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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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angefangen bei Söldnern aus Britannien, rothaarig, bärtig und mit heller Haut, welche die Schaulustigen um Haupteslänge überragten, über jene aus den Wäldern rechts des Rheins, muskulös, hünenhaft und mit Knoten im blonden Haar, bis hin zu den Bogenschützen, von denen ein Großteil aus dem Orient und hier wiederum aus Syrien stammte. So vielfältig ihre Herkunft, so zahlreich waren auch die Feldzeichen, welche die Standartenträger präsentierten. Schlange und Wolf, Adler, Löwe und Stier, Sonne, Mond, Sterne und Siegeskränze, auch hier kein Emblem, das nicht vertreten, keine Trophäe, die der zu Tausenden zählenden Menge nicht präsentiert wurde.
    Spektakel dieser Art standen hoch im Kurs, und der Imperator gab, wonach das Volk verlangte. Do, ut des!, lautete das Motto, und obwohl das Gerücht umging, der Kaiser leide an einem Fieber, war er dennoch allgegenwärtig. Schautafeln auf Tragestangen, von jeweils vier Legionären getragen, kündeten von seinen Taten, rühmten seine Mildtätigkeit, priesen seine Tugenden. Breiten Raum nahm dabei die Schlacht bei Saxa Rubra ein, eine wichtige, wenn nicht gar die wichtigste Tat, welche Konstantin in den vergangenen sieben Jahren vollbracht hatte. Zwischen ihm, dem Sohn einer Stallmagd, und der Alleinherrschaft stand jetzt nur noch sein Rivale Licinius, und jeder rechnete damit, dass die Tage, in denen jener über die Osthälfte des Imperiums herrschte, gezählt waren.
    Doch war dies nicht die Stunde, um düstere Gedanken zu hegen. Dies war ein Festtag – und ein höchst denkwürdiger dazu. Wagen mit Beutewaffen durften da natürlich nicht fehlen, gefolgt von Feinden, die den Römern in die Hände gefallen waren. Die Schaulustigen sahen es mit Genugtuung, übergossen die Gefangenen, welche einer unsicheren Zukunft entgegengingen, mit ätzendem Hohn. Nicht genug damit, machten Spottlieder die Runde, Beleidigungen, Fußtritte und Hiebe inbegriffen. Hie und da flogen sogar Abfälle durch die Luft, von Gesten, die unter gesitteten Menschen verpönt waren, nicht zu reden.
    Wenig Aufmerksamkeit und noch weniger Applaus wurden dagegen den Magistraten zuteil, im Volk, das die Prachtstraße säumte, nicht sonderlich beliebt. Aus Anlass des Regierungsjubiläums durfte eine Abordnung des römischen Senats nicht fehlen, gefolgt von Günstlingen, deren Rangordnung genau festgelegt war. Zuerst kamen die ›Clarissimi‹, zu denen unter anderem die Provinzstatthalter und Senatoren gehörten. Dann die ›Spectabiles‹ und nach ihnen wiederum die ›Illustres‹, also die Konsuln, Patrizier, hohe Militärs und obersten Hofbeamten. Erst danach und in gebührendem Abstand folgte eine Abordnung der Stadt Treveris, argwöhnisch beäugt von den Schaulustigen, welche nicht jedem der Ratsmitglieder mit Sympathie begegneten. Das Gleiche galt für die Priesterschaft, der die Opfertiere, unter ihnen ein weißer Stier, auf dem Fuße folgten.
    Doch dann, geraume Zeit später, brandete erneut Jubel auf, untermalt vom Schmettern der Fanfaren, dem Wirbel der Trommeln und den Lobpreisungen der Claqueure, die sich auf Geheiß des Prätorianerpräfekten unters Volk gemischt hatten. Der Triumphwagen des Kaisers nahte, auch er beladen mit Beutegut, Bergen von Schmuck, kostbaren Vasen, schimmernden Rüstungen und fremdartigen Feldzeichen. Mittelpunkt des Gepränges war das Bildnis des Kaisers, überlebensgroß und mit einem Rahmen aus purem Gold. Im Vergleich dazu nahm sich dasjenige der Kaiserin fast schon kümmerlich aus, und es gab nicht wenige, die sich ihren Teil dachten.
    Darüber zu reden, ziemte sich freilich nicht. Außerdem war es viel zu gefährlich, konnte man doch nie sicher sein, dass kein Spitzel in der Nähe war. Besser, nicht unangenehm aufzufallen, und noch besser, nicht laut über das Kaiserhaus nachzudenken. So lautete das Gebot der Stunde.
    Kein Wunder also, dass nicht alle Treverer in Feierlaune waren. War es doch ungewöhnlich, ja geradezu alarmierend, dass der Kaiser dem Spektakel ferngeblieben war. Und das ausgerechnet an einem solchen Tag. Was, fragten sich nicht nur Skeptiker, war eigentlich passiert? Weshalb nahm der Imperator nicht an den Festlichkeiten teil? Wozu die vielen Aufpasser, die sich unters Volk gemischt hatten? Und wozu die waffenstarrende Phalanx, die vor dem Palastareal in Stellung gegangen war?
    Fragen

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