Die Stunde Der Woelfe
als gehörten sie eigentlich nach Hollywood, und was zum Teufel treiben sie hier â¦Â«
»Lebensmitteleinkäufe?«
»Ja, genau!«
»Eine rege Phantasie ist etwas Wunderbares. Ich spreche jetzt mit dem nächsten Anrufer â hallo?«
»Hi. Ich muss schon sagen â wenn es tatsächlich Vampire gäbe, meinst du dann nicht, dass sie in der Zwischenzeit jemandem aufgefallen wären? Leichen mit Bisswunden, die in Gassen zurückgelassen worden sind â¦Â«
»AuÃer die Berichte des Gerichtsmediziners vertuschen die Todesursache â¦Â«
Es kamen immer mehr Anrufe.
»Nur weil jemand allergisch gegen Knoblauch ist, muss das doch noch lange nicht heiÃen â¦Â«
»Was genau hat es eigentlich mit dem Blut auf sich â¦Â«
»Wenn eine Frau, die ein Werwolf ist, schwanger wird, was würde dann mit dem Baby passieren, wenn sie sich in einen Wolf verwandelt? Würde es sich in ein Wolfsjunges verwandeln?«
»Flohhalsbänder. Und Impfungen gegen Tollwut. Müssen sich Werwölfe gegen Tollwut impfen lassen?«
Dann kam der Anruf . Alles war mit einem Mal anders. Ich
hatte mich linientreu verhalten, hatte die ganze Sache nicht zu ernst, zu real werden lassen. Ich versuchte, ganz normal zu sein, wirklich. Ich gab mir groÃe Mühe, mein echtes Leben â sozusagen mein Tagesgeschäft â nicht mit dem Rest zu vermischen. Ich hatte versucht, das alles nicht auch noch völlig in jene andere Welt abrutschen zu lassen, in der ich mich noch immer nicht sonderlich gut zurechtfand.
In letzter Zeit hatte es sich angefühlt, als kämpfte ich auf verlorenem Posten.
»Hi, Kitty.« Seine Stimme klang erschöpft, matt. »Ich bin ein Vampir. Ich weiÃ, dass du mir glaubst.« Mein Glaube musste die ganze Nacht über in meiner Stimme mitgeklungen haben. Bestimmt hatte er mich deshalb angerufen.
»Okay«, sagte ich.
»Kann ⦠kann ich etwas mit dir besprechen?«
»Sicher.«
»Ich bin ein Vampir. Ich bin vor etwa fünf Jahren angegriffen und gegen meinen Willen verwandelt worden. AuÃerdem bin ich â zumindest war ich das früher â gläubiger Katholik. Es ist echt ⦠schwer gewesen. Mal abgesehen von den ganzen Witzen über Blut und die Eucharistie â ich kann keine Kirche mehr betreten. Ich kann nicht mehr zur Messe gehen. Und ich kann mich nicht umbringen, weil das falsch ist. Die katholische Lehre besagt, dass meine Seele verloren ist, dass ich ein Makel in Gottes Schöpfung bin. Aber Kitty ⦠ich empfinde es anders. Bloà weil mein Herz zu schlagen aufgehört hat, heiÃt das doch noch lange nicht, dass ich meine Seele verloren habe, oder?«
Ich war keine Geistliche. Ich war keine Psychologin. Verdammt noch mal, ich hatte Englisch im Hauptfach studiert! Ich war nicht qualifiziert, jemanden in spirituellen Fragen zu beraten. Doch ich empfand tiefes Mitgefühl für ihn, weil er so traurig klang. Mir blieb nichts anderes übrig, als es zu versuchen.
»Du kannst nicht gerade zum Priester in deiner Gemeinde gehen, um die Sache auszudiskutieren, was?«
»Nein«, sagte er mit einem leisen Lachen.
»Na gut. Hast du je Das verlorene Paradies gelesen?«
»Ãhm, nein.«
»Natürlich nicht, heutzutage liest ja keiner mehr. Das verlorene Paradies ist Miltons groÃartiges Epos über den Krieg im Himmel, die Rebellion der Engel, den Fall Luzifers und die Vertreibung von Adam und Eva aus dem Garten Eden. Nebenbei bemerkt glauben manche Leute, dass zu dem Zeitpunkt Vampire und Lykanthropen entstanden sind â Satans Nachäffung von Gottes gröÃter Schöpfung. Wie dem auch sei, jedenfalls ist Satan in den ersten paar Kapiteln der Held. Er hält lange Monologe über seine Gedanken, seine Gewissensprüfung. Er überlegt, ob er sich an Gott dafür rächen soll, dass der ihn aus dem Himmel verbannt hat. Nachdem man das eine Zeit lang gelesen hat, wird einem klar, dass Satans Hauptsünde, sein gröÃter Fehler, nicht in seinem Stolz oder der Rebellion gegen Gott bestand. Sein gröÃter Fehler war zu glauben, Gott werde ihm nicht vergeben, wenn er ihn um Vergebung bäte. Seine Sünde war nicht nur der Stolz â es war das Selbstmitleid. Meiner Meinung nach muss jeder Einzelne, jeder Mensch, Vampir, was auch immer, auf gewisse Weise
eine Wahl treffen: entweder voll Zorn über das zu sein, was einem zustöÃt, oder
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