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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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irgendwelche von Tican unterzeichnete Anweisungen für die Makler waren.
    »Ihr habt eine ganze Reihe Vorbereitungen zu treffen, Herrscherin.« Das Benehmen der ehemaligen Amme war genau so, wie man es von einer Ersten Beraterin erwarten konnte; doch die langen Jahre der Vertrautheit ließen sich nicht einfach durch eine Änderung der Stellung beiseitewischen. Mara wurde der Schärfe im Ton der alten Frau gewahr und wußte, daß Angst dahintersteckte: Angst um ihre Herrin und um alle anderen auf den Gütern der Acoma, die ihr Leben dem Natami der Acoma geweiht hatten. Den Haushalt der Minwanabi zu betreten bedeutete, das Monster herauszufordern, indem man sich in seinen Rachen begab. Nur die Mächtigsten würden überleben, und das Bild der Acoma im Rat hatte sich seit dem Tode Lord Sezus und seines Erben nur wenig erholt.
    Dennoch gab Mara ihrer engsten Vertrauten keine Möglichkeit, sich an solchen Klagen festzubeißen. Sie war schon lange nicht mehr das unerfahrene Mädchen, das Lashimas Tempel verlassen hatte, sondern zutiefst entschlossen, sich nicht von der Bedrohung durch die Minwanabi überwältigen zu lassen. Panik würde Jingu nur den Sieg bescheren; und sein impulsiver Charakter würde es vielleicht ermöglichen, ihm einige unvorhersehbare Vorteile für ihr Haus abzuringen. »Kümmere dich um alles Notwendige für diese Reise, Nacoya, und laß die Zofen meine Garderobe zusammenstellen. Papewaio soll einige Krieger für meine Ehrengarde auswählen, solche, die vertrauenswürdig und erfahren sind, die Keyoke jedoch während meiner Abwesenheit nicht zum Schutz des Gutes benötigt.« Sie schritt auf dem polierten Boden vor einem Regal voller Pergamentrollen auf und ab. Dann hielt sie inne und zählte die Tage nach. »Ist Arakasi bereits zurückgekehrt?«
    Eine Woche war vergangen, seit Bruli und Arakasi das Herrenhaus verlassen hatten, der eine, um sich mit der Wut seines Vaters auseinanderzusetzen, der andere, um das Agenten-Netzwerk seiner Herrin am Laufen zu halten. Nacoya rückte eine heruntergerutschte Haarnadel wieder zurecht. »Er kehrte vor weniger als einer Stunde zurück, Mistress.«
    Mara runzelte konzentriert die Stirn. »Ich werde mit ihm reden, wenn er gebadet und sich erfrischt hat. In der Zwischenzeit schicke nach Jican. Wir müssen noch viel Geschäftliches besprechen, bevor wir zu der Geburtstagsfeier des Kriegsherrn aufbrechen.«
    Nacoya verneigte sich mit deutlichem Zögern. »Wie Ihr wünscht, Mylady.« Sie erhob sich still und ging hinaus. Mara blieb allein mit einigen wartenden Dienerinnen zurück und starrte in die Nachmittagssonne, die die Läden des Arbeitszimmers beleuchtete. Der Künstler hatte seine Jagdszenen mit meisterhafter Leidenschaftlichkeit gestaltet – die vollendete Grazie eines Mördervogels, der schnelle Wildvögel jagt. Mara zitterte. Sie fühlte sich nicht viel kräftiger als ein Vogel und fragte sich, ob sie wohl jemals wieder die Gelegenheit haben würde, derartige Kunstwerke in Auftrag zu geben.
    Dann tauchte Jican auf, mitsamt ganzen Stapeln von Pergamenten und Rechentafeln sowie einer langen Liste von Entscheidungen, die vor ihrer Abreise noch zu treffen waren. Mara schob ihre Unruhe beiseite und zwang sich zur Konzentration auf die Angelegenheiten des Handels. Besonders lästig war der Teil in Jicans sauber zusammengestelltem Bericht, mit dem er ihrem Wunsch nach Sklaven von Midkemia entgegentrat. Sie wollte mit deren Hilfe neue Weiden für die Needras herrichten lassen, da die Tiere durch den Schwarm der Cho-ja vertrieben worden waren. Mara seufzte und rieb sich die Stirn.
    Sie war jetzt zu angespannt, um auf ihrer Entscheidung zu beharren, und so stellte sie den Erwerb solcher Sklaven erst einmal bis nach dem Geburtstag des Kriegsherrn zurück. Wenn sie das Treffen auf dem Besitz der Minwanabi überleben sollte, würde sie Zeit genug haben, mit Jicans zögerlicher Haltung fertig zu werden. Doch wenn Jingu von den Minwanabi seine Ziele umsetzen konnte, was das ganze Problem ohnehin nur noch theoretischer Natur. Ayaki würde einen Regenten der Anasati erhalten oder getötet werden, und die Acoma würden geschluckt oder vernichtet werden. Unruhig und gereizt griff Mara nach der nächsten Liste. Zum ersten Mal hoffte sie, Jican würde schnell fertig werden und verschwinden.
    Der Nachmittag war bereits verstrichen, als Jican sich endlich von seiner Herrin verabschiedete. Mara ruhte sich ermattet im abendlichen Schatten aus und verlangte nach kühlen Früchten und

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