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Die Stunde Der Woelfe

Die Stunde Der Woelfe

Titel: Die Stunde Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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des Lehrers hin nach Staubpartikeln. Craig, ein unglaublich fitter und begeisterter Student, der aussah, als sei er direkt einer Reality-Show bei MTV entsprungen, rief »Los!«, und das Dutzend Leute in dem Kurs – alles Frauen zwischen zwanzig und vierzig Jahren – kickte drauflos.
    Statt eine bestimmte Kampfsportart zu unterrichten, pickte sich der Kurs dies und das aus etlichen Disziplinen und kombinierte es zu einer Technik, die es uns ermöglichen sollte, einen Angreifer lange genug außer Gefecht zu setzen, damit wir uns Hals über Kopf aus dem Staub machen konnten. Wir bekamen keine Extrapunkte für unseren Stil; wir verbrachten nicht viel Zeit mit mystischer Meditation. Stattdessen übten wir wieder und wieder Bewegungsabläufe, sodass wir uns in einem Moment panischer Angst, in der Hitze des Gefechts, instinktiv bewegen und uns verteidigen könnten. Außerdem war es ein ziemlich gutes Fitnesstraining. Während ich schwer atmete und schwitzte, konnte ich die Welt jenseits des Fitnessstudios vergessen und eine Stunde lang das Gehirn ausschalten.
    Wir wechselten die Seite und kickten nun etwa ein Dutzend Mal mit dem anderen Bein. Dann stemmte Craig die Hände in die Hüften.

    Â»Also gut. Stellt euch in einer Reihe auf, damit wir ein bisschen Sparring üben können.«
    Ich hasste Sparring. In den ersten Stunden hatten wir mit einem Punchingball angefangen. Während die meisten Frauen auf den Punchingball einschlugen und ihn kaum in Bewegung versetzten, brachte ich ihn heftig zum Schwingen. Ich erhielt viele bewundernde Komplimente, was die Kraft meines Oberkörpers betraf. Doch damit hatte es nichts zu tun. Irgendetwas machte Werwölfe stärker als normale Menschen. Ohne das geringste Training, einfach nur, indem ich war, was ich war, konnte ich alle Kursteilnehmer besiegen, und Craig wahrscheinlich ebenfalls.
    Gegen Vampire würde mir das allerdings nichts nützen.
    Das Erlebnis mit dem Punchingball hatte mir gezeigt, dass ich sehr vorsichtig sein musste, wenn ich im Sparring gegen Menschen antrat. Ich wusste nicht, wie viel Kraft ich hatte oder wozu ich in der Lage war. Bei jedem Schlag musste ich mich zurückhalten. Ich wollte niemanden aus Versehen verletzen.
    Im Grunde wollte ich überhaupt niemanden verletzen. Meine Wolfsseite kroch und winselte bei dem Gedanken ans Kämpfen, denn sie wusste, dass Carl es nicht guthieße. Wölfin, ha! Eigentlich sollte ich ein Monster sein. Wild, blutrünstig. Aber ein Monster unten in der Hackordnung des Rudels konnte ungefähr so wild sein wie ein neugeborener Welpe.
    Gehorsam stellte ich mich mit den anderen in einer Reihe auf und biss die Zähne zusammen.
    Wir übten, jemanden zu Fall zu bringen und sich selbst fallen zu lassen. Ein Bein stellen, angreifen, sich fallen lassen,
abrollen, wieder aufstehen und wieder von vorne anfangen. Ich fiel die meiste Zeit hin und schlug auf der Matte auf, bis mir die Zähne klapperten. Das war mir egal. Meine Sparringpartnerin war Patricia, eine alleinerziehende Mutter, die leicht untersetzt war und niemals einen Gedanken an Sport verschwendet hatte, bis es aussah, als könnte ihr achtjähriger Sohn, ein Taekwondo-Wunderkind, bald Jackie Chan verprügeln (wie sie behauptete). Nun wollte sie mit ihm mithalten. Patricia schien die Vorstellung zu genießen, dass sie einen erwachsenen Menschen mit Hilfe von ein paar schnellen Bewegungen zu Fall bringen konnte. Viele Frauen dort mussten ihre kulturelle Konditionierung überwinden, die es ihnen unmöglich machte, anderen Leuten wehzutun oder sich jemandem körperlich entgegenzustellen. Ich war froh, in dieser Hinsicht einen Beitrag zu Patricias Ausbildung leisten zu können.
    Â»Du hältst dich zurück, Kitty.«
    Ich lag wieder einmal flach auf dem Rücken. Als ich die Augen aufschlug, starrte Craig, ein einen Meter achtzig großer Ausbund an blondem Eifer, auf mich herab. Aus dieser Perspektive wirkte er eigenartig verkürzt. Er schien bloß aus Bein zu bestehen.
    Â»Ja«, sagte ich seufzend.
    Â»Komm schon, steh auf.« Er reichte mir die Hand und half mir auf die Beine. »Jetzt will ich, dass du mich einmal quer durch die Turnhalle schleuderst.«
    Er besaß die Unverfrorenheit zu zwinkern.
    Der Rest des Kurses bildete einen Kreis um uns; ein Publikum, das ich nicht wollte und das mich wütend
machte. Die Wölfin hasste es zu kämpfen. Sie war besser darin, sich

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