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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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sera», sagte er sofort. «Darf ich auch etwas fragen? Wie weit müssen Sie im Schnitt rausfahren, um einen guten Fang zu machen?»
    «He, was ist das hier? Bin ich ein Auskunftsbüro? Wir fahren circa hundert Seemeilen weit, manchmal mehr, manchmal weniger.»
    «Ist es gefährlich?»
    Tibero spuckte ins Wasser.
    «Seefahrt ist immer gefährlich!» Er kletterte über die Reling, sprang neben Laura und Guerrini an Land und begann die Leinen der Medusa loszumachen.
    «Gibt es da draußen eigentlich auch Flüchtlingsschiffe? Ich meine, solche wie vor Sizilien und Lampedusa.»
    Tibero richtete sich auf und warf Guerrini einen scharfen Blick zu. «Und wo sollen die herkommen, eh? Aus Korsika etwa?» Er lachte laut.
    Guerrini kniff leicht die Augen zusammen und schaute in Richtung des Leuchtturms am Eingang des Hafens. «Ich habe gehört, dass kürzlich weiter im Norden ein toter Araber am Strand gefunden wurde. Und das sei nicht das erste Mal gewesen. Vielleicht ist es ja nur ein Gerücht. Die Leute reden viel.»
    Tibero verharrte ein paar Sekunden lang reglos, ehe er weiter die Knoten der Taue löste und wieder an Bord kletterte.
    «Wo soll das gewesen sein?» Er tat nur halb interessiert, während er seine Taue aufwickelte.
    «Irgendwo weiter nördlich in der Bucht. Da ist übrigens auch einer der Wärter von Il Bosco verschwunden. Komische Sache, nicht?» Guerrini spielte den naiven Neugierigen und machte seine Sache nicht schlecht, fand Laura.
    «Und was haben Sie damit zu tun?» Tibero stützte beide Hände auf die Reling und starrte düster auf Guerrini herab.
    «Nichts, eigentlich. Ich mache hier nur Urlaub.»
    «Dann machen Sie Urlaub und kümmern sich um Ihre eigenen Angelegenheiten. Verstanden? Wir haben hier genügend Schwätzer. Da schauen Sie, da kommen schon welche!» Tibero wies auf eine Gruppe von alten Männern, die auf die Medusa zusteuerte. Er rannte zum Heck des Kutters, drehte den Motor auf und legte ab, ohne Laura und Guerrini noch eines Blickes zu würdigen.
    «Ich denke, es wird Zeit, die Sache etwas ernsthafter anzugehen», murmelte Laura, als sie dem Kutter nachschaute, dessen Schiffsschrauben das braune Hafenwasser aufwirbelten. Guerrini nickte. «Er wird auf der anderen Seite nahe der Brücke anlegen. Da ist der Liegeplatz der Medusa . Wir sollten ihn dort erwarten.»
    «Warum hast du den toten Araber erwähnt?»
    «Weil ich Tibero ein bisschen in Fahrt bringen will.»
    «Interessant: Du hast den Toten bisher nie wirklich in Zusammenhang mit den anderen Geschichten gebracht.»
    «Hab ich das nicht?»
    «Verdammt nochmal! Was spielen wir hier eigentlich, Angelo?»
    «Urlaub. Wir spielen Urlaub.»
    Ehe Laura antworten konnte, lief er zum Lancia zurück, winkte heftig und schrie: «Beeil dich, sonst ist er weg, der schöne Tibero!»
    Aber Laura lächelte den alten Männern entgegen, wünschte ihnen einen schönen Abend und fragte, in welcher Bar sie später zu finden wären, weil sie sich gern mit ihnen über den Fischfang unterhalten würde. Sie lachten verlegen, drucksten ein bisschen herum, wiesen dann aber über den Hafen nach Süden.
    «Auf der anderen Seite der Brücke ist unsere Kneipe. Links an der Hauptstraße, gegenüber der Tankstelle. Da trinken wir später einen. Jedenfalls die meisten hier.» Es war der große hagere Alte, der vor ein paar Tagen mit Tibero gestritten hatte. Laura erinnerte sich genau an ihn. «Was wollen Sie denn von uns, Signora?»
    «Einfach nur reden. Über das Meer und wie es sich verändert hat. Ihr werdet das am besten wissen.»
    «Sind Sie Journalistin oder Forscherin?»
    «So was Ähnliches! Danke, wir sehen uns später!» Laura verbeugte sich vor den Alten und rannte hinter dem Lancia her, der bereits langsam rollte. Kaum saß sie auf dem Beifahrersitz, gab Guerrini Gas.
    «Er wird nicht auf uns warten! Der weiß genau, dass wir mit seinen Antworten nicht zufrieden sind.»
    Kurz vor der Brücke standen die Autos. Es war kein großer Stau, hielt sie nur ein paar Minuten lang auf, trotzdem machte er Guerrini nervös. Über das Wasser hinweg konnten sie die Medusa und Tibero sehen. Der Fischer war gerade dabei, den Kutter wieder zu vertäuen, und schien es eilig zu haben.
    «Fährt der eigentlich allein raus?» Guerrini bremste knapp hinter einem Ape-Dreirad, das mühsam die Steigung zur Brücke nahm. «Das kann der doch gar nicht. Netze auswerfen, einholen und das Boot lenken.»
    «Ich hab keine Ahnung, Angelo. Ich war noch nie Fischer. Aber ich glaube, es ist

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