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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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die vielen interessanten Leute genutzt, die sich wegen der Senatsanhörung eingefunden hatten, und hatte im Laufe der ersten Stunde der Sendung ein Interview nach dem anderen geführt. Das Trio aus dem Crescent spielte Musik, und Robert Carr kam ins Studio und plauderte mit mir über Werwölfe.
    Doch in der zweiten Stunde öffnete ich Tür und Tor. Ich war mir sicher, dass jemand da draußen im Reich des Radios ein paar gute Geschichten zu erzählen hatte.

    Â»Ray aus Baltimore, danke für deinen Anruf.«
    Â»Mir fallen etliche Arbeiten beim Militär ein, die einfach ideal für Vampire sind. Etwa U-Boot-Dienst. Ich meine, man steckt jemanden drei Monate lang in ein U-Boot, der dann drei Monate in einem winzigen Raum ohne Sonnenlicht eingepfercht ist. Das ist doch geradezu ideal für Vampire, meinst du nicht? Oder diese Leute, die in den Raketensilos eingesperrt sind, die Typen, die den Knopf drücken und den Dritten Weltkrieg beginnen können.«
    Dieses »können« war gelinde gesagt ein wenig beunruhigend. »Da gibt es immer noch das Problem des Nahrungsvorrats«, sagte ich. »Das ist immer eine große Einschränkung bei allem gewesen, was Vampire in der realen Welt erreichen können. Ich kann mir nicht vorstellen, wie Seeleute von der Navy sich darum reißen, sich freiwillig zum Dienst als ›Blutvorrat‹ zu melden. Auch wenn es vielleicht ein Stückchen besser als Latrinendienst ist.«
    Â»Ach, einfach ein paar Liter einfrieren, das wird schon klappen.«
    Â»Alles klar, der nächste Anrufer bitte. Peter, du bist auf Sendung.«
    Â»Hi. Ähm, tja also, als ich zum Militär gegangen bin, gab es da diesen Kerl, der bei der Grundausbildung durchgefallen ist. Wir waren alle überrascht, weil er echt gut war. Hat die Musterung mit Glanz bestanden; Hindernisbahnen, Nahkampf, nichts hat den Typen kleingekriegt. Der Drillsergeant hat ihm befohlen ›auf den Boden und hundert Liegestütze‹, und es schien ihm überhaupt nichts auszumachen. Ist nicht einmal ins Schwitzen geraten. Aber er ist bei einer Überraschungsinspektion der Kaserne eines
Nachts als vermisst gemeldet worden. Dann passierte es wieder. Sie haben ihn rausgeworfen, weil er sich unerlaubt von der Truppe entfernt hat.«
    Â»Lass mich raten: Das ist in Vollmondnächten gewesen.«
    Â»Ich kann mich nicht wirklich erinnern. Damals ist es mir nicht aufgefallen. Aber es lag etwa ein Monat dazwischen. Ich glaube also schon.«
    Â»Meinst du, er hätte einen guten Soldaten abgegeben, wenn man ihm in jenen Nächten erlaubt hätte, sich von der Truppe zu entfernen? Wenn beim Militär gewisse Zugeständnisse gemacht würden?«
    Â»Ja … ja, ich glaube schon.«
    Â»Und an der Front? Wenn seine Einheit zufälligerweise in einer gottverlassenen Gegend stationiert wird, während einer Vollmondnacht, was soll er dann machen?«
    Â»Tja, das weiß ich nicht.«
    Â»Ich glaube, man müsste einiges im Voraus planen. Eine ›Nichts fragen, nichts sagen‹-Politik wird wahrscheinlich nicht funktionieren. Danke für deinen Anruf, Peter. Und weiter geht’s.«
    Ich warf einen Blick auf den Monitor. Dann sah ich ein zweites Mal hin. Zeile vier: Fritz aus D.C. Das konnte nicht wahr sein. Das konnte einfach nicht wahr sein!
    Ich drückte auf die entsprechende Taste. »Hallo Fritz?«
    Â»Ja. Kitty? Spreche ich mit Kitty?« Er sprach mit deutschem Akzent, müde und angegraut. Er war es. Mein Fritz.
    Â»Ja, Fritz. Ich bin’s.«
    Â»Gut, gut. Ich hätte beinahe aufgelegt, als der Junge mich hat warten lassen.« Sein Plauderton stellte mich vor die Frage, ob ihm klar war, dass er im Radio auf Sendung
war. Doch es war geradezu erfrischend, mich mit jemandem zu unterhalten, als seien wir nur zwei Leute am Telefon, anstatt mal wieder einem aufmerksamkeitsheischenden Spinner ausgeliefert zu sein.
    Â»Ich bin froh, dass du nicht aufgelegt hast. Worüber möchtest du gerne sprechen?« Ich hielt den Atem an.
    Sein Seufzen erklang in der Leitung. »Ich habe über deine Worte nachgedacht. Den ganzen Tag habe ich mir gedacht: ›Hier ist nun endlich jemand, der dir zuhören möchte, und du läufst wie ein verängstigter Junge vor ihr davon.‹ Tja, ich glaube, das war ein Fehler. Also rufe ich hier bei dir an. Ich werde bald sterben. Kaum zu glauben, aber ich werde an Altersschwäche sterben. Das ist

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