Die Stunde der Gladiatoren
Marktbasilika flankierten. Varros Neugier wuchs, und er fragte sich, was es mit der Geheimniskrämerei auf sich hatte. »So, hier können wir ungestört reden.«
»Machs nicht so spannend, was ist los?«
»Bei den Brüsten der Aphrodite«, amüsierte sich der Bettler, kaum fähig, seine Häme zu unterdrücken, »wenn du das hörst, wird es dich vom Stuhl hauen.«
»Da bin ich aber gespannt.«
»Zu Recht, Herr. Trotzdem muss die Sache auf jeden Fall unter uns â¦Â«
»Was soll unter uns bleiben, Teiresias?«, bohrte Varro und vergewisserte sich, dass niemand in der Nähe war. »Jetzt komm schon, ich bin es leid, dir die Würmer einzeln aus der Nase zu ziehen!«
»Und du versprichst mir, nichts über unser Gespräch verlauten zu lassen?«
»Lass mich raten, Teiresias: Es geht um Impudicus.«
»Meine Hochachtung, Herr, in puncto Scharfsinn ist dir niemand gewachsen.«
»Und dir niemand in puncto Dreistigkeit!«, gab Varro zurück und hatte Mühe, den Schein der Abgeklärtheit zu wahren. »Oder in Sachen Wagemut, je nachdem. Du weiÃt doch â wer sich mit meinem Ratskollegen anlegt, hat nichts zu lachen.«
»Sagst du!« Ein Lächeln im Gesicht, das ebenso höhnisch wie boshaft war, biss Varros Informant auf den Solidus, griente vor sich hin und lieà die Münze in seiner Gürteltasche verschwinden. »Mich dagegen freut es, wenn unser Ordnungshüter, der für Leute wie mich nichts übrig hat, kopfüber in der Kloake landet.«
»Na, na, na â mehr Respekt, wenn ich bitten darf!«
»Respekt? Vor dem? Das meinst du doch nicht im Ernst, oder?« Teiresias schnappte nach Luft. »Korrupt, verlogen, hinterhältig, boshaft, geil wie ein Ziegenbock â einen Halunken wie den gibtâs nicht zweimal!«
»Und wenn schon, was kümmertâs dich?«
»Was mich das angeht, meinst du?« Ohne viele Worte zu machen, drehte sich der Bettler um und entblöÃte seinen Rücken, der von Striemen übersät war. »WeiÃt du jetzt, warum ich dem Kerl die Lepra an den Hals wünsche? Und dabei hatte ich ihm nichts getan! Na schön, ich hab gebettelt â aber das tun andere auch.« Teiresias bedeckte sich und wandte sich wieder seinem Gesprächspartner zu. »Willkür, Herr, reine Willkür â und so was sitzt auch noch im Rat.«
»Zu deiner Information, Teiresias: Da sitze ich auch.« Nicht in der Stimmung für Diskussionen, trat Varro an den Bettler heran, senkte die Stimme und sagte: »Zur Sache â was hat der Schwerenöter verbrochen?«
»Schwerenöter ist gut!«, keifte Teiresias, um kurz darauf in Schadenfreude zu verfallen. »Was er verbrochen hat, willst du wissen? Ganz einfach: Er hat es mit einem Stallburschen getrieben.«
Varro zog die Braue hoch und schwieg.
Sein Gegenüber indes erging sich in Häme. »Ein Stallbursche â man stelle sich das vor! Wer weiÃ, vielleicht fällt er demnächst über eine Ziege her.«
»Und woher weiÃt du das?«
»Von einem Gefährten â Bettler wie ich. Hat, wie schon zuvor, in besagtem Stall übernachtet. Und sich vor Angst beinahe in den Lendenschurz geschissen.«
»Kann ich mir vorstellen. Und dann?«
»Dann hat er mir davon erzählt.«
»Hat dein Gefährte auch einen Namen, Teiresias?«, fragte der Advokat, dem Flavius Sabinus, genannt âºDer Lüstlingâ¹, seit geraumer Zeit ein Dorn im Auge war. So wie ihm ging es auch anderen Ratsherren, doch fehlten, wie in ähnlichen Fällen, die Beweise, um ihn aus dem Amt zu katapultieren. Impudicus war korrupt bis ins Mark, aber immerhin so geschickt, dass man ihm nichts nachweisen konnte. Und auÃerdem unterhielt er beste Beziehungen zum Statthalter, wodurch eine Anklage, so sie überhaupt zustande käme, von vornherein zum Scheitern verurteilt sein würde. »Wer weiÃ, wozu seine Aussage gut sein würde.«
»Bei allem Respekt, Herr: Ich weià etwas Besseres.«
»Und das wäre?«
Der Bettler grinste breit. »Warum flüsterst du es nicht einfach seiner Frau? Dann wären wir den Herrn Stadtpräfekten los.«
Varro blieb eine Antwort schuldig. Für schlüpfrige Geschichten, selbst wenn man sie ausschlachten konnte, hatte er nicht viel übrig. Das galt nicht nur für den Anwalt, um dessen Gunst
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