Die Stunde Der Woelfe
dem Bus zu Meg zu fahren, war bei Weitem nicht so cool wie auf T.J.s Motorrad.
AuÃerdem dauerte es länger, sodass ich viel Zeit hatte, es mir anders zu überlegen.
Ich hatte keinerlei Beweise. Ich konnte Carl erzählen, was sich letzte Nacht zugetragen hatte, aber ich konnte nicht darauf vertrauen, dass er etwas deswegen unternähme. SchlieÃlich hatte er auch nicht gehandelt, als sich Meg mit Arturo verschworen hatte, um mich umbringen zu lassen â und da hatte er konkrete Beweise gehabt. Andererseits hatte er mich im Grunde genommen gebeten, gegen sie zu kämpfen. Vielmehr sie umzubringen. Ihren Platz einzunehmen. Aber ich wollte nicht Carls Alphaweibchen sein.
Die Dynamik innerhalb des Rudels basierte auf einer wechselseitigen Beziehung. Ich schuldete den Alphatieren, Carl und Meg, völlige Ergebenheit und Hingabe, und sie schuldeten mir Schutz. Ich hatte mich schon seit Langem nicht mehr beschützt gefühlt. Carl schien mehr Wert darauf zu legen, Meg zu schützen als mich. All das Vertrauen war verschwunden. Das Zentrum hielt nicht stand.
Während ich mir bei dem Gedanken, Meg entgegenzutreten,
ziemlich selbstsicher vorgekommen war, glaubte ich nicht, beiden die Stirn bieten zu können. Nicht allein.
Ich musste ihnen erzählen, was letzte Nacht passiert war. Das würde wohl auf einen Kampf hinauslaufen. Wahrscheinlich war ihre Geduld mir gegenüber derart überstrapaziert, dass es sich nicht bloà um einen Werfen-wirsie-ein-bisschen-herum-Dominanzkampf handeln würde. Vielleicht war Meg allein zu Hause.
Ich vermisste T.J. wirklich sehr.
Ich erreichte das Haus. Die Eingangstür war abgesperrt. Niemand daheim.
Meg hatte einen richtigen Job. Sie schaffte es ziemlich gut, eine Art normales Leben aufrechtzuerhalten und arbeitete als Verwalterin in einem Lagerhaus. So kam sie für das Haus, das Auto, die Nebenausgaben auf. Carl arbeitete nicht. Es sah aus, als sei sie noch nicht zu Hause, und Carl war unterwegs.
Die Hintertür war auch abgesperrt. Ich setzte mich an die Wand an der Terrasse und sah zu den Hügeln, zu den vereinzelten Bäumen, deren Zahl in der Ferne zunahm, bis sie zum Wald des Staatsforstes wurden. Die Sonne schien direkt auf mich. Ein warmer, träger Nachmittag, eine leichte Brise brachte den Duft von Kiefern. Ich schloss die Augen, am liebsten hätte ich ein Nickerchen gemacht. Wenn ich nicht zu angestrengt nachdachte, konnte ich den Augenblick genieÃen.
Ich witterte einen Geruch, einen Hauch in der Brise, einen vertrauten Geschmack nach Wolf, nach Rudel. Ich schirmte die Augen ab und sah nach. Jemand war da drauÃen. Nicht in der Nähe. Ich betrachtete die Hügel,
konnte jedoch nichts entdecken, keine noch so kleine Bewegung. Dann war der Geruch verschwunden. Wahrscheinlich ein Echo, ein Schatten. Dieser Ort war voll vom Rudelgeruch.
Carl bog um die Seite des Hauses. Bei meinem Anblick blieb er stehen, ballte die Hände zu Fäusten und machte einen Buckel, warf sich in Positur. Ich warf ihm einen Blick zu, dann wandte ich das Gesicht wieder gen Himmel und sonnte mich.
»Hi Carl.«
»Nach was hast du geschaut?«, fragte er misstrauisch, als glaubte er, ich verheimliche etwas.
»Ich weià es nicht. Ich dachte, ich hätte etwas gesehen. Vielleicht T.J.«
Carl entspannte sich ein wenig und kam weiter auf mich zu. Er lehnte sich an die Mauer, ragte hoch über mir auf. »Ich habe ihn schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Ich weiÃ, dass er gerne umherstreifen geht. Ich dachte, du weiÃt vielleicht, wohin es ihn diesmal verschlagen hat.«
»Er versteckt sich. Die Polizei sucht ihn, weil er Zan umgebracht hat.«
Nach einer Pause sagte er: »Zan ist tot?«
Ich sah ihn an. Ich hatte angenommen, dass T.J. ihm alles erzählt hatte. »Das hast du nicht gewusst?«
»Meg hat mir gesagt, er sei fort. Weggelaufen. Ich dachte, vielleicht sind er und T.J. zusammen weggelaufen.« Er betonte das Wort âºzusammenâ¹ vielsagend. Himmel, selbst wenn Zan schwul gewesen wäre, hatte T.J. einen besseren Geschmack!
»Meg lügt.«
»Warum sollte T.J. ihn umbringen?«
»Zan hat mich angegriffen. T.J. hat mich beschützt.«
»Warum sollte Zan dich angreifen?«, fragte er.
»Meinst du das ernst? Hast du tatsächlich so wenig Ahnung davon, was in deinem eigenen Rudel vor sich geht?«
Seine Schultern verspannten sich, die Nackenhaare richteten sich auf. Dann
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