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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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öffnete sich weit zu einem Schrei. Ich roch etwas - krank und verfault, es kam von ihr, wurde immer stärker, bis es ihre normalen menschlich-wölfischen Gerüche überdeckte. Die Wunden rochen nicht einfach nur nach Blut. Dort sickerte auch Krankheit heraus, etwas Saures, Brennendes, das geradezu penetrant wurde.
    Ich trat näher.
    Meg merkte es nicht. All ihre Muskeln kontrahierten sich, zwangen ihren Körper in eine zitternde Embryostellung. Die Wunden, die von Blutspritzern umgeben waren, hatten sich schwarz verfärbt. Die Adern in ihrem Hals waren schwarz und zeigten die Bahn des Giftes auf, das von ihrem Blutstrom von den Wunden fortgetragen wurde. Im nächsten Moment führten die versengenden Spuren der Silbervergiftung an beiden Armen hinunter, in ihr Gesicht. Unter ihre Kleidung. Bald schon würden sie ihren ganzen Körper zeichnen.
    Sie hörte zu zittern auf. Ihre Augen und ihr Mund waren offen erstarrt, und ihre Finger verharrten in Klauenform. Jetzt waren es nur noch Finger, harmlos und blutüberströmt.

    »O mein Gott«, hauchte Carl. Ich wandte mich ihm zu, und er kroch hastig von mir fort. Hatte Angst vor mir. Dabei hatte ich noch nicht einmal die Pistole auf ihn gerichtet.
    Oh, dieser Moment war längst überfällig gewesen.
    Ich trat auf Carl zu, hob die Waffe und zielte. Dabei zwang ich mich, langsam zu gehen, Ruhe an den Tag zu legen, Macht, obwohl ich mich am liebsten neben Ben auf den Boden geworfen hätte. Oder die Wölfin herausgelassen und Carl in Stücke gerissen hätte. Ich konnte sein Blut beinahe auf meiner Zunge spüren.
    Ben bewegte sich, machte Anstalten sich aufzusetzen - lebte. Er lebte. Er spannte die Kiefermuskeln an, biss die Zähne zusammen, saß vornübergebeugt in der gequälten Haltung da, die bedeutete, dass er gegen seinen inneren Wolf ankämpfte und versuchte, sich nicht zu verwandeln. All der Schmerz und die Wut riefen seinen Wolf herbei, und er rang das Gefühl nieder. Ich konnte noch nicht zu ihm, um ihm beizustehen.
    Mittlerweile war Carl aufgestanden und wich immer noch vor mir zurück.
    »Kitty«, sagte er. Seine Stimme klang ganz anders, als ich sie je gehört hatte. Angespannter. Höher. Verängstigt. Beinahe panisch. »Nicht … tu’s nicht. Ich weiß, dass du es nicht tun willst. Kitty.«
    Hinter ihm bewegte sich etwas im Gestrüpp, an der Baumgrenze am Fuß der Hügel. Ein Wolf, der aus der Wildnis kam, trabte auf uns zu. Dann noch einer. Sie waren riesig - zu groß für wilde Wölfe. Es waren Wölfe, die die Masse ihrer menschlichen Hälfte erhielten -
vielleicht siebzig, neunzig Kilo. Groß, aber dennoch geschmeidig, liefen sie gewandt und zielstrebig auf uns zu.
    Hinter ihnen kam ein Mensch; eine Frau, nackt, die ihre Muskeln, ihre Arme und Hände auf vertraute Art und Weise anspannte. Sie stand im Begriff sich zu verwandeln.
    Ich holte tief Luft, versuchte eine nicht vorhandene Brise zu wittern und fing die Gerüche auf, die die Morgenluft mit sich brachte. Das Rudel. Dieser Ort roch immer nach dem Rudel - hier versammelten sie sich, hier waren sie zu Hause. Doch dieser Geruch war lebendig, kein passiver Duft, der einem Ort anhaftete. Das Rudel war hier, und zwar in diesem Augenblick.
    Ich sah mich um. Von allen Seiten kamen Leute auf uns zu. Ich zählte vier, dann sechs, dann neun und mehr. Shaun war auch dabei, er kam von der Straße. Er nickte mir zu. Sie waren gar nicht alle tot. Sie hatten uns gefunden.
    Da bemerkte Carl sie ebenfalls. Einen kurzen Moment lang, den Bruchteil einer Sekunde, lächelte er, beinahe entspannt - er dachte, er sei gerettet, dass sein Rudel ihn retten würde.
    Doch es waren nicht mehr seine Wölfe, und sie bewegten sich alle auf ihn zu. In ihren wütenden Blicken lag Groll. Für die Misshandlungen, die er ihnen hatte angedeihen lassen, für diejenigen, die er umgebracht hatte, wollten sie Blut.
    Auf Carls Gesicht zeichnete sich Panik ab.
    Er hob die Hände zu einer flehenden Geste. »Kitty, nein,
nein, bitte! Ich verschwinde. Ich gehe aus Denver fort. Ich werde nicht zurückkommen. Es wird dir gehören, alles wird deins sein.«
    »Das ist es bereits«, sagte ich.
    Sein Gesicht wurde schlaff, als hätten die Muskeln ihm ihren Dienst versagt. Auf zwei und vier Beinen näherten sich die Wölfe.
    »Bitte lass mich gehen, Kitty.« Er klang wie ein kleiner Junge. »Ich werde dich nie wieder belästigen.«
    Mein Mund war trocken. Doch ich musste die Sache durchziehen. Ich konnte mich nicht abwenden. »Du wirst Denver verlassen und

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