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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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befand.
    Â»Ich kann alles riechen.« Seine Stimme klang, als hätte er eine Bronchitis. Er berührte seine Stirn mit zitternden Händen.
    Â»Ben.« Ich stürzte auf ihn zu, weil ich ihn am Arm packen
und zurück zum Bett führen wollte. Es ging ihm nicht gut, er sollte nicht auf den Beinen sein.
    Doch meine Berührung ließ ihn zurückweichen. Er fiel gegen die Wand, das Gesicht angstverzerrt. »Nein, du riechst – du riechst falsch …«
    Seine neuen Instinkte identifizierten mich als anderen Werwolf – eine mögliche Bedrohung.
    Ich drehte mich nach Cormac um, doch er befand sich bereits neben Ben, hielt ihn am Arm und versuchte, ihn ruhig zu halten.
    Â»Nein, Ben. Ich bin keine Gefahr. Es ist okay. Atme tief ein. Alles ist in Ordnung.« Ich versuchte, sein Gesicht zu halten, ihn dazu zu bringen, mich zu riechen, damit er diesen Geruch als freundlich gesinnt abspeicherte, doch er taumelte davon. Hätte Cormac ihn nicht festgehalten, wäre er zu Boden gestürzt.
    Ich trat wieder neben ihn, weil ich helfen wollte, ihn zum Bett zu schleppen. Diesmal lehnte Ben sich näher zu mir, wobei er blinzelte, als versuche er, klar zu sehen. Seine Sehkraft änderte sich ebenfalls.
    Â»Kitty?«
    Â»Ja, ich bin’s«, sagte ich, erleichtert, dass er mich wiedererkannt hatte.
    Er sackte gegen mich, den Kopf an meiner Schulter, als wolle er mich umarmen. Dann griff er nach meiner Hand und drückte sie fest. »Ich weiß nicht mehr, was passiert ist. Ich kann mich an gar nichts erinnern«, murmelte er in mein T-Shirt.
    Immerhin wusste er noch, dass etwas passiert war und dass er sich an etwas erinnern sollte. Seine Aufregung
hatte wahrscheinlich viel mit Stress zu tun – die Furcht, die entstand, wenn man ein traumatisches Ereignis verdrängte.
    Ich hielt ihn einen Moment lang still und flüsterte ihm sinnlose Trostworte ins Ohr, bis er zu zittern aufhörte. Cormac, der steif und betreten wirkte, hielt ihn immer noch aufrecht.
    Â»Komm schon, Ben. Zurück ins Bett.« Er nickte, und ich legte mir seinen Arm über die Schulter. Auf Cormac und mich gestützt, ging er zum Bett zurück. Er sank in die Kissen und schlief beinahe sofort wieder ein. Meine Hand ließ er nicht los. Ich wartete, bis mir sein tiefes und regelmäßiges Atmen sagte, dass er schlief, bevor ich behutsam seine Finger beiseite schob und mich seinem Griff entzog.
    Cormac stand am Bettende, fuhr sich mit den Händen durch die Haare und stieß ein frustriertes Seufzen aus. »Ist das normal?«
    Ich strich Ben die feuchten Haare aus dem Gesicht. »Keine Ahnung, ich weiß nur, wie es bei mir gewesen ist. Ich habe die ganze Zeit hindurch geschlafen. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern, aufgewacht zu sein. Allerdings war ich viel schlimmer verletzt als er.« Meine Hüfte war zerfleischt und mein halbes Bein zerfetzt gewesen. Aber natürlich konnte ich das nicht mit Hilfe von Narben beweisen, denn ich hatte keine.
    Â»Sag mir die Wahrheit. Wird er es schaffen?«
    Diese Frage stellte er mir immer wieder. »Sehe ich vielleicht wie eine Wahrsagerin aus? Ich weiß es nicht.«
    Â»Was soll das heißen, du weißt es nicht?«
    Wutentbrannt starrte ich ihn an, und aus meinen Augen
blickte ein Teil der Wölfin. Ich forderte ihn heraus, und es war mir ganz egal, ob er es deuten konnte oder nicht. »Seinem Körper wird es gut gehen. Körperlich hat der Heilungsprozess bereits eingesetzt. Seelisch – das liegt bei ihm. Wir werden erst bei seinem Erwachen wissen, ob ihn die Sache in den Wahnsinn treibt oder nicht.«
    Cormac rieb sich mit einer Hand übers Gesicht und fing an, im Zimmer auf- und abzugehen. Sein ganzer Körper zitterte vor Anspannung; er musste seine ganze Willenskraft aufbieten, um nichts zu zerbrechen.
    Â»Ben ist zäh«, sagte er nach einer Weile. »Das hier wird ihn nicht wahnsinnig machen. Er wird damit klarkommen. Er wird es schaffen.« Er sagte die Worte, als seien sie ein Mantra. Als würden sie wahr werden, wenn er sie nur oft genug vor sich hersagte.
    Mein wütendes Starren schmolz zu einem mitleidigen Blick. Ich wünschte, ich fände die richtigen Worte, um ihn zu beruhigen. Um ihn davon zu überzeugen, ja, er hatte alles in seiner Macht Stehende getan. Cormac war nie schwach, noch nie derart hilflos gewesen, darauf ging ich jede Wette ein. Ich fragte mich, ob ich mir auch Sorgen machen

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