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Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1

Titel: Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra McEntire
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hindurch. Es hatte auch Vorteile, wenn man klein war. »Was willst du? Mir Angst machen? Mich auf die Palme bringen?«
    »Beides war nicht meine Absicht.« Er stieß sich von der Kommode ab, um mich anzusehen. »Es tut mir so …«
    »Stopp.« Ich schnitt ihm das Wort ab, bevor er noch mehr sagen konnte. »Ob mit oder ohne Absicht, du hast es getan. Und jetzt solltest du besser gehen.«
    Ich wollte keine Entschuldigung hören. Ich wollte ihn nur aus meinem Zimmer haben.
    Wieder trafen sich unsere Blicke, und unausgesprochene Worte blieben in der Luft hängen. Sein Gesicht spiegelte eine Mischung aus Gefühlen – seine zusammengepressten Lippen drückten Zorn aus, seine Augen Bedauern.
    »Ist sonst noch was?«, fragte ich und hielt die Luft an.
    Er schüttelte den Kopf und verließ wortlos mein Zimmer.
    Erst als ich die Wohnungstür hinter ihm ins Schloss fallen hörte, atmete ich aus.



11. KAPITEL
    A m nächsten Tag zog Michael ein.
    Ich hörte ihn nebenan herumräumen. Die Wände waren gut isoliert, aber das Wetter war frisch und sonnig und die Fenster standen offen. Mein Zimmer und sein Schlafzimmer befanden sich Wand an Wand.
    Na toll. Ich fragte mich, wie ich mit dem Wissen, dass er praktisch neben mir lag, jemals einschlafen sollte. Obwohl er mich am Tag zuvor fuchsteufelswild gemacht hatte, konnte ich nicht abstreiten, dass er eine magische Anziehungskraft auf mich ausübte.
    Was war ich nur für eine blöde Kuh.
    John Lee Hookers unverwechselbare Gitarrenklänge wurden aus Michaels Zimmer zu mir herübergetragen. Schon wieder eine Gemeinsamkeit – auch ich war ein Blues-Fan. Ich saß auf dem Bett, hörte die Musik, während ich den bewegten Schatten des Eichenlaubs vor meinem Fenster zuschaute. Es war ein wunderschöner Nachmittag, perfekt für ein letztes Sonnenbad am See, um vor dem Winter noch ein bisschen Wärme zu tanken. Wenn man ein normaler Teenager war. Da ich der Normalität schon vor einer halben Ewigkeit den Rücken zugekehrt hatte, blieb ich zuhause, als Gefangene meiner Gedanken.
    Obwohl ich Michael versprochen hatte, mich um meine eigenen Angelegenheiten zu kümmern, war die Versuchung groß, meine Hourglass-Recherche fortzuführen. Liam Ballard starb unter mysteriösen Umständen und Michael wollte, dass ich keine Fragen stellte. Warum? Was wollte er verbergen?
    Mein Blick fiel auf Drus Laptop, der immer noch auf dem Fußhocker stand, wie um mich zu verspotten. Würde ich mein Versprechen brechen, wenn ich die Power-Taste drückte und mir ansah, was auf dem Bildschirm erschien?
    Als ich nach dem Laptop greifen wollte, tauchte Jack plötzlich vor mir auf. Vor lauter Schreck hätte ich fast aufgeschrien, doch das offene Fenster und der Gedanke, dass Michael mich hören könnte, ließen mich stumm bleiben. Da ich allein und einsam war, fand ich, dass ein Gespräch mit einem toten Typen vielleicht gar kein so schlechter Zeitvertreib war.
    »Hallo.« Seine Stimme klang sanft und kultiviert.
    »Was geht?«
    »Was … geht?«, fragte Jack.
    »Vergiss es«, sagte ich und schloss das Fenster. Ich lehnte mich an die Fensterbank. »Ich wollte fragen, wie es dir geht.«
    »Besser als dir, glaube ich.«
    »Ja.« Ich seufzte. »Aber freu dich nicht zu früh. Es gehört nicht viel dazu, sich besser zu fühlen als ich.«
    »Oh, das glaube ich ganz und gar nicht.« Jack faltete die Hände hinter dem Rücken. »Du solltest dich nicht selbst kleinmachen.«
    »Soll das etwa ein Witz sein?« Ich streckte die Arme aus und schaute von den Füßen zu meinen Fingerspitzen.
    Er wirkte ein wenig bestürzt, doch dann brach er in warmherziges, ansteckendes Gelächter aus. Ich konnte nicht anders, als mit einzustimmen.
    »Deine Größe lässt dich zart und zerbrechlich wirken wie Spinnweben. Aber die kluge Fliege weiß, dass etwas Zartes auch sehr stark sein kann.«
    Plötzlich wurde mir bewusst, dass er zwar nicht lebendig, aber definitiv männlich war und sich in meinem Zimmer befand. Darüber hinaus hatte er mir soeben das netteste Kompliment gemacht, das ich je bekommen hatte.
    »Und«, sagte ich mit gesenkter Stimme, »gibt es einen bestimmten Grund für deinen Besuch?«
    Jack zuckte die Schultern. »Ich wollte ein bisschen menschliche Gesellschaft haben, es sei denn du findest meine Anwesenheit aufdringlich.«
    Ich dachte über seine Worte nach und überlegte, ob ich mich bedrängt fühlte. Wäre er lebendig gewesen, hätte ich ihn wahrscheinlich als Stalker betrachtet. Machte ihn die Tatsache, dass er ein

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