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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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den Spuren von Angelos Kindheit, und da tun sich hin und wieder Abgründe auf.»
    «Das ist mit allen Kindheiten so, Laura. Wie sollte es auch anders sein. Deshalb ist es manchmal besser, nach vorn zu schauen und nicht so sehr zurück!»
    «Ach, du bist schon wieder so weise, babbo.»
    «Wäre schlimm, wenn ich’s noch immer nicht wäre.» Der alte Gottberg kicherte vergnügt.
    «Gut drauf bist du auch.»
    «Durchaus.»
    «Dann lass ich dich jetzt wieder allein. Grüß die Kinder, wenn du sie siehst, und pass auf dich auf. Wir brauchen wenigstens einen Weisen in der Familie!»
    «Grüß den Commissario und genieß deine Freiheit, Laura. Servus.»
    «Servus, babbo.»
    Laura liebte diesen römisch-bayerischen Gruß. Sie schickte einen symbolischen Kuss in Richtung Norden und kniete dann nieder, um die kleine Katze mit einem Grashalm zu locken. Zur Hölle mit der Mafia!
     
    Als Laura endlich zu Guerrini und Tuttoverde zurückkehrte, fand sie beide in ein ernstes Gespräch vertieft.
    «Störe ich?»
    «Aber nein!» Tuttoverde sprang auf und rückte ihr den Stuhl zurecht.
    «Grazie. Ich habe gerade erfahren, dass die beiden Schweizer – unsere Nachbarn in Il Bosco – von der Polizei beobachtet werden, weil sie möglicherweise in illegalen Kunsthandel verwickelt sind.»
    «Wanner und Stamm, nicht wahr? Wir haben die beiden auch schon länger im Auge.» Tuttoverde rief nach einem zweiten Caffè.
    «Dann kennen Sie auch Ruben?»
    «Nein, dieser Ruben ist neu. Angelo hat gerade von ihm erzählt. Gibt es da noch etwas, das ihr beide wisst?»
    «Nur, dass dieser Wärter Orecchio verschwunden ist», erwiderte Guerrini schnell.
    Er will den toten Araber verschweigen, dachte Laura. Na gut, verschweigen wir ihn.
    «Eine merkwürdige Geschichte», murmelte Tuttoverde. «Entweder haben ihn die eigenen Leute kassiert, oder er ist einfach abgehauen und hat die letzte Lieferung mitgenommen.»
    «Welche Lieferung?», fragte Laura.
    «Ach so, Sie waren ja nicht da, Laura. Angelo habe ich es schon erzählt. Il Bosco ist in unregelmäßigen Abständen spät nachts oder am frühen Morgen, wie man es halten will, von verschiedenen Lieferwagen angefahren worden. Allerdings konnten wir nicht nachweisen, dass sie zum Haus von Wanner und Stamm fuhren.»
    «Woher wissen Sie das mit den Lieferwagen?»
    «Das wiederum würde ich ungern verraten, denn es geht hier um Zeugen, die sich möglicherweise in Lebensgefahr befinden. Und nach allem, was ich von Angelo gehört habe, würde ich euch beiden empfehlen, sehr vorsichtig zu sein. Die haben offensichtlich bemerkt, dass ihr euch Gedanken macht. Und diese Art von Leuten mag es nicht, wenn sich jemand Gedanken macht.» Er stürzte den zweiten Cappuccino hinunter, den der Graugesichtige vor ihn gestellt hatte. «Tut mir leid, wenn ich euch jetzt allein lassen muss. Aber meine Verabredung ist sehr wichtig. Ich werde es gerade noch schaffen, wenn ich schnell fahre!» Er sprang auf, verbeugte sich, winkte mit hocherhobenem Arm und verschwand in einer schmalen Lücke zwischen den Häusern.
    «Du hast ihm nichts von dem toten Araber erzählt?»
    Guerrini schüttelte den Kopf und lehnte sich zurück.
    «Warum nicht?»
    «Weil er seinen sogenannten Zeugen nicht genannt hat. Er hat auch nicht verraten, dass da irgendwo ein verdeckter Ermittler herumläuft. Ich bin sicher, dass er sich mit genau dem heute trifft.»
    «Und was soll das Versteckspiel?»
    «Entweder will er uns schützen, oder er traut uns nicht. Könnte daran liegen, dass mein Vater Geschäfte mit Colalto macht. Ach, ich weiß nicht. Vielleicht will er auch einfach nicht mit uns zusammenarbeiten.»
    «Was hat das mit dem toten Araber zu tun?»
    «Ich wollte es ihm einfach nicht sagen.»
    «Weil wir es nicht gemeldet haben?»
    «Ja, auch deshalb.»
    «Glaubst du nicht, dass er längst von dem Toten weiß?»
    «Könnte sein, aber ich bin mir nicht sicher.»
    «Traust du ihm nicht?»
    «Ich hatte eher den Eindruck, dass er mir nicht traut.»
    «War das schon früher so?»
    «Nein, wir haben früher hervorragend zusammengearbeitet.»
    «Woran liegt es dann?»
    «Ich sagte doch schon, dass es an meinem Vater liegen könnte. Außerdem riecht das hier nach Mafia. Da traut man niemandem.»
    «Glaubst du wirklich, dass es so einfach ist? Liegt es nicht einfach daran, dass Tuttoverde etwas von uns weiß und wir uns bedeckt halten? Falls es so ist, dann hat er doch völlig recht, wenn er vorsichtig ist.»
    «Natürlich, die ganz normale Paranoia von

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