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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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musste, dass er wahnsinnig werden könnte.
    Wahnsinniger als er ohnehin schon war.
    Cormac ging aus dem Zimmer, und kurz darauf wurde die Eingangstür geöffnet und zugeschlagen. Ich lief ihm nicht hinterher – ich wagte es nicht, Ben allein zu lassen. Ich horchte, ob der Jeep angelassen wurde, doch das geschah nicht. Cormac ließ mich nicht allein in diesem Schlamassel zurück. Vielleicht musste er sich nur die Beine vertreten.

    Ich holte den Laptop ins Schlafzimmer, zog einen Stuhl neben das Bett und wachte über Ben, während ich schrieb.
    Lykanthropie hätte ich niemandem gewünscht, einem Freund schon gar nicht. Das Leben war schon hart genug, wenn man sich nicht mit so etwas herumschlagen musste. Ich hatte die unterschiedlichsten Reaktionen erlebt, wie Leute damit umgingen. Manchen Menschen stieg es zu Kopf, derart stark und beinahe unverwundbar zu sein. Sie wurden zu tyrannischen Schlägertypen und schwelgten in der Gewalttätigkeit, zu der sie fähig waren. Menschen, die ohnehin schon leicht psychotisch veranlagt waren, erlagen der Krankheit völlig. Es war ihnen zu viel, sich um noch eine psychische Belastung mehr kümmern zu müssen. Manche Leute wurden passiv und ließen sich davon auffressen. Und manche passten sich an. Sie stellten sich darauf ein und blieben sie selbst.
    Ich bereute es, nicht genug über Ben zu wissen, um abschätzen zu können, welchen Weg er gehen würde.
    Mein Handy klingelte. Es war Sheriff Marks.
    Â»Der Deputy, der letzte Nacht die polizeiliche Überwachung durchgeführt hat, hat keine Spur von Ihrem Eindringling entdecken können«, teilte er mir mit.
    Â»Sie wissen schon, dass er die Hälfte der Zeit die Innenbeleuchtung in seinem Wagen anhatte?«, erwiderte ich.
    Marks schwieg eine ganze Weile, und ich musste grinsen, als ich mir seinen Gesichtsausdruck vorstellte. »Ich werde mit ihm reden«, sagte er schließlich. »Außerdem werde ich versuchen, heute Nacht ebenfalls jemanden zu postieren. Geben Sie mir unbedingt Bescheid, falls Sie etwas sehen sollten.«

    Â»Auf jeden Fall, Sheriff«, sagte ich.
    Stunden verstrichen, die Dunkelheit brach ein, und Cormac war noch immer nicht zurückgekehrt. Ich beschloss, mir keine Sorgen zu machen. Er war ein großer Junge und konnte allein auf sich aufpassen. Ich konnte ganz bestimmt nicht die Babysitterin für ihn und Ben spielen.
    Ben hatte sich seit seinem letzten Ohnmachtsanfall kein einziges Mal geregt. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, ab wann ich mir Sorgen machen musste, falls er weiterhin in diesem Zustand bliebe. Und wen sollte ich dann um Hilfe rufen? Das Werwolfrudel, das mich aus Denver vertrieben hatte? Das Center for the Study of Paranatural Biology, die Forschungseinrichtung der Regierung, die nach dem Verschwinden ihres früheren Leiters neu organisiert wurde – wovon ich aber natürlich eigentlich nichts wusste.
    Ich starrte so lange auf den Laptopbildschirm, dass ich anfing einzudösen. Die Wörter verschwammen, und obwohl der Küchenstuhl mit Rückenlehne, auf dem ich saß, nicht sonderlich bequem war, schaffte ich es, mich zusammenzurollen und meinen Kopf nach vorne sacken zu lassen.
    Da sagte Ben etwas. »Hi.«
    Er klang weder, als sei er im Delirium, noch verzweifelt. Immer noch ein wenig heiser, doch es war die kratzige Stimme eines Menschen, der gerade eine Erkältung auskuriert. Er lag auf dem Bett und betrachtete mich. Ein Arm ruhte auf der Decke, die ihn umhüllte, seine Finger umklammerten ihren Rand.
    Ich ließ mich von dem Stuhl gleiten, stellte den Laptop beiseite und setzte mich auf die Bettkante.

    Â»Hey«, sagte ich. »Wie fühlst du dich?«
    Â»Beschissen.«
    Ich lächelte matt. »Das solltest du auch. Du hast eine beschissene Woche hinter dir.«
    Er lachte glucksend, hustete dann. Am liebsten hätte ich Freudensprünge gemacht und zu tanzen angefangen. Es war Ben! Ben war wieder da, er war nicht wahnsinnig geworden.
    Â»Meine beschissene Woche scheint dich ganz schön zu freuen.«
    Â»Ich bin froh, dass du wach bist. Du warst bewusstlos.«
    Â»Ja.« Er wandte den Blick ab und musterte die Wände, die Zimmerdecke, das Bettzeug. Sah alles an, nur mich nicht.
    Â»An wie viel kannst du dich erinnern?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf, was entweder bedeuten sollte, dass er sich an nichts erinnern konnte oder dass er es mir nicht erzählen wollte. Bei

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