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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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mehr erzählen.» Guerrini öffnete die Türen des Lancia und stieg schnell ein. «Ich hab gesehen, dass er Richtung Hafen gegangen ist. Los, komm schon!»
    Laura ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.
    «Darf ich dich etwas fragen, ehe du losfährst? Du hast angedeutet, dass dein Vater in eine unklare Geschichte verstrickt ist, die mit Colalto und dem Keramikhandel zusammenhängt. Willst du wirklich weitermachen? Wir sind dabei zu ermitteln, Angelo! Ist dir das eigentlich bewusst?»
    Guerrini hielt mit beiden Händen das Steuer fest, legte kurz den Kopf in den Nacken und atmete tief ein.
    «Ich will, und ich will nicht. Ich habe das völlig irrationale Gefühl, dass es nicht so schlimm wird, wenn ich herausfinde, was da läuft.»
    «Nicht so schlimm für ihn oder für dich?»
    «Beides.»
    «Und wenn du ihn einfach fragst?»
    «Er wird mir nicht antworten.»
    «Bist du sicher?»
    «Natürlich! Sonst hätte er mir schon längst erzählt, dass er seine verflixten Madonnen über Neapel nach Amerika bringen lässt. Er war sowieso dagegen, dass ich Polizist geworden bin. Keramikhändler hätte ich werden sollen und Geschäfte mit Colalto machen. Das wär’s gewesen!»
    «Mein Vater war auch nicht begeistert, dass ich zur Polizei gegangen bin und mein Studium abgebrochen habe.»
    «Lass uns später darüber reden, Laura. Ich will unbedingt diesen Luciano erwischen!»
    Langsam rollte der Lancia auf die Hafenbrücke zu. Von Luciano war nichts zu sehen, doch als sie über verwinkelte Einbahnstraßen den Marktplatz von Portotrusco erreichten, bog der hagere alte Mann gerade in den Fußweg zur Oberstadt ein. Sie ließen den Wagen einfach stehen und folgten Luciano in einigem Abstand.
    Zwischen Hinterhöfen und Gärten wand sich der Weg steil am Felsen unterhalb der Burg entlang und eröffnete bald einen weiten Blick über das nachtschwarze Meer und den Hafen. Das Klingeln von Bootsmasten, die im Wind schwankten, klang bis zu ihnen herauf. Vertrocknete Blütenstände riesiger Agaven ragten wie Telefonmasten in den Himmel. Nur jede zweite Neonlampe am Weg funktionierte oder verbreitete wenigstens ein mattes Flackern.
    Nach wenigen Metern sahen Laura und Guerrini den alten Mann vor sich. Beide Arme auf die Mauer gestützt, lehnte er in einer der scharfen Kehren und schaute auf die Unterstadt. Als er ihre Schritte hörte, wandte er sich um. Er stand sehr aufrecht, mit dem Rücken zur Mauer, als erwarte er einen Angriff.
    «Hallo Luciano. Ich bin es … Laura. Bella Laura. Das hier ist mein Freund Angelo.»
    Lauras Stimme schien ihn nicht zu beruhigen. Mit seiner rechten Hand umklammerte er einen losen Stein.
    «Was wollt ihr?»
    «Tut mir leid, Luciano. Wir hätten nicht so hinter Ihnen herjagen dürfen. Aber Sie sind so schnell aus der Bar verschwunden … wir wollten uns einfach noch länger mit Ihnen unterhalten.» Guerrini blieb in respektvoller Entfernung zu dem Alten stehen.
    «Was sollten wir miteinander reden, eh? Wir kennen uns nicht. Man macht ein Späßchen miteinander, und das reicht. Ihr könnt alles Mögliche sein! Spioniert hinter Tibero her, das hab ich schon kapiert. Und jetzt hinter mir. Am Ende gehört ihr zu dem mit dem Siegelring. Nein, nein! Ich rede nicht mit euch.»
    «Der mit dem Ring hat mir nicht gefallen.» Guerrini lehnte sich ebenfalls an die Mauer.
    «Du willst mich reinlegen, was? Jetzt soll ich sagen, dass er mir auch nicht gefällt, wie? Und dass er niemandem gefällt, vielleicht auch noch? Sag ich aber nicht! Selbst wenn du ein Poliziotto wärst, würd ich es nicht sagen.» Luciano nickte heftig.
    «Warum regst du dich eigentlich so auf?»
    «Ich reg mich nicht auf! Ich will nur nicht, dass ihr hinter mir herlauft, und ich will nicht mit euch reden! Basta!» Luciano schaute an Laura und Guerrini vorbei den Weg hinab, als hoffte er, dass ein anderer Fußgänger ihm zu Hilfe kommen würde.
    «Angst?»
    «Vor was denn, eh?»
    «Na, als der mit dem Ring auftauchte, war plötzlich Stille, alle sind herumgeschlichen wie Hunde, die einen Tritt bekommen haben.»
    «Dem gehört die Bar, und es ist ganz gut, wenn er manchmal für Ruhe sorgt. Da wird viel Mist verzapft!»
    «Kann ich mir vorstellen.»
    «Außerdem ist er ein Freund von Tibero. Ach, was red ich denn!»
    «Hat Tibero wirklich geerbt?»
    «Was weiß ich. Jedenfalls sagen das alle. Keine Ahnung, von wem das Gerücht stammt? Wahrscheinlich stimmt es. Ich geh jetzt!»
    Luciano tappte weiter den steilen Weg hinauf und verschwand durch einen

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