Die Stunde Der Toechter
hinuntergelassen werden konnten, befand sich im Kellergeschoss. Johanna nahm den Schalter und drückte auf den Knopf, auf welchem ein Pfeil nach oben zeigte. Die Plattform hob sich. Kurz bevor sie ganz oben im Erdgeschoss angelangt war, stoppte Johanna sie. Zwischen der Stahlplatte und der Diele war jetzt noch eine Lücke von vielleicht einem halben Meter. Johanna schubste Hügli auf die Plattform. Er landete auf dem Rücken. Gleich darauf prallte sein Kopf auf dem Metall auf. Mittlerweile lag Entsetzen in seinen Augen. Johanna sprang zu ihm hinunter. Dann zog sie ihn an den Beinen zum Rand der Plattform. Sodass Hüglis Knöchel darüber hinausragten. Er trug weiße Lederschuhe und dünne schwarze Socken. Danach verließ Johanna die Plattform wieder und nahm die Fernbedienung des Lifts zur Hand.
»Hör mir gut zu, Hügli. Ich bin total durchgeknallt. Ich habe ein Strafverfahren am Hals. Ob ich weiterhin Polizistin bleibe oder nicht, ist mir scheißegal. Das Einzige, was zählt, ist Tamara Stämpfli. Sie ist meine Freundin. Seit der fünften Klasse. Hast du das verstanden?«
Er regte sich nicht. Glotzte sie an. Hasserfüllt.
»Du sagst mir jetzt, wo Tamara ist. Sonst verstreiche ich deine Füße auf dieser Diele.« Sie drückte auf den Knopf.
»Halt, nein. Stopp! Bitte!«
Johanna hielt inne.
Hügli schnaufte wie ein Walross. Doch er blieb stumm.
Johanna griff wieder nach dem Schalter.
Hügli schrie auf. »Der Kroate hat sie. Im Hardturmstadion!«
Sie behielt die Bedienung in der Hand.
»Ich schwöre es! Er wartet dort mit ihr auf Bernhard. Ihr Leben gegen das ihres Vaters. Das ist der Deal.« Hüglis Augen fixierten ihre Hand.
Johanna behielt den Daumen auf dem Knopf. »Verstehe ich das richtig? Du hast Tamara gekidnappt, damit du deinen alten Freund Bernhard der Mafia ans Messer liefern kannst? Und nach getaner Arbeit feierst du eine feuchte Party?«
Er sagte nichts.
Ihr Daumen zuckte über dem Schalter.
Seine Augen weiteten sich.
Nach einigen Sekunden ließ Johanna das Kabel los und sprang zu Hügli auf die Plattform. »Gehen wir!«
Sie half ihm aufzustehen und schob ihn auf den Hallenboden. Dann sprang sie hinterher. Sie fasste Hüglis linken Arm und stieß ihn an den anderen Autos vorbei zu dem Dodge.
»Fährt die Karre?«
Er nickte. »Der Schlüssel steckt.« Seine Stimme hatte sich verändert. Hügli war kleinlaut geworden.
Johanna schubste seinen Oberkörper auf das Heck und schob Hüglis Beine auseinander. An der Wand der Halle standen mehrere Schränke. Dorthin lief sie eiligst und öffnete einige Schubladen. In der vierten fand sie Klebeband. Sie nahm es und ging zurück zu Hügli. Er hatte es geschafft, sich von allein aufzurichten, und wollte gerade einen Schritt auf Johanna zu machen. Ohne etwas zu sagen, nahm sie den Gasspray vom Gürtel und hielt ihn ihm vors Gesicht. Er trat zurück, bis er am Kühlergrill des nächsten Autos zum Stehen kam. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, riss sie ein Stück Band von der Rolle.
Er schüttelte den Kopf. »Du bist die abartigste Schlampe, die jemals aus einer Fotze gekrochen ist.«
»Und du hast einen beschränkten Wortschatz.« Johanna klebte ihm den Mund zu. Danach packte sie ihn an den Armen. Er wehrte sich nicht mehr.
Nachdem sie ihn auf den Rücksitz des Autos gezwängt hatte, holte sie die Mädchen aus dem Wagen heraus. Mit dem Messer schnitt sie die Kabelbinder durch und nahm ihnen die Fesseln ab.
»Haut ab!«
Schluchzend und keuchend rannten sie zur Tür.
»Ach ja!«
Wie angewurzelt blieben beide stehen.
»Könnt ihr mir das Tor aufmachen? Bitte?«
Sie schienen nicht zu verstehen.
Johanna deutete auf die Treppe. Dahinter befand sich ein Schalter an der Wand.
Eines der Mädchen ging hin und drückte auf den Knopf. Das Garagentor öffnete sich langsam. Als es weit genug offen stand, schlüpften die beiden unter dem Tor hindurch und verschwanden um die Ecke.
Johanna nahm die Kartons von den Fenstern des Autos. Dann setzte sie sich in den Dodge und steckte den Schlüssel in das Schloss. Der Motor sprang an. Er machte einen Heidenlärm.
Vorsichtig gab sie Gas und steuerte den Wagen aus der Garage hinaus. Hoffentlich hatte Hügli den Zaun nicht wieder abgeschlossen. Johanna schaltete die Scheinwerfer ein. Das Tor stand offen. Sie steuerte den Dodge auf die andere Straßenseite an ihrem eigenen Auto vorbei in Richtung Innenstadt. Unterwegs rief sie von Kranach an. Dann trat sie auf das Gaspedal und riss brave Bürger aus dem
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