Die Stunde Der Toechter
Hügli drehte sich wieder um und blickte den Kroaten an. Dieser hatte sich erhoben und zeigte mit seiner Hand auf Salome Hügli. Der Verband triefte vor Blut. »Du gehörst jetzt zu uns.«
Ihr froren die Füße am Boden fest.
Der Kroate gab dem anderen ein Zeichen.
Der Fette verschwand in den Katakomben des Stadions. Kurz darauf kam er zurück. Einen Mann vor sich hertreibend.
Bernhard Stämpfli erschien im lodernden Lichtschein. Mit verklebtem Mund und aufgerissenen Augen.
Ihr wurde klar, dass jenseits des Grauens nichts mehr war.
49.
Sie warteten an der Hardturmstrasse. Von Kranach, Schürch und mehrere Einsatzwagen. Johanna di Napoli ließ den Motor aufheulen. Die Aufmerksamkeit ihrer Kollegen war ihr gewiss.
Sie hielt auf dem Gehsteig und stieg aus. Dann ging sie zu von Kranach. Er stand neben seinem Wagen. Sie warf ihm den Autoschlüssel zu. Lässig fing er ihn auf. Er hatte ein Funkgerät und eine Freisprechanlage umgeschnallt.
»Hügli ist im Handschuhfach.«
»Wie bitte?«
»Auf dem Rücksitz.«
Kevin von Kranach seufzte. »Dieser Humor muss angeboren sein.« Er gab den Schlüssel an Schürch weiter. »Lass einen Streifenwagen kommen und mach eine ordentliche Verhaftung. Eine, die uns nicht vor den Menschenrechtsgerichtshof bringt.«
Schürch nahm den Schlüssel und ging zu dem Dodge hinüber. Er ließ es sich nicht nehmen, den Boliden auf die andere Straßenseite zu fahren. Mit heulendem Motor parkierte er hinter den Einsatzwagen.
Von Kranach schüttelte den Kopf. »Kindsköpfe.« Dann schielte er Johanna an. »Bist du in Ordnung?«
Sie nickte.
Er deutete zum Stadion. »Ich habe die harten Jungs aufgeboten. Vier Teams der Abteilung Spezial sind in Stellung. Das war alles, was ich kriegen konnte. Weißt du, wonach wir suchen?«
Johanna setzte sich auf die Kühlerhaube seines Autos. »Hügli sagt, dass der Kroate dort drin ist. Zusammen mit Tamara und ihrem Vater. Wer sonst noch, weiß ich nicht. Es soll ein Tausch sein. Stämpfli gegen seine Tochter.«
Kevin nickte. Dann aktivierte er den Funk. Er formulierte den Einsatzbefehl und ließ ihn sich quittieren. Anschließend gab er grünes Licht.
»Sollten wir nicht dort unten sein, Kev?«
»Je weiter weg du vom Geschehen bist, umso wohler ist mir.« Seine Augen waren blauer denn je, sein Blick so reserviert wie noch nie. »Du bist gegen meine Anweisung in Hüglis Wohnung eingebrochen! Was genau ist passiert?«
Johanna gab ihm eine Zusammenfassung der Ereignisse. Sie erzählte nichts Falsches. Aber auch nicht alles. Ihrer Meinung nach hatte sie wenig zu befürchten. Vorausgesetzt, dass sie Tamara finden und diese Hügli als ihren Entführer identifizieren würde.
Ohne ersichtliche Regung hörte von Kranach zu. Nachdem die Geschichte erzählt war, stellte er postwendend die entscheidende Frage. »Wie wird Hüglis Anwalt das wundersame Geständnis seines Mandanten erklären?«
Johanna schaute auf den Boden. »Er wird sagen, dass ich seinen Mandanten gefoltert habe.«
»Herrgott noch mal!« Entsetzt schaute er sie an. Danach blickte er sich um, ob jemand zuhörte. »Hast du?«
»Nein.« Johanna wurde einen Moment schwarz vor Augen.
Fluchend trat Kevin von Kranach mit dem Fuß in den Autoreifen auf der Fahrerseite. Als er zu einer weiteren Frage ansetzen wollte, hörten sie Schüsse. Drei hintereinander. Danach ein wildes Geballer. Einige Sekunden später war es im Stadion wieder still.
Dafür brüllte nun von Kranach in das Funkgerät. Offensichtlich wurde dieses am anderen Ende einen Augenblick lang nicht sofort bedient. Endlich erhielt er einen Bericht der Ereignisse. Angespannt hörte er zu.
Dann kam der Wutausbruch. Mit sich überschlagender Stimme stauchte von Kranach den Einsatzleiter der Spezialeinheit zusammen. Dabei verwendete er ein bemerkenswertes Arsenal an Schimpfwörtern. Nachdem er den Kollegen am anderen Ende einen aufgeblasenen Idioten genannt hatte, setzte er fluchend und gestikulierend die Nachhut in Bewegung. Drei Einsatzwagen fuhren los.
In immer noch gehässigem Ton wandte er sich Johanna zu. »Diese Pfeifen haben einen der Killer entkommen lassen! So etwas nennt sich Spezialeinheit! Bis an die Zähne bewaffnet. Bis unter die Schädeldecke mit Hightech ausgestattet. Nur denken können sie nicht!« Er holte Luft und lehnte sich mit dem Rücken an die Hintertür seines Autos. »Im Stadion befinden sich zwei Leichen. Offenbar sollten sie auf dem Rasen vergraben werden. Damit waren zwei Männer beschäftigt, als unsere
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