Die Stunde Der Jaeger
können.«
»Das hatte ich vor. Falls du dich herablassen kannst, Fleisch zu essen, das jemand anders ausgesucht hat«, sagte er. »Oh, und ich habe noch so eins gefunden.« Er warf mir etwas zu.
Ãberrascht streckte ich die Hände danach aus â überlegte es mir dann jedoch anders und trat beiseite. Das war auch gut so, denn ein Stück Stacheldraht fiel polternd zu Boden. Der Draht war zu einem Kreuz zurechtgebogen, genau wie das andere Kruzifix, das immer noch neben dem Holzofen auf dem Boden lag. Ich stieà das neue mit dem Fuà in die gleiche Richtung.
Ben bewegte sich auf die Eingangstür zu. Er machte langsame Schritte, als lerne er gerade wieder zu laufen.
Es war möglich, dass Cormac seine Meinung änderte, dachte ich geistesabwesend. Er hielt das Gewehr umklammert,
musste es also nur anheben und feuern, und schon wäre Ben tot. Ben schien dies nicht zu bemerken, oder er hielt es nicht für eine Gefahr. Oder es war ihm einfach egal. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Tür, dem Freien. Cormac lieà ihn vorbei, und Ben trat auf die Veranda hinaus.
Ich folgte ihm.
Er starrte auf das Reh. Starrte einfach nur, die Decke fest um sich gewickelt, und zitterte, als sei ihm kalt, obwohl mir die Luft nicht sonderlich kühl vorkam.
»Ich kann es riechen«, sagte er. »Bis ins Schlafzimmer konnte ich es riechen. Es riecht gut. Das sollte es nicht, aber so ist es.«
Frisches auf dem Boden vergossenes Blut, heià und dickflüssig, das aus sich abkühlendem Fleisch und knackigen, markgefüllten Knochen sickerte â ich wusste ganz genau, wovon er sprach. Mir wäre längst das Wasser im Mund zusammengelaufen, wenn ich nicht so nervös gewesen wäre.
»Das kommt, weil du hungrig bist«, sagte ich sanft.
»Ich könnte es auf der Stelle essen, nicht wahr? Wenn ich wollte, könnte ich es roh essen, mit der Haut und allem â¦Â«
»Komm ins Haus, Ben. Bitte. Cormac wird sich darum kümmern.«
Ben stand so angespannt da, sein ganzer Körper war so starr, dass ich fürchtete, er werde nach mir schnappen, falls ich ihn berührte. Und ich wusste nicht, ob er im übertragenen oder wörtlichen Sinn nach mir schnappen würde. Etwas Tierisches erwachte gerade in ihm; es lauerte dicht unter der Oberfläche.
Ganz sanft berührte ich ihn am Arm. »Komm schon.« Endlich wandte er den Blick von dem Reh ab. Er drehte sich um und lieà sich von mir in die Hütte führen.
Stunden später stapelte Cormac einzeln abgepackte Stücke Wildbret in die Kühltruhe, während ich Steaks vom Bratrost holte. Wie sich herausstellte, mochten alle hier ihre Steaks blutig. Ãberraschung.
Cormac kam ins Haus, nachdem er drauÃen sauber gemacht hatte, und trat an die Küchenspüle, um sich die Hände zu waschen. »Morgen suche ich jemanden, der sich um das Fell kümmern soll. Den Rest habe ich vergraben â¦Â«
»Ich will gar nicht wissen, was du mit dem Rest gemacht hast«, sagte ich und machte ein »Stop!«-Zeichen, während ich Teller aus dem Schrank holte.
»Komm schon, es ist ja nicht so, als hättest du so was noch nie zuvor zu Gesicht bekommen. Eigentlich hättest du mir deine Hilfe anbieten können.«
»Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie man Wild in Wirklichkeit kochfertig macht. Ich zerfleische die Tiere normalerweise einfach mit den Zähnen.«
Ben saà am Küchentisch und starrte mit leerem Blick auf die Platte. Cormac hatte ihn mit frischer Kleidung versorgt, doch er hatte immer noch die Decke um sich gewickelt. Ich versuchte, mir keine Sorgen zu machen. Er brauchte Zeit, um sich umzustellen. Das war alles. Trotzdem war es eigenartig, dass er sich nicht an dem Wortgeplänkel beteiligte.
Der Tisch, eine Antiquität aus poliertem Holz mit zwei
passenden Stühlen, war klein, kaum groà genug für zwei Leute, geschweige denn drei. Nachdem ich die Steaks auf Teller gelegt hatte, griff Cormac sich seinen und aà im Stehen an der Arbeitsplatte. Ich trug die anderen beiden Teller zum Tisch. Ich stellte einen, zusammen mit Besteck, vor Ben. Auf diese Weise riss ich ihn aus seinem Tagtraum, sein Blick veränderte sich und richtete sich auf das Essen.
Ich war fest entschlossen, ihn in Ruhe zu lassen, und setzte mich mit meiner eigenen Mahlzeit an den Tisch. Doch ich konnte nicht anders; ich musste ihn einfach beobachten.
Fleisch sieht für einen
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