Die Stunde Der Vampire
bringen lassen. Cormac hatte die Stadt bereits verlassen, ohne sich auch nur zu verabschieden. Ich fühlte mich gleichzeitig gekränkt und erleichtert.
Wie gewöhnlich aà Ben während der Arbeit und sah Papiere durch, von denen er sich gerade lange genug fortriss, um die Tür zu öffnen. Er hatte mir ein Steak bestellt. Englisch gebraten.
Ich saà am Tisch und nickte in Richtung des Ordners, den er sich gerade vorgenommen hatte. »Was ist das?«
»Die Medienkontrollbehörde FCC will wegen anstöÃigen Verhaltens gegen Sie ermitteln.«
»Was?«
»Anscheinend haben Sie irgendwo zwischen völlig bekleidetem Mensch und pelzbedeckter Wölfin etwas Brust im landesweiten Fernsehen sehen lassen. Es gab etwa ein Dutzend Beschwerden.«
»Sie wollen mich wohl auf den Arm nehmen!« Es war nun wirklich nicht in meiner Absicht gelegen, mich dem Fernsehpublikum nackt zu zeigen.
»Nö. Ich habe mir das Video noch einmal angesehen, und ganz recht, es ist so. Man muss ziemlich schnell mit der Pausetaste sein, um die Szene zu erwischen.«
Mir gefiel die Vorstellung, wie all die prüden Reaktionäre, die die Sendung aufgezeichnet haben mussten, sich mit den Daumen über den Play- und Pausetasten hingesetzt
hatten, um nach einem Grund zu suchen, sich bei der FCC zu beschweren. Und mir wurde anstöÃiges Verhalten vorgeworfen?
»Ich sage Ihnen was â leiten Sie die Beschwerde an Stockton weiter. Nein, noch besser â leiten Sie sie an Duke weiter.«
»Bereits geschehen. Ich denke, es wird ziemlich leicht sein, die Beschwerde zu entkräften und zu beweisen, dass Sie keinerlei Verantwortung für die Aufnahmen tragen.«
Verdammt richtig. »Ich habe eine Nachricht von Stockton erhalten.« Er hatte während der Anhörung auf mein Handy gesprochen, als habe er absichtlich zu einem Zeitpunkt angerufen, an dem das Telefon ausgeschaltet war, damit er mir eine Nachricht hinterlassen konnte, ohne mit mir reden zu müssen. Er hatte regelrecht kriecherisch geklungen: »Kitty, hier spricht Roger. Nun, wahrscheinlich bin ich der letzte Mensch, von dem Sie hören möchten. Wahrscheinlich werden Sie nie wieder mit mir reden. Aber ich würde mir wirklich wünschen, dass Sie mich zurückrufen. Man ist wegen einer Folgesendung an mich herangetreten. Ich könnte mir vorstellen, dass wir einen Kommentar zu den Aufnahmen letzte Nacht produzieren, wissen Sie? Es könnte für uns beide ein groÃer Schritt für unsere Karrieren sein. Ich glaube wirklich, dass Sie eine Zukunft im Fernsehgeschäft haben. Ich möchte Ihnen Gerechtigkeit widerfahren lassen. Danke.«
Dieser Verrückte. Wenn ich je auf den Gedanken käme, mich im Fernsehen zu versuchen, dann ganz bestimmt ohne seine Hilfe. »Meinen Sie, Sie können ihn auf richtig viel verklagen?«
»Oh, ja, wegen unseres guten Mr. Stockton. Cormac hat ein bisschen für Sie herumgeschnüffelt. Sehen Sie sich das hier an.« Ben reichte mir eine Mappe aus seinem Papierstapel.
Ich schlug sie auf und fing zu lesen an. Darin befand sich ein halbes Dutzend offiziell aussehender Formulare mit Leerzeilen, in die Namen und Daten eingetragen waren sowie ein paar Porträtaufnahmen der immer gleichen Person; eines spindeldürren Jugendlichen mit zugedröhntem Blick und ungepflegten Haaren.
Es war Roger Stockton. Ein jüngerer, durchgeknallterer Roger Stockton.
»Das sind Verhaftungsberichte«, sagte ich ehrfürchtig.
»Mr. Stockton hat sein Studium durch den Handel mit halluzinogenen Drogen finanziert. Kein gewöhnliches Gras, sondern exotisches Zeug: Opium, Peyote, Froschlecken, all so etwas. Anscheinend hat er herumexperimentiert, auf der Suche nach einer höheren Macht, und hat behauptet, es sei alles Teil einer religiösen Zeremonie, die er und seine Freunde durchführten. Sie wissen ja, wie das läuft. Es wurde nie Anklage erhoben, er war nie im Gefängnis. Aber es liest sich trotzdem recht spannend, finden Sie nicht?«
Sollten diese Informationen an die Ãffentlichkeit dringen, wäre Stockton vielleicht in der Lage, sich herauszureden und seine Karriere zu retten. Doch bis ihm das gelänge, würde sein Leben äuÃerst interessant verlaufen.
»Rache oder Erpressung?«, fragte ich.
»Erpressung? Das ist gesetzwidrig. Ãberzeugungskraft hingegen â ich wette, Stockton würde auf keinen Fall wollen, dass dieses Zeug im
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