Die Stunde Der Woelfe
Streuner, der AusgestoÃene. Sie erinnert sich.
Zum Zeichen, dass sie ihn als Freund betrachtet, wedelt sie mit dem Schwanz.
»Himmelherrgott, ich glaube einfach nicht, dass ich das tue.«
Er sagt das zu ihrem Rücken, denn sie läuft bereits.
Sie sucht nach dem Wolf, der in ihr Revier eingebrochen ist, der Chaos verbreitet hat, den Code verletzt hat. Er hat einen ziemlich groÃen Vorsprung, aber die Nacht ist still, der Boden ist frei, und sie kann ihn riechen, ihn jagen, wie sie es mit einem Kaninchen täte. Die Schnauze dicht über dem Boden, mit rennenden Beinen, flieÃenden Muskeln, beinahe als würde sie fliegen; sie wird ihn finden. Ihr Maul steht ein Stück offen; mit der Zunge schmeckt sie die Luft.
Näher, sie kommt näher. Weiter vorne ist er abgebogen. Sie ist freudig erregt, weil er versucht, sie zu verwirren, sich ihr zu entziehen, aber sie lässt sich nicht an der Nase herumführen. Sie streckt sich ganz durch, läuft noch schneller und biegt um die Ecke.
Er wartet auf sie.
Ergreift an, rennt von der Seite gegen sie an. Ihr bleibt keine Zeit, stehen zu bleiben oder auszuweichen. Er attackiert sie mit seinen Krallen, seine Zähne legen sich um ihre Kehle, und sie rollen in einem Knäuel aus Beinen über den Boden. Knurren hallt wider, das aus dem Bauch aufsteigt und kehlig heiser ist.
Ihr Tempo trägt sie fort von ihm, lässt sie aus seinem Griff und von seinen Zähnen wegrollen, aber sie ist benommen. Sie schüttelt den Kopf. Er zögert nicht, sondern springt auf die Beine und wirft sich wieder auf sie zu. Sie macht sich bereit, die Lefzen von den entblöÃten Zähnen zurückgezogen. Kurz bevor er sie erreicht, bäumt sie sich auf, um ihn zu empfangen; ihre Vorderbeine verkeilen sich um die Schultern
des anderen, Zähne schnappen nach allem in ihrer Reichweite.
Doch er ist so viel gröÃer als sie. Er wirft sie mühelos um; sie fällt auf den Rücken, er auf ihr, ihre Kehle und ihr Bauch sind ungeschützt. Sie windet sich, tritt um sich, versucht verzweifelt, sich zu schützen. Er beiÃt fest zu, mitten in den oberen Teil ihres Vorderbeins, und sie jault auf. Das Schmerzgeräusch bringt sie zur Raserei.
Sie beugt sich vor, schlieÃt die Zähne unter seinem Kiefer, beiÃt fest zu. Blutgeschmack. Er zuckt zurück, und sie dreht sich beim Aufstehen und ergreift sofort die Flucht.
Instinktive Angst treibt sie fort. Sie läuft, will ihm entkommen, doch er ist schneller. Er springt los, erwischt sie am Hinterteil und schleudert sie ausgestreckt zu Boden. Seine Krallen graben sich in ihr Fell, auf der Suche nach Fleisch, er krabbelt über sie und hält sie zu Boden. Eine Erinnerung an Hass und Falschheit dringt an die Oberfläche. Er hat kein Recht, dies zu tun. Er ist ein AusgestoÃener. Aber er ist stärker. Wenn sie sich unterwürfig zeigen, wenn sie winseln und ihm den Bauch zukehren würde, würde er darauf achten? Würde er aufhören?
Sie glaubt es nicht. Er würde sie umbringen.
Das kann sie nicht zulassen. AuÃerdem denkt sie: Er mag vielleicht stärker sein. Aber ich bin besser.
Jene andere Stimme, das Tages-Ich, der Mensch sagt: seine Augen. Zerkratz ihm das Gesicht.
Er klettert auf sie, beiÃt in ihr Fell und die harte Haut an ihrer Schulter auf der Suche nach weichen Stellen, um sie zerreiÃen zu können. Sein Gewicht lastet auf ihr und hält sie unter sich, wie sehr sie auch dagegen ankämpft. Sie wartet,
bis er ihr ganz nahe kommt, bis sein Gesicht an ihrem Genick ist. Dann greift sie an.
Mit weit aufgerissenem Maul wirft sie sich vor. Seine Schnauze ist nach unten gerichtet, in ihren Rückenhaaren vergraben. Sie wirft sich auf den oberen Teil seines Gesichts, so fest sie kann. Ãberrascht weicht er zurück. Sobald sie von seinem Gewicht befreit ist, dreht sich ihr sehniger Körper um. Sie vergräbt ihre Zähne in ihm, sucht nach Halt, beiÃt, verdoppelt ihre Anstrengungen, als ihre Zähne eine weiche Stelle finden, als sie fühlt, wie sein Fleisch zerplatzt, zerfetzt.
Er quiekt, bewegt sich rasch rückwärts. Sie lässt nicht los; er zerrt sie mit sich, weil sie sich mit dem Maul an seinem Gesicht festhält, ihre Eckzähne haben sich in seinen Augenhöhlen festgehakt. Ihr Knurren klingt wie ein Brüllen.
Er beugt sich, den Kopf tief zu Boden geneigt, und schlägt mit den Vorderbeinen nach ihr, als versuche er, sich
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