Die Stunde Der Woelfe
Schlamm aus dem Gesicht zu kratzen. Seine Krallen schneiden ihr ins Gesicht; den Schmerz spürt sie kaum. Er hat sich als niedriger als sie erwiesen, hat sich bloÃgestellt. Hat Angst gezeigt.
Sie öffnet das Maul und zielt so schnell auf seine Kehle, dass er noch nicht einmal zusammenzuckt.
Sie beiÃt, durchbricht Haut. Blut schieÃt ihr ins Maul, strömt warm über ihre Schnauze. Als sie mit den Zähnen sicheren Halt findet, schüttelt sie, reiÃt, zerfleischt, zerrt hin und her, so heftig sie kann. Er ist zu groÃ, als dass sie ihn richtig umherschleudern könnte. Aber sie hat dieses Stück von ihm, und es gehört ihr, und das Blut strömt heià und schnell. Der üppige Geschmack des Blutes lässt sie vor Ekstase schwindeln.
Sein Kampf ebbt zu einem reflexartigen Treten ab, dann nichts mehr.
Blut bedeckt ihrer beider Hals und Brust sowie ihr eigenes Gesicht. Sie leckt sich die Schnauze, dann leckt sie ihn, vergräbt ihre Schnauze in der Wunde, die sie gerissen hat. Sie knurrt immer weiter, während sie in ihn hineinbeiÃt. BeiÃt, reiÃt, kaut, schluckt.
Der tote Körper unter ihr nimmt eine andere Gestalt an, während sie frisst. Das Fell schrumpft und wird zu nackter Haut, die Muskeln schmelzen, die Knochen bilden sich um, bis sie sich in den Hals eines menschlichen Körpers gräbt.
»Norville!«
Krachen. Ein Geräusch wie ein Donnern erhebt sich, und es riecht nach Feuer.
Sie schreckt zurück, macht einen Satz und kommt einen halben Meter weiter zum Stehen, um die Gefahr abschätzen zu können. Ihre Nasenlöcher beben.
Der Mann, der Gefährliche, der Freund, steht dort, den Arm emporgereckt, die Quelle des verbrannten Geruchs in der Hand. Die Waffe.
»Kitty!«, ruft er und kommt auf sie zugestürmt, wobei er grimmige Herausforderung verströmt. Sie trabt ein paar Schritte weit weg und macht wieder kehrt. Starrt ihn an. Meint er es ernst?
Stampfende Menschenschritte nähern sich ihnen. Mehr von ihnen treffen ein, riechen nach Waffen, Angst, Gefahr. Sie richten die Waffen auf sie.
Der Mann schreit: »Hardin, nicht schieÃen! Es ist Kitty!«
Es sind zu viele.
Sie läuft davon.
Sie rennt eine weite Strecke, bis die Welt um sie herum ruhig ist und die Gerüche friedlich. Sie sucht nach Bäumen,
Schutz, behaglichen Düften, findet nichts davon. Sie ist weit von zu Hause weg, kennt den Ort nicht.
Ein Stück trockene Erde in der Ecke zwischen zwei Mauern wird zu einer unbequemen, aber annehmbaren Höhle. Sie ist verletzt â Gesicht, Bein und Schultern tun ihr weh, und sie hat heftige Schmerzen am Rücken. Sie muss sich ausruhen. Sie vermisst die anderen. Da sollten noch andere sein. Da sollte ein Rudel sein, damit sie sich sicher fühlen könnte.
Ihr bleibt nichts anderes übrig, als sich eng zusammenzurollen, dicht in die Ecke ihrer Höhle gedrängt.
Elf
Sirenengeheul weckte mich.
Ich versuchte mich zu strecken und bewegte mich ein paar Zentimeter, bevor der Schmerz mich erstarren lieÃ. Ich stöhnte. Ich hatte das Gefühl, total verkatert zu sein. DrauÃen war es immer noch stockdunkel, mitten in der Nacht; ich hatte also nicht sehr lange geschlafen. Ich brauchte mehr Zeit, um zu schlafen und mich davon zu erholen, dass ich mich zurückverwandelt hatte, bevor es mir wieder besser ging.
Ich beugte meinen Ellbogen weit genug, um den Kopf darauflegen zu können. Zusammengerollt lag ich in einer von einer Backsteinmauer und einem Holzzaun gebildeten Ecke. Ich hatte keine Ahnung, wo ich mich befand. Doch ich konnte Sirenen hören. Polizei, Krankenwagen.
Ich konnte mich gut genug an die Geschehnisse der letzten Stunde oder so erinnern, um nicht völlig verwirrt zu sein.
Ich leckte mir die Zähne und schmeckte Blut. Mein Mund war immer noch blutverschmiert. Ich rollte mich fester zusammen und kniff die Augen zusammen.
Schritte verursachten knirschende Geräusche auf dem Kiesweg.
»Norville. Bist du wach?«
Im Gegensatz zu meinem Mangel an Schamgefühl vorher
kam ich mir jetzt empfindlich nackt vor. Ich zog die Knie an die Brust und schlang die Arme um mich, um meine BlöÃe so gut wie möglich zu bedecken.
Die Schritte verstummten. Ich blickte auf. Cormac kniete ein paar Schritte vor mir. Er hielt mir eine Decke entgegen. Als ich versuchte, danach zu greifen, öffnete sich eine Schnittwunde, die über meinen Rücken verlief. Ich zuckte zusammen
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