Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman
deprimierend enden lassen. Ben und mir lag vor allem daran, dass Cormac hier unversehrt herauskam, oder zumindest nicht beschädigter als bei seiner Ankunft.
»Kaum zu glauben, aber ein paar Typen hier hören sich deine Sendung an!«, sagte Cormac.
»Wirklich? Das ist irgendwie eigenartig.«
»Ich habe ihnen erzählt, dass du persönlich gar nicht so fies bist. Ich ruiniere deinen Ruf.«
»Prima«, sagte ich grinsend. »Danke.« Ben wandte sich leise lachend ab.
»Ihr beiden seht gut aus.« Cormac lehnte sich zurück. »Ihr seht zusammen gut aus.« Sein Lächeln wirkte nun beinahe zufrieden. Beruhigt.
Er hatte uns beiden gesagt, wir sollten auf den anderen achten. Als traute er keinem von uns zu, dass wir selbst auf uns aufpassen könnten; aber gemeinsam würden wir es schaffen. Wahrscheinlich hatte er Recht. Ben und ich hatten uns unser Zweierrudel zusammengeschustert, und es ging uns ganz gut. Doch es fühlte sich immer noch an, als fehlte uns etwas. Er saß uns gegenüber, auf der
anderen Seite der Scheibe. Und wir alle taten so, als sei alles in Ordnung.
Ansonsten würde die ganze Fassade zerbröckeln.
Ein Wärter baute sich hinter Cormac auf. Die Zeit war vorüber.
»Wir sehen uns dann nächste Woche«, sagte Ben.
Cormac sagte, hauptsächlich zu mir: »Danke fürs Kommen. Hier drinnen sind alle potthässlich. Es ist schön, ab und an ein hübsches Gesicht zu sehen.«
Das brach mir erneut das Herz. Ich musste mehr für ihn tun können, als hier zu sitzen und süß auszusehen, wenn man mich mit meiner blassen Haut, den blonden, zu einem kurzen, zerzausten Pferdeschwanz zurückgebundenen Haaren und tränennassen Augen überhaupt als hübsch bezeichnen konnte. Am liebsten hätte ich die Scheibe berührt, doch das wäre so eine klischeehafte und hoffnungslose Geste gewesen.
Dann hängte er das Telefon ein, stand auf und war verschwunden. Er ging jedes Mal, ohne sich umzudrehen und noch einmal zurückzublicken, und wir blieben jedes Mal sitzen und sahen ihm nach, bis er außer Sicht war.
Ben legte mir eine Hand auf die Schulter und drängte mich fort. Hand in Hand, unter tödlichem Schweigen, gingen wir durch das Gefängnistor und traten in den zu grellen Schein der Sommersonne auf einen brütend heißen Parkplatz hinaus. Still stiegen wir ins Auto - Ben fuhr. Dann kam die Explosion.
Er machte die Tür zu, setzte sich einen Moment lang zurecht und schlug dann mit geballter Faust auf das Lenkrad ein. Dann noch einmal und noch einmal, wobei
er sein gesamtes Körpergewicht einsetzte. Das Auto schaukelte. Ich sah bloß zu.
Kurz darauf sank er keuchend zurück. Er packte das Lenkrad und stützte sich daran ab.
»Ich hasse es. Ich hasse es, dass er da drinnen ist und dass ich nichts tun kann.«
Er gab sich genauso sehr die Schuld wie ich mir. Wenn ich nicht hätte gerettet werden müssen, wenn Ben den richtigen juristischen Kniff gefunden hätte - und Cormac akzeptierte einfach alles, ohne sich zu beklagen. Ben und Cormac waren Cousins. Sie waren zusammen aufgewachsen, hatten aufeinander aufgepasst, und jetzt waren sie hilflos.
Ich berührte Ben am Unterarm und drückte zu, als könnte ich die Anspannung hinausquetschen. Er seufzte.
»Verschwinden wir von hier«, sagte ich.
Freitagabend, Zeit für die Party.
»Guten Abend und willkommen zur Midnight Hour . Ich bin Kitty Norville, eure allzeit fröhliche Gastgeberin. Heute Abend geht es ausschließlich um Vampire, und es gibt nur Anrufe. Ich möchte von euch etwas über diese geheimnisvollen Blutsauger der Nacht hören. Fragen, Probleme, nichts ist verboten. Erzählt mir eine Geschichte, die ich noch nicht kenne. Heutzutage wird es immer schwieriger, mir Angst einzujagen, aber ich möchte, dass ihr es versucht. Oder noch besser - schauen wir mal, ob mir jemand da draußen ein wenig Hoffnung einflößen kann. Der heutige Tag hat war ganz schön hart.«
Ich war so ein Glückspilz. Seit zwei Jahren machte ich
schon die Show, und auf dem Bildschirm leuchteten immer noch etliche Anrufe auf. Meine Zuhörer hatten mit den Fingern auf der Kurzwahltaste gewartet. Eines Tages würde ich um Anrufe bitten, und die Telefone würden stumm bleiben. Dann würde ich mich zweifellos zur Ruhe setzen müssen. Doch so weit war es noch nicht.
»Unser erster Anrufer heute Abend heißt … Maledar … Maledar? Stimmt das?«
»Ja.« Die helle Männerstimme klang unglaublich anmaßend.
»Deine Eltern haben dich tatsächlich Maledar genannt.«
»Nein.« Er wirkte
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