren.«
    »Nein, gehen Sie nicht. Bleiben Sie, verzeihen Sie Ihrem ehemaligen Professor, dass er nicht die richtigen Worte findet, um seine Bewunderung zu zeigen.«
    »Bedaure, aber ich würde lieber gehen. Es macht keinen Sinn zu einem Abendessen bei Bonomi zu gehen. Ich war seine Schülerin, nichts weiter. Ich hätte mich auch nicht von Bonomi dazu hinreißen lassen sollen, in die Oper zu kommen, einen Platz in Ihrer Loge einzunehmen, unter Ihren Gästen, Ihren Freunden, kurzum mich aufzudrängen. Ich bin hier fehl am Platz, und ich bedaure, Ihnen so viele Umstände gemacht zu haben.«
    »Ich versichere Ihnen, Sie haben mir keine Umstände gemacht.«
    Die Glocke kündigte den Beginn des zweiten Teiles an, und sie gingen in die Loge zurück.
    Sofia bemerkte, dass D’Alaqua sie diskret beobachtete. Am liebsten wäre sie davongelaufen, aber das würde sie nicht tun, sie wollte sich nicht wie ein kleines Mädchen benehmen. Sie würde bis zum Ende durchhalten, sich verabschieden und D’Alaqua nie mehr über den Weg laufen. Dieser Mann hatte nichts mit dem Grabtuch zu tun, und sosehr Marco diesen mächtigen Männern auch misstraute, sie glaubte nicht, dass sie hinter den Vorfällen steckten, das war albern, und das würde sie Marco auch sagen.
    Als die Aufführung beendet war, gab es stehende Ovationen für Pavarotti. Sofia nutzte den Moment, um sich von D’Alaquas Gästen zu verabschieden. Zuletzt vom Kardinal.
    »Gute Nacht, Hochwürden.«
    »Sie gehen schon?«
    »Ja.«
    Visier schaute überrascht zu D’Alaqua. Dieser unterhielt sich mit Bolard über das Stimmregister der Sopranistin und die Perfektion der Arien von Pavarotti.
    »Dottoressa, ich hätte Sie gern bei dem Essen dabei«, sagte der Kardinal.
    »Hochwürden, Sie werden besser als jeder andere mein Unbehagen verstehen. Ich möchte gehen. Ich will niemandem zur Last fallen.«
    »Nun ja, wenn ich Sie nicht überzeugen kann … Ich hoffe, ich sehe Sie wieder. Ihre Bewertung der modernen archäologischen Methoden fand ich sehr aufschlussreich. Ich habe selbst Archäologie studiert, bevor ich mich ganz der Kirche widmete.«
    D’Alaqua unterbrach sie.
    »Die Wagen warten …«
    »Die Dottoressa wird uns nicht begleiten«, sagte Visier.
    »Das ist schade. Ich würde mich

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