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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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zu entscheiden, dass ich meinen alten Alphas nicht entgegentreten konnte. Er kannte mich nicht, wusste nicht, was mich antrieb. Weder er noch Ben hatte das Recht, diese Entscheidung zu fällen. Sie mir wegzunehmen. Der Schlamassel, den sie auf diese Weise angerichtet hatten, war wahrscheinlich nie wiedergutzumachen. Ich wusste nicht, auf wen von ihnen ich wütender war.
    Später war immer noch reichlich Zeit, stinksauer zu sein.
    »Rick. Wir müssen ihnen hinterher. Jetzt.«
    »Der Morgen graut beinahe schon. Ich kann nicht. Kitty, Ben ist stark, er ist clever. Vielleicht geht es ihm gut …«
    »Aber sicher! Ein Mann gegen die drei? Wenn es sich wahrscheinlich um eine Falle handelt?«
    »Es tut mir leid.« Er klang kleinlaut, überraschend jung.
    »Gib mir deine Schlüssel.« Ich streckte die Hand aus. »Dein Wagen, gib mir auf der Stelle die Schlüssel.«

    »Allein ist es zu gefährlich. Such dir jemanden, der dich begleitet …«
    Ich hatte nur eines im Sinn: Ben zu finden. »Gib mir einfach nur die Schlüssel.«
    Er tat es, zog sie aus seiner Tasche und warf sie mir zu. Sobald ich sie gefangen hatte, machte ich mich auf den Weg zur Tür. Ich hatte immer noch meinen Rucksack, in dem sich alles befand, was ich brauchte.
    »Kitty …«
    Ich drehte mich nicht um.
    Im Korridor stieß ich beinahe mit Charlie und Violet zusammen. Sie trugen reglose Vampire in die Höhle. Darunter befand sich die bewusstlose Stella, deren Gesicht mit Nesselausschlag bedeckt war. Charlie hatte gesagt, Rick wollte nicht, dass Vampire umgebracht würden. Jetzt begriff ich es: Sie hatten Arturo gehört. Rick hatte Arturo in sich aufgenommen, und nun gehörten sie Rick, und Charlie und Violet brachten sie vor dem Morgengrauen unter die Erde. Rick hatte keine seiner möglichen Gefolgsleute vergeuden wollen.
    Im Moment wäre es nicht schwer, ihn als genauso intrigant und egoistisch wie die anderen zu betrachten, bereit, jeden zu opfern.
    »Hey, Kitty, packst du ein bisschen mit an?«, fragte Charlie. Ich ging schnurstracks an ihm vorbei. »Hey!«
    Ich achtete nicht auf ihn. Meine Gedanken galten einzig und allein dem Auto, der Straße, dem Weg zu Megs und Carls Haus, zu dem Dack Ben geführt haben musste. Meinen Ben.
    Draußen wurde der Himmel gerade heller - dämmriges
Blau, das beinahe in Grau überging. Rick hatte Recht: Es würde bald dämmern. Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie viel Zeit verstrichen war. Wie viel Zeit war vergangen, seitdem Dack und Ben sich auf den Weg zu Carl und Meg gemacht hatten? Wie lange war es her, dass sie ihn umgebracht hatten?
    Die Gasse hinter dem Obsidian wurde von etlichen Rot- und Blaulichtern erleuchtet. Krankenwagen, Streifenwagen. Rettungssanitäter untersuchten Kramer. Zwei Cops sperrten den gesamten Parkplatz mit gelbem Polizeiband ab. Zwei in Latexhandschuhen, die Ausrüstung zur Spurensicherung bei sich trugen, kauerten bei Sawyer. Untersuchten. Hardin stand in der Nähe eines Krankenwagens, hielt sich an einer Zigarette fest und telefonierte.
    Ich ging an ihnen allen vorbei.
    »Kitty!«, rief Hardin. »Hey, Kitty …«
    Ich sprang in Ricks Wagen und fuhr los. Musste schnell fahren, konzentriert. Ich kannte die Strecke, ich wusste, was mich erwartete.
    So etwas wie diesen Sportwagen hatte ich noch nie im Leben gefahren. Kaum etwas schien mich vom Asphalt zu trennen; das Auto lag tief, die Reifen surrten, und der Wagen reagierte auf die winzigste Berührung. Wenn ich das Lenkrad nur um Haaresbreite bewegte, schoss ich schon um die nächste Ecke. Der geringste Druck auf das Gaspedal ließ den Wagen nach vorne schießen. Ich warf keinen einzigen Blick auf den Tacho, um zu sehen, wie schnell ich fuhr. Die Welt raste an mir vorbei. Um diese Zeit in der Nacht - am Morgen - hatte ich nicht mit Verkehr zu kämpfen. Es fühlte sich beinahe so an, als würde
ich losrennen, auf vier Beinen, inmitten offener, ungezähmter Landschaft, während der Wind wie Finger durch das Fell an meinem Körper strich.
    Ich bin ein Jäger. Ich werde mich an sie heranpirschen und zuschlagen.
    Ich schüttelte den Kopf und konzentrierte mich erneut, denn kurzzeitig war meine Sehkraft durcheinandergeraten, und ich hatte nur Grau gesehen. Einen Moment lang hatte ich die Welt in Wolffarben gesehen. Ich musste Mensch bleiben. Die Wölfin konnte das verfluchte Auto nicht lenken.
    Oder die Waffe halten.

Sechzehn
    Mittlerweile war der Himmel fahl. Pass auf ihn auf, hatte Cormac gesagt. Sorge dafür, dass er nicht in Schwierigkeiten

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