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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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ein paar Solidi machen die alles.«
    Â»Du übertreibst, Pertinax.«
    Â»So wahr ich hier stehe, Herr: Alles, was man tun muss, ist, sich mit dem Lanista gut zu stellen.«
    Â»Will heißen: einen bestimmten Obolus zu entrichten.«
    Â»Genau. Alles Übrige erledigt sich von selbst.«
    Â»Und was kostet die Nacht mit einem Gladiator?«
    Der Goldschmied scharrte verlegen mit dem Fuß. »Auf die Gefahr, dich zu enttäuschen, Herr: Das weiß ich nicht.« Peinlich berührt, wich Pertinax dem Blick des Advocatus aus. »Ich weiß nur, dass es Gladiatoren gibt, die alles daransetzen, in die Dienste der Göttin Venus zu treten.«
    Â»Ich muss schon sagen, Pertinax: An dir ist ein Poet verloren gegangen.« Varro konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. »Und Niger? Was ist mit ihm?«
    Â»Ob er aus dem gleichen Holz geschnitzt ist, meinst du?« Der Ligurer senkte den Blick und ließ ihn zwischen den Sandalenspitzen hin und her wandern. »Ehrlich gesagt – das weiß ich auch nicht.«
    Â»Zu dumm, Pertinax – das hätte mich wirklich interessiert.«
    Â»Und warum? Er ist doch nur ein Gladiator.«
    Â»Nur ein Gladiator?«, fragte Varro und sah sein Gegenüber stirnrunzelnd an, »was willst du damit sagen?«
    Â»N-n-n-nichts, Herr!«, beteuerte der Goldschmied und hob abwehrend die Hände. »War nur so dahergesagt. So gut kenne ich mich bei dem Thema auch nicht aus.«
    Â»Schade, Pertinax«, sprach Varro, ließ die Hand zwischen den Falten seiner Toga verschwinden und mühte sich, nach außen hin gelassen zu wirken. »Wirklich schade. Ich hätte mir die Sache nämlich etwas kosten … Was ist denn, Dromas – du siehst doch, dass wir etwas zu besprechen haben!«
    Â»Ich g-g-g-glaube, er möchte, dass du ihm den Stock aus dem Maul nimmst, Herr«, stieß Pertinax, der beim Anblick des Ungetüms zurückwich, mit schreckgeweitetem Blick hervor und verschwand hinter dem Ladentisch. »Mit Hunden habe ich nämlich so meine Erfahrungen gemacht. Da kenne ich mich bestens aus!«
    Â»Fast so gut wie mit Gladiatoren, stimmt’s?«, versetzte Varro und warf ihm einen Blick zu, der zeigte, wie wenig er ihm über den Weg traute. »Aber Spaß beiseite. Lass dich nicht von der Arbeit abhalten, Pertinax. Ich muss jetzt ohnehin los, die Thermen warten.« Ein Lächeln im Gesicht, aus dem der Goldschmied nicht schlau wurde, ergriff der Anwalt den Stock, tätschelte seinem Hund den Kopf und richtete sich zu voller Größe auf. »Na schön, weil du’s bist, alter Vielfraß«, murmelte er und schlug den Weg nach Osten ein, wo die Straße in den Cardo mündete. »Und lass mir Pertinax in Ruhe, hörst du?«

    *

    J e ferner von zu Hause, desto weniger trauerte Varro der entgangenen Muße nach und desto mehr geriet er in den Strom der Passanten, welcher ihn auf seinem Weg zum Forum mit sich riss. Auf dem Cardo, wo die Wagenräder tiefe Spuren hinterlassen hatten, wimmelte es nur so von Menschen, die meisten auf dem Weg zum Markt, um ihren Geschäften nachzugehen. Der Anwalt atmete befreit auf. Treveris war eben Treveris, hier war er zu Hause, aufgewachsen und nach seiner Militärzeit Ratsherr geworden. Die meisten Erinnerungen, vor allem jene an seine Jugend, verbanden sich mit diesem Ort, und es überstieg seine Vorstellung, woanders zu leben. Rom, Athen, Mediolanum, Alexandria – klangvolle Namen, gewiss, Orte, deren Monumente er bestaunt hatte und deren Namen auch noch nach Jahrhunderten in aller Munde sein würden. All das jedoch, all die Wunder, die es dort zu bestaunen gab, waren nichts im Vergleich zu seiner Heimatstadt, mochten die Metropolen des Imperiums auch noch so glanzvoll sein. Für Varro, den eingefleischten Treverer, zählte dies nicht. Wichtig war allein, dass er sich hier wohlfühlte, dass er Wurzeln geschlagen, Freundschaften geschlossen und es geschafft hatte, sich eine Existenz aufzubauen. Hier war er bekannt und angesehen, das bekam Varro auch jetzt, da er den Cardo entlangspazierte, zu spüren. Die Blicke der Passanten, unter ihnen Bettler, fliegende Händler und Backwarenverkäufer, folgten ihm auf Schritt und Tritt, wohin er sich auch wandte, fiel der hochgewachsene Advokat auf. Die Betreiber der Imbissstuben offerierten ihm Garum, Obsthändler ihre besten Früchte, Schuhmacher teure Sandalen. Magistrate, die

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