Die Stunde der Zeitreisenden: Hourglass 1
ist großartig. Dru hat mir mit Hausarrest gedroht, für den Fall, dass ich ausziehen will. Angeblich kennt sie einen Polizisten, der ihr elektronische Fußfesseln besorgen kann.«
Lily lehnte sich graziös zurück. Sie würde niemals in einem Sessel stecken bleiben. »Familie ist echt wichtig«, sagte sie wehmütig.
Wir zwei teilten das Schicksal, ohne Eltern zurechtkommen zu müssen. Ihre Eltern waren am Leben, doch da ihr Vater mit der Regierung in Konflikt geraten war, hatten er und ihre Mutter in Kuba zurückbleiben müssen. Abgesehen von ein paar weit entfernten Verwandten in Südflorida hatte sie weniger Familienmitglieder als ich.
»Irgendwas Neues von deinen Eltern?«
»Nein. Seit Weihnachten kein Wort.« Ihre Augen füllten sich mit Traurigkeit, die mir vertraut war. Wie immer, wenn ihre Familie zur Sprache kam, wechselte sie hastig das Thema. »Du hast mir noch gar nichts von der Restauranteröffnung erzählt. Raus damit – hast du irgendwelche Eroberungen gemacht?«
»Nee.«
Ihr Blick verriet, dass sie mir kein Wort glaubte. »Die Antwort kam ein bisschen zu schnell.«
»Wann habt ihr eigentlich mit dem Verkauf eurer eigenen Marke angefangen?«, fragte ich ausweichend und studierte die Preise für frischgeröstete Kaffeebohnen.
»Letztes Frühjahr. Und jetzt raus mit der Sprache, ich wette, du hast jemanden kennen gelernt.« Sie rutschte erneut auf die Stuhlkante und beugte sich gespannt nach vorn.
»Ja, schon.« Lily kannte mich zu gut. Sie würde keine Ruhe geben, bis ich ihr die Wahrheit sagte. »Aber es hat keinen Sinn, darüber zu reden. Er ist tabu.«
»Warum?«, fragte sie enttäuscht. »Erzähl mir bloß nicht, dass er eine Freundin hat.«
»Es geht um eine von Thomas’ Regeln – der Typ arbeitet sozusagen für uns. Außerdem ist er älter als ich, wenn auch nur ein paar Jahre. Thomas tut so, als ob’s nach dem Highschoolabschluss mit Riesenschritten ins Altenheim gehen würde. Es ist nur so, jedes Mal, wenn wir uns treffen, sind da all diese verrückten …« Da ich keine vernünftige Erklärung hatte, fuchtelte ich hilflos in der Luft herum. Ich wollte ihr schon erzählen, dass wir fast die gesamte Stromversorgung der Phone Company lahmgelegt hätten, aber dann beschloss ich, diesen Zwischenfall lieber für mich zu behalten. »Er hat einfach diese … magische Anziehungskraft.«
Und das machte mir eine Höllenangst.
»Das ist wunderbar für dich, Em«, sagte Lily leise. Sie wusste, wie schwer es mir manchmal fiel, eine Beziehung zu anderen Menschen aufzubauen. »Wenn es wirklich eine Bindung zwischen euch gibt, meinst du nicht, dass Thomas Verständnis hätte und eine Ausnahme machen würde?«
»Ich weiß nicht, ob es auf Gegenseitigkeit beruht. Außerdem denkt Michael, glaube ich, genauso wie Thomas. Er hat mich drauf hingewiesen, dass man Arbeit und Vergnügen nicht vermischen sollte.«
»Michael«, hauchte Lily versonnen und fing an zu kichern. »Schöner Name. Ihr könntet’s natürlich wie Romeo und Julia machen, wenn es nicht anders geht, und eure Liebe geheim halten.«
»Ja. Das hat ja auch wunderbar geklappt. Es gibt keine Liebe, Lily.« Und für mich würde es wahrscheinlich niemals eine geben. Da mochte Dru noch so viel protestieren – ich glaubte nicht, dass ich irgendetwas zu geben hatte.
»Abi ist wieder da. Lass uns mit ihr reden. Ich wette, du brauchst nicht mal den Bewerbungsbogen auszufüllen.«
»Ich seh sie nicht.« Ich verrenkte mir den Hals. Zwei Sekunden später kam sie durch die Küchentür. »Okay«, sagte ich zu Lily.
Lachend stand sie auf, um die Küche anzusteuern.
»Lily?« Sie drehte sich zu mir um. Ich deutete auf den Sessel. »Hilfst du mir endlich hier raus?«
13. KAPITEL
T homas wollte Der Pate sehen. Wieder einmal. Aber diesmal weigerte ich mich zu kapitulieren.
»Aber mein Lieblingsfilm ist Die Nacht vor der Hochzeit .« Auf seinen Protest hin änderte ich meine Taktik. »Deine Frau erwartet ein Kind; du musst auf ihre Bedürfnisse eingehen.«
»Sie hat Recht, Thomas. Und Gewalt ist nicht gut fürs Baby.«
»Der kleine Wurm hat noch nicht mal Fingernägel – woher soll er wissen, dass wir uns einen Mafia-Film ansehen?«
»Sie wird genauso sensibel wie ihre Mutter.« Dru schaute ihn mit großen Augen an. »Das Risiko willst du doch sicher nicht eingehen?«
Die Vorspannmusik der alten Filmkomödie begann, und als ich gerade mit der Popcornschüssel in der Hand aus der Küche kam, läutete es an der Tür. Ich rief: »Ich
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