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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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Deshalb müssen wir Sie bitten, sich den Lieferwagen genau anzusehen. Vielleicht kennen Sie ihn und können uns bei der Identifizierung helfen. Würden Sie mir bitte folgen!»
    Fabrizio stand ein paar Schritte abseits und rang verzweifelt die Hände. «Es dauert wirklich nur ein paar Minuten, Dottore. Dann können Sie sofort weiterfahren mit der Signora, sofort, Dottore!»
    Er scheint die Bewohner von Il Bosco zu kennen, dachte Laura. Anscheinend handelte es sich um ein verwöhntes Völkchen, das exklusive Rechte für sich in Anspruch nahm.
    Guerrini und Laura folgten den Polizisten hinter das Häuschen. Offenbar hatte man den Lieferwagen hierher geschleppt. Das Dach der Fahrerkabine war eingedrückt, die Frontscheibe zersplittert, der Fahrersitz blutbefleckt. Sorgsam beleuchteten die beiden Polizisten das Fahrzeug mit starken Taschenlampen. Guerrini warf einen Blick auf das Nummernschild und runzelte die Stirn.
    «Nein», sagte er, «diesen Wagen habe ich noch nie gesehen. Wir sind außerdem erst vor zwei Tagen hier eingetroffen und kennen niemanden.»
    «Aber Sie kennen den Wärter!» Der Carabiniere richtete den Strahl seiner Lampe jetzt auf Guerrini.
    «Fabrizio? Ja, den kenne ich. Allerdings habe ich ihn vor zehn Jahren zum letzten Mal gesehen. Bei meinem letzten Urlaub in Il Bosco .»
    «Was ist der Zweck Ihres Aufenthalts?»
    Guerrini kniff die Augen zusammen. «Urlaub, Tenente. Ganz einfach Urlaub.»
    «Eine ungewöhnliche Zeit für Urlaub, finden Sie nicht?» Der Offizier hatte sich offensichtlich festgebissen.
    «Manchmal kann man es nicht anders einrichten, Tenente. Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie die Lampe etwas mehr nach rechts oder links halten würden?»
    «Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn Sie mir Ihren Ausweis zeigen würden!»
    «Nein!» Guerrini griff in sein Jackett.
    «Stopp! Ziehen Sie Ihre Hand ganz langsam wieder heraus!»
    «Übertreiben Sie nicht ein bisschen, Tenente?» Guerrinis Hand samt Brieftasche erschien ganz langsam. «Soll ich die Hände hochhalten?»
    «Lassen Sie die Witze!»
    Laura fragte sich, warum Angelo sich nicht als Commissario auswies. Er schien diesen Auftritt zu genießen. Sie selbst hielt ihren Reisepass längst bereit, aber auch sie hatte ihren Dienstausweis in der Tasche gelassen. Mitunter war es besser, wenn man auf der anderen Seite stand. Man konnte mehr sehen. Jetzt streckte der Carabiniere ungeduldig die Hand in ihre Richtung, und Laura reichte ihren Pass hinüber, lächelte ihm sogar zu.
    «Tedesca», sagte er leise zu seinem Kollegen.
    «Stimmt irgendwas nicht mit dem Lieferwagen?», fragte Laura. «Ich meine, weil Sie ungewöhnliche Fragen stellen.»
    «Sie sprechen italienisch?»
    «Ja.»
    «Was meinen Sie mit ungewöhnlichen Fragen?» Jetzt leuchtete er sie an.
    «Na ja, nach dem Zweck unseres Urlaubs und so. Das hier ist ein exklusives Resort, und ich denke nicht, dass wir begründen müssen, warum wir im Oktober Urlaub machen.»
    Sie konnte sein Gesicht nicht erkennen, doch sie spürte, dass sie ihn getroffen hatte.
    «Signora!» Er räusperte sich. «Ich weiß nicht, wie es in Deutschland ist, aber hier stellt die Polizei die Fragen, die sie für richtig hält. Der Fahrer dieses Lieferwagens ist unter außerordentlich seltsamen Umständen aus dem Krankenhaus verschwunden. Die Ärzte halten es für ausgeschlossen, dass er unter Schock einfach so wegläuft.»
    «Aber was ist denn dann passiert?»
    «Das versuchen wir herauszufinden. Vielleicht hat ihn ja jemand herausgeholt!»
    «Weshalb sollte jemand das tun?»
    «Dafür könnte es viele Gründe geben, Signora.»
    «Interessant!», fiel Guerrini ein. «Können Sie uns welche nennen?»
    «Nein, Dottore Guerrini. Aber Sie können sicher sein, dass die Ermittlungen bereits laufen.»
    «Das ist beruhigend. Es wäre unangenehm, irgendwelche dunklen Elemente im Resort zu wissen. Sehr unangenehm. Sehen Sie, Tenente, man macht nicht ohne Grund hier Urlaub. Il Bosco gilt als sicher, und dafür bezahlt man.»
    Bitte übertreib nicht so, dachte Laura. Die armen Polizisten kriegen gleich einen Anfall von Klassenhass, und dann wird es nichts mit unserem Abendessen.
    Der Carabiniere ging nicht auf Guerrinis Bemerkung ein, er gab die Ausweise zurück, fragte nur, welches der Häuser sie gemietet hätten, und nickte, als er den Namen Colalto hörte.
    «Grazie, Sie können fahren.» Er bemühte sich um Höflichkeit und drehte ihnen dann schnell den Rücken zu.
    «Grazie e buona sera», murmelte Laura und

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