Die Stunde Der Vampire
hast.«
»Nein, natürlich nicht. Ich bin froh, dir begegnet zu sein. Ich wünschte mir höchstens, dass du nicht so viel um die Ohren hättest.«
Da war er nicht der Einzige.
Ich rückte näher an ihn heran und bedeutete ihm, den Arm um mich zu legen, was er auch tat. »Darf ich dir eine persönliche Frage stellen?«
Er lachte glucksend in sich hinein und schob den Arm weiter nach unten, sodass seine Hand vielsagend auf meiner Hüfte ruhte. »Na, das will ich doch wohl hoffen, nach dieser Woche.«
Ich lächelte und schmiegte mich bequem in seine Umarmung. »Wie hast du es bekommen? Lykanthropie.«
Er zögerte. Sein Blick wanderte über meinen Kopf, auf den Hang zu. »Das ist kompliziert.«
Ich wartete, da ich dachte, er würde fortfahren. Mit angestrengter Miene, als suche er nach den richtigen Worten, ohne fündig zu werden. Ich kannte ihn nicht gut genug, um zu wissen, ob er zu den Leuten gehörte, die Lykanthropen, die tatsächlich gebissen und verwandelt werden wollten, oder ob er angefallen worden war. Wir hatten eine Woche voller Lust und nicht viel mehr sonst
hinter uns, was bedeutete, dass wir einander gerade eben erst begegnet sein könnten.
»Zu kompliziert, um es zu erklären?«, fragte ich.
»Nein«, sagte er. »Aber es ist keine Geschichte, die ich oft erzähle.«
»Es ist schlimm gewesen?«, fragte ich. »Ist es schwierig, darüber zu sprechen? Denn wenn du nicht möchtest â¦Â«
»Nein, das ist es eigentlich nicht gewesen. Aber wie schon gesagt â es ist kompliziert.«
Jetzt musste ich es einfach erfahren. Ich wand mich, bis ich ihm in die Augen sehen konnte. »Was ist passiert?«
»Ich habe ganz vergessen, wie sehr du auf Geschichten stehst«, sagte er. »Gekriegt habe ich es von meiner Schwester. Ich dachte, sie sei verletzt, und habe versucht, ihr zu helfen. Sie hat sich in meinen Armen verwandelt. Bis zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht über sie Bescheid. Selbst als sie mich gebissen hat, wusste ich kaum, was vor sich ging. Es war ein Unfall, sie wollte es nicht. Aber sie ist in Panik geraten, und ich war im Weg.«
»Wow. Das ist hart. Sie muss sich schrecklich gefühlt haben.«
»Als sie wieder Menschengestalt angenommen hat und aufgewacht ist, hat sie mich erst einmal angeschrien. Wollte wissen, wieso ich mich nicht um meine eigenen Angelegenheiten kümmern und sie in Ruhe lassen könne. Zu dem Zeitpunkt ging es mir schon dreckig, also hat sie mich gleich noch angebrüllt, weil sie sich jetzt auch noch um mich kümmern musste.«
»Lass mich raten: deine ältere Schwester?«
»Ja«, sagte er mit einem Lachen.
»Das kommt mir bekannt vor.«
»Sie ist verärgert gewesen, aber es hat ihr auch leidgetan, glaube ich. Sie hat sich um mich gekümmert und mir geholfen, damit umzugehen. Jetzt helfen wir einander, es vor unseren Eltern geheim zu halten.«
Wenigstens das Problem hatte ich nicht mehr am Hals. Nie wieder würde ich mir eine Ausrede einfallen lassen müssen, weshalb ich nicht zu einem Familienfest erschien, das an Vollmond stattfand. »Deine Schwester ist in Brasilien?«
»Ja. WeiÃt du, was sie macht? Sie kundschaftet Firmen aus, die im Regenwald illegal Holz schlagen, und meldet sie an Umweltschützer weiter. Manchmal denke ich, dass sie ein wenig von einer Terroristin an sich hat. Zu Tode erschrockene Holzfäller kommen aus dem Wald und erzählen Geschichten von riesigen Jaguaren mit glühenden grünen Augen.«
»Sie scheint ein interessanter Mensch zu sein.«
»Das ist sie.«
Wir hatten vielleicht eine Stunde dort gesessen, als ich einen Blick auf die Uhr warf. Ich hätte sie gar nicht mitbringen sollen. Doch ich hatte es getan.
»Meinst du, wir könnten bis um vier zurück in der Stadt sein?«, wollte ich wissen.
Er legte mir die Hand aufs Knie. »Kann ich denn nichts tun, um dich dazu zu überreden, ein wenig länger hierzubleiben?«
Oh, die Qualen! Ich legte meine Hand auf die seine und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid. Hier bist du und tust alles, um mein Herz im Sturm zu erobern, und ich weigere
mich mitzumachen. Ich kann von Glück sagen, dass du es immer noch versuchst.«
Er grinste. »Ich liebe Herausforderungen.«
Er beugte sich zu mir und stützte sich zu beiden Seiten meines Körpers mit den Händen ab, sodass ich zwischen seinen
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