Die Stunde Der Woelfe
Richtung.
Ich bedachte sie mit einem wütenden Blick. »Der zerfleischte Tote da unten.«
Sie wartete einen Herzschlag, dann: »Wollen Sie mir etwa sagen, der Kerl sei ein Werwolf gewesen?«
Ich zog mir die Jacke über und griff nach dem Wohnungsschlüssel. »Sollte ich vielleicht einen Anwalt anrufen oder so etwas?«
DrauÃen standen etwa sechs Polizeiautos, zusammen mit dem Lieferwagen des Gerichtsmediziners. Ãberall flatterte gelbes Band, mit dem sie die gesamte StraÃe abgesperrt hatten.
Ein Schwarm Leute mit Plastikhandschuhen drängte sich um Zan; sie entnahmen mit Tupfern Proben und steckten sie in Tütchen. Beweise. Mehr Beweise brauchten sie nicht.
Wir standen zu sehr im Licht der Ãffentlichkeit. Carl hatte mich immer gewarnt, dass dies passieren könnte. Diesmal würde er mich wirklich umbringen.
Cormac und ich wurden in dem schönen Polizeiwagen mitgenommen. Er hatte bereits seinen Anwalt angerufen, der mich seiner Meinung nach ebenfalls vertreten würde, wenn ich ihn darum bat.
Mich überlief ein Schauder, wenn ich daran dachte, welche Art Erfahrung ein Anwalt sammeln musste, der für
Cormac arbeitete. Aber hey, zumindest saà der Kopfgeldjäger nicht im Gefängnis!
Sie steckten Cormac und mich in getrennte Zimmer. Meines ähnelte dem Verhörraum, in dem ich schon einmal gewesen war. Es hatte die GröÃe eines kleinen Schlafzimmers, Anstaltsatmosphäre und keinerlei Charakter. Diesmal bekam ich keinen Kaffee.
Es musste vier Uhr morgens sein. Ich hatte nicht geschlafen, und mir war schwindelig. Ich wollte jemanden um ein Glas Wasser bitten. Die Tür war nicht abgesperrt. Ich öffnete sie, blickte auf den Gang hinaus, konnte aber niemanden entdecken. Mich beschlich das Gefühl, dass auf einmal ein Haufen Polizisten auftauchen würde, falls ich versuchte, mich davonzustehlen. Ich ging in den Raum zurück.
Ich legte den Kopf auf den Tisch und dachte darüber nach, wie beschissen diese Woche gewesen war. Dabei döste ich ein. Als sich die Tür öffnete, fuhr ich überrascht auf. Ich zitterte in meiner Jacke. Nach dem kurzen Nickerchen fühlte ich mich schlechter als vorher.
Der Mann, der hereinkam, war Anfang dreiÃig. Er sah zerknittert aus: nach hinten gekämmtes mattblondes Haar, das einen Schnitt vertragen konnte, Bartstoppeln am Kinn, eine graue Anzugjacke, die zwar passte, aber dennoch irgendwie zu groà wirkte, und eine langweilige braune Krawatte. Er ging vornübergebeugt und trug seine Aktentasche unter dem Arm.
Er trat auf den Schreibtisch zu und zog die Aktentasche hervor, um mir die Hand entgegenzustrecken.
»Hi, Kitty Norville? Ich heiÃe Ben OâFarrell. Cormac sagt,
Sie brauchen einen Anwalt.« Er hatte eine Allerweltsstimme, sprach jedoch selbstsicher und hielt meinem Blick stand.
»Hi.« Zaghaft schüttelte ich ihm die Hand. Ich versuchte, mir ein genaueres Bild von ihm zu machen. Er roch durchschnittlich. Normal. Das Jackett sollte vielleicht mal wieder in die Wäsche. »Ich weià nicht, ob ich einen brauche oder nicht.«
Er zuckte mit den Schultern. »Kann nie schaden, wenn man mit der Polizei zu tun hat. Hier ist meine Karte, mein Honorarsatz.« Er zog eine Visitenkarte aus einer Tasche, einen Stift aus einer anderen, und versuchte sie und die Aktentasche zu balancieren. Dann stellte er die Aktentasche ab, um auf die Karte schreiben zu können, die er mir anschlieÃend reichte.
Das war eine groÃe Zahl. Es war eine Zahl, die pro Stunde galt.
»Sind Sie denn gut?«, fragte ich.
»Cormac ist nicht im Gefängnis.«
Gegen meinen Willen musste ich lächeln. »Sollte er es denn sein?«
Als OâFarrell mein Lächeln erwiderte, sah er wie ein Habicht aus. Das gab mir Zutrauen; jedenfalls solange er auf meiner Seite wäre. Auf einmal war ich froh, dass ich Cormac in jener Nacht, als er in die Sendung geplatzt war, nicht angezeigt hatte.
»Können Sie heute Nacht hier bleiben? Hoffentlich brauche ich Sie nicht länger.«
Er nickte und ging zur Tür.
»Moment.« Ich zuckte zusammen, als mir allmählich
klar wurde, in welchen Schwierigkeiten ich steckte. Er war dabei, die Polizei hereinzulassen. Ich wollte weglaufen. Die Wölfin fing an, sich bemerkbar zu machen, und das konnte ich im Moment gar nicht gebrauchen. »Ich will denen nicht erzählen, was vorgefallen ist.«
Einen Augenblick wirkte er nachdenklich,
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