Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1
ich und sah zu ihm auf.
»Stimmt.« Wir schauten uns an, und das Laufen des Wasserhahns bildete die einzige Geräuschkulisse.
Nach einigen Sekunden richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Vase, die überzulaufen drohte. »Ich soll dir sagen, dass du Loft Nummer zwei haben kannst. Aber es wird nicht billig. Ich hoffe, mir zu helfen, wird gut bezahlt.«
»Für dich würde ich auch gratis arbeiten.«
»Für mich?« Ich biss mir auf die Lippe, drehte den Hahn zu und sah wieder zu ihm hoch.
»Du bist was Besonderes.«
»Kommt drauf an, was du damit meinst.«
Statt etwas zu entgegnen, lächelte er versonnen. Ich starrte kurz auf seinen Mund, rief mich innerlich zur Ordnung und stopfte die Blumen in die Vase. »Danke nochmals. Zinnien sind meine Lieblingsblumen«, sagte ich nach kurzem Räuspern.
»Freut mich, dass sie dir gefallen«, erwiderte er, und sein Lächeln wurde sanfter. »Sie haben mich an dich erinnert.«
Wieder starrte ich auf seine Lippen.
Verdammt!
Ich nahm die Vase, und er folgte mir in mein Zimmer und setzte sich in den Ledersessel. Ich hatte gerade auf der Kommode ein bisschen Platz für die Blumen gemacht, als er meinen Namen aussprach.
»Emerson?«
»Ja«, antwortete ich zerstreut.
»Warum hast du Liam Ballard gegoogelt?«
Der Klang seiner Stimme jagte mir einen eisigen Schauer über den Rücken. Ich hörte auf, an den Blumen herumzufummeln, und warf einen vorsichtigen Blick auf sein Spiegelbild. »Weil er der Gründer von Hourglass ist?«
Vielleicht hatte mein Schulterwurf irgendeine Art von Hirnschaden bei ihm ausgelöst. Denn sobald das Wort Hourglass gefallen war, änderte sich sein Gesichtsausdruck und zeigte nicht mehr Besorgnis, sondern Zorn.
»Michael?« Ich drehte mich um. Von Angesicht zu Angesicht war er genauso Furcht erregend wie im Spiegelbild – die braunen Augen fast schwarz und die vollen Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. »Was …«
»Wie hast du Liams Namen gefunden?«, unterbrach er mich.
»Er wurde in einem Artikel über Hourglass und das Bennett …«
»Was hast du noch herausgefunden, als du nach ihm gesucht hast?« Die Frage klang wie ein Vorwurf, der Tonfall war kalt. Diesen Michael kannte ich nicht.
Diesen Michael mochte ich nicht.
»Dass er…«, ich hielt inne und bemühte mich um einen ruhigen Tonfall, »dass er bei einem Feuer ums Leben kam.«
Mit wenigen Schritten durchquerte er das Zimmer. Ich trat unsicher zurück und stieß mit dem Rücken gegen die Kommode.
Er kam mir ganz nah und sah mir direkt in die Augen. »Steck deine Nase nicht in Angelegenheiten, die dich nichts angehen«, sagte er eindringlich, wobei er jedes Wort einzeln betonte.
Mühevoll würgte ich den riesigen Klumpen in meinem Hals herunter. »Willst du mir drohen?«
»Ich will dich warnen«, sagte er und stützte sich auf der Kommode ab. Seine Arme streiften meine Schultern, und ich war froh, dass ich ein T-Shirt trug und kein Top. Direkter Hautkontakt wäre mir in dieser Situation alles andere als hilfreich erschienen. »Vergiss Liam Ballard.«
»Warum?«, fragte ich atemlos. Ich fühlte mich in die Enge getrieben – gleichermaßen gefangen von seinem Blick wie von seinen Armen.
»Tu einfach, was ich dir sage«, befahl er autoritär und herablassend mit stahlharter Stimme. »Ich kümmere mich um Hourglass. Vertrau mir.«
»Tut mir leid, Chef«, sagte ich und schaltete von ängstlich auf zornig um. »Wenn mir einer sagt, ich soll ihm vertrauen, werde ich grundsätzlich misstrauisch.«
»Diesmal bleibt dir nichts anderes übrig.«
Michael blieb reglos stehen, das Gesicht dicht vor meinem. Goldene Sprenkel blitzten in seinen dunkelbraunen Augen auf. Seine Haut war makellos und glatt, mit einem Hauch von Bartschatten, den ich nicht gesehen hätte, wenn er mir nicht so nah gewesen wäre. Es hätte eine wunderschöne Situation sein können, wenn ich nicht vor Wut gekocht hätte.
»Emerson?« Die Frage klang eher wie ein Flehen.
»Also schön«, schnauzte ich ihn an und traf eine Entscheidung. »Und jetzt rück mir von der Pelle .«
Er wich zurück und sah mir prüfend ins Gesicht. Ich fragte mich, ob er sah, wie mein Puls durch meine Halsschlagadern raste. Ich konnte es fühlen. Ich musste nachdenken, und wenn er mir so nah war, konnte ich das nicht.
»Bitte versteh das nicht falsch … Ich will nur …« Die Fingerspitzen noch auf der Kommode, die Augen geschlossen, rang er um die richtigen Worte.
Schnell schlüpfte ich unter seinem Arm
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