Die Stunde der Gladiatoren
der Maurer ein Lied singen. Arbeit, die, so die Götter gnädig gestimmt waren, noch Jahre in Anspruch nehmen würde.
»He, Quintus â Schluss mit der Trödelei! Wohl einen über den Durst getrunken, was?«
»Ach, rutsch mir doch den Buckel runter«, murmelte der Rotschopf, nicht gewillt, auf seinen Vorarbeiter zu hören. Eine Verschnaufpause konnte ihm niemand verwehren, der Tag, den er viel lieber im Amphitheater verbracht hätte, würde ohnehin lang genug werden. »Du kannst mich mal, Hängebauchschwein.«
»Was meckerst du da vor dich hin? Beweg deinen Hintern, sonst setzt es was!«
»Jetzt hab dich mal nicht so. Man wird doch mal âne Pause einlegen dürfen, oder?« Ohne Valens, den Vorarbeiter, eines Blickes zu würdigen, lieà Quintus den Ellbogen auf einem Stapel Ziegelsteine ruhen, welche gerade erst aus der Brennerei herbeigekarrt worden waren, und sah sich seelenruhig um. Auf der Ostseite der Baustelle, welche für das Caldarium vorgesehen war, waren die Rundbogenfenster bereits fertig, zehn von insgesamt 22, durch die das Tageslicht in eine gewölbte Halle fluten würde. Platz genug, dachte Quintus, für Heerscharen von Badenden, und er malte sich aus, wie es sich anfühlen würde, wenn man in die halbkreisförmigen Becken stieg. Die Architekten, so schien es, hatten an alles gedacht, den Gästen, wozu vielleicht auch er gehören würde, würde es an nichts fehlen. Das Frigidarium allein, hieà es, würde fast so groà wie die Palastaula des Kaisers werden, was Quintus, von eher schlichtem Gemüt, sich kaum vorstellen konnte. Groà genug, dem Vernehmen nach 20 FuÃ, waren auch die Fundamente, imposanter als alles, was Treveris diesbezüglich aufzuweisen hatte. Vom Caldarium, in dem mehrere Häuser Platz finden würden, gar nicht zu reden.
»He, Rotschopf â bist du taub, oder was?«
Nein, taub war er gewiss nicht. Nur eben ein bisschen verkatert. Wie so häufig hatte er gestern einen über den Durst getrunken, was Wunder bei der Plackerei, die er tagtäglich auf sich nahm. Quintus schnitt eine übelÂlaunige Grimasse. Mit das Schlimmste, was er je miterlebt hatte, war das Aufschütten der Rampe gewesen, die von der StraÃe hinunter ins Kellergeschoss führte. Nach deren Fertigstellung hatte ein Gespann das nächste abgelöst, manche mit Zugochsen, andere wiederum mit Pferden, welche tonnenweise Baumaterial herbeikarrten. Beim Priapus!, dachte Quintus, an Arbeit herrscht hier wahrlich kein Mangel. Da galt es, Mauerziegel aufzustapeln, Kalk zu löschen, Flusskies abzuladen oder Mörtel anzurühren und ihn per Flaschenzug auf die Gerüste zu befördern. Da musste angepackt werden, sonst setzte es Hiebe, oder, weitaus schlimmer, man war seine Arbeit los. Kein Ort, an dem nicht mit Hochdruck gearbeitet, kein Winkel, aus dem nicht das Geräusch einer Säge, das Dröhnen eines Vorschlaghammers, das Wiehern der Pferde, die Flüche der Arbeiter, Handwerker und Kärrner, das Gebrüll der Fuhrknechte oder die Anweisungen der Aufseher und der über alles und jeden erhabenen Architekten drangen. Wahrhaftig, um Zeuge einer derartigen Betriebsamkeit zu werden, musste man schon weit gehen, wenn nicht gar bis nach Rom, wohin angeblich sämtliche Wege führten.
Einstweilen, dämmerte es Quintus, gab es hier jedoch genug zu tun. Das Organ seines Vorarbeiters, welches sich der Schmerzgrenze näherte, war Beweis genug. »Hab ich nicht gesagt«, posaunte Valens, dem Maurer mittlerweile bedrohlich nahe, zwischen gelblich schimmernden Zahnreihen hervor, »hab ich dir Sohn einer Zwei-Sesterzen-Dirne nicht gesagt, du sollst deinen fetten Hintern in Bewegung setzen und wieder an die Arbeit gehen?«
»Schon möglich.« Das war zu viel, entschieden zu viel. Quintus stieg die Zornesröte ins Gesicht. Wenn es um die Ehre ging, verstand der Maurer, Sohn eines leichtlebigen Schankmädchens, keinen SpaÃ. Wie jedermann bekannt war, hatte seine Mutter nämlich stets einen ordentlichen Preis verlangt. Ein Denar, hatte ihr Wahlspruch gelautet, oder du kannst dir eine andere Matratze suchen. »Spiel dich bloà nicht so auf, du â¦!«
In diesem Moment, den Geruch von Knoblauch in der Nase, welcher aus dem Schlund des verhassten Antreibers drang, wurde Quintus erst so richtig schlecht. Die ganze Zeit über hatte er das Brodeln in seinem Magen
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