Die Stunde der Zaem
erstickten Schrei aus und sank vornüber in die Knie.
»Scida!«
Ihre Klingen fanden ein zweites Opfer, streckten es nieder, ohne daß sie selbst auch nur einen Kratzer abbekam.
Die letzte der Amazonen, die sich plötzlich von zwei Seiten zugleich bedroht sah, richtete ihr Herzschwert gegen sich selbst. Niemand konnte es verhindern.
»Der Schwertmond wird siegen…«, brach es aus ihr hervor, bevor sie selbst den Weg alles Vergänglichen wählte.
»Ich hätte sie geschont«, murmelte Gerrek tonlos. »Es gab für sie keinen Grund, das zu tun.«
Scida zuckte mit den Schultern.
»Wahrscheinlich ist es der Einfluß des Regenbogendoms, der sie dazu trieb. Die Kriegerinnen Zaems wissen nichts mehr mit sich anzufangen. Sie verstehen nicht, mit der Magie zu leben, die so deutlich über allem liegt. Für sie mag das alles bedrückend wirken, womöglich gar beängstigend.«
»Dann werden andere ihr folgen?« vermutete Gerrek.
»Über kurz oder lang bestimmt«, nickte Scida. »Wenn Zaem nicht eingreift.«
Der Beuteldrache stieg über die noch immer besinnungslose Serge hinweg. Er zögerte kurz, dann bückte er sich und nahm ihr auch das zweite Schwert ab, um es weit von sich zu schleudern, hinein in das rosa Leuchten des hellen Kreises, das die Klinge gierig verschluckte.
»Damit beraubst du sie ihres letzten Stolzes«, tadelte Scida.
»Und erhalte ihr Leben. Was, meinst du, ist wertvoller?«
Die Amazone schwieg dazu. Es würde schwer sein, Gerrek, der eigentlich ein Mann war, den Sinn des Lebens zu erklären, wie eine Frau ihn empfand, die mit Leib und Seele Kriegerin war. Deshalb versuchte sie es gar nicht erst.
Ihren Weg zur Lichtinsel setzten sie mit größter Vorsicht fort. Mehrmals gewahrten sie Trupps von Amazonen, blieben aber unbehelligt. Je näher sie ihrem Ziel kamen, desto häufiger tauchten auch Fronja-Maiden auf.
3.
Oft hatte er sich vorzustellen versucht, wie es wohl sein würde, wenn er endlich seinem Traum gegenüberstand. Nun, da es soweit war, fehlten ihm die Worte. Eine unerklärliche Unruhe, die ihn zögern ließ, hatte von ihm Besitz ergriffen.
Er wollte auf sie zu eilen, sie in seine Arme schließen und nie wieder freigeben, wollte ihre Lippen auf den seinen spüren, ihren heißen, erregten Atem in seinem Gesicht fühlen… Aber alles, was er in diesem Moment hervorbrachte, war ein tonloses »Fronja!«
Indes schien sie ähnlich zu empfinden. Ihr Blick, eben noch in dem seinen ruhend, wanderte über seinen Körper abwärts und verharrte schließlich auf Alton.
»Du«, sagte sie nur, doch in dem einen Wort schien sich alle Sehnsucht der Welt auszudrücken. Zögernd kam sie näher.
Jetzt endlich war Mythor nicht mehr zu halten. Er eilte auf sie zu, aber ehe er sie erreichte, bemerkte er die Veränderung. Im gleichen Moment verspürte er eine bedrückende Leere in sich.
Das war nicht Fronja, sondern eine ihrer Maiden.
Er hatte sich täuschen lassen, hinreißen von seinen Hoffnungen und Wünschen, seinen Träumen…
»Wer bist du?«
Die Worte kamen schwer über seine Lippen.
Sie senkte den Kopf, wollte an ihm vorüberhuschen, doch er war schneller, ergriff ihren Arm und zog sie zu sich heran.
Mythor wiederholte die Frage - mit Nachdruck und einem drohenden Unterton.
»Rii«, sagte sie. Ihre Stimme ließ keinerlei Regung erkennen.
»Das ist dein Name?«
Sie nickte.
»Warum wolltest du vor mir fliehen?«
»Ich?« Sie dehnte das Wort, als scheine sie nicht zu wissen, daß nur sie gemeint sein konnte.
»Siehst du noch jemanden außer uns?« fuhr er sie an.
»Nein«, erwiderte sie leise.
Er musterte die Maid eindringlich. Zugegeben, sie war eine Schönheit, wie man sie selten fand, aber in ihren Augen stand erschreckender Stumpfsinn geschrieben. Sollte Lankohrs Behauptung von der angeblichen Dummheit der Jungfrauen keineswegs aus der Luft gegriffen gewesen sein?
»Kannst du nicht reden?« fragte er.
»Wieso?«
»Weil du nur einzelne Worte gebrauchst.«
»Du bist mir fremd«, sagte sie. »Solange Fronja schläft, tragen wir die Verantwortung. Deshalb.«
»Sie schläft«, machte Mythor erstaunt. »Wie soll ich das verstehen? Wo ist Fronja?«
Rii blieb stumm. Allerdings unternahm sie einen erneuten Versuch, sich aus seinem Griff zu befreien. Er ließ sie jedoch nicht entkommen.
»Ich bin Mythor, der Sohn des Kometen«, erklärte er.
Schlagartig wurde sie ruhig, schien sich sogar an ihn anschmiegen zu wollen, indes schob er sie mit sanftem Nachdruck von sich.
Ein freudiges
Weitere Kostenlose Bücher