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Die Stunde der Zikaden

Die Stunde der Zikaden

Titel: Die Stunde der Zikaden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Mayall
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und gründlich abschließen.»
    «Du willst dich also einschüchtern lassen. Das ist doch genau das, was sie die ganze Zeit versuchen! Ein Einbruch, dunkle Andeutungen, der Pflug und jetzt der Überfall auf den alten Mann. Das sind die Methoden, die ich dir vorhin geschildert habe!»
    «Ja, das sehe ich inzwischen genauso. Aber vielleicht sollten wir vermeiden, ihnen ins Messer zu laufen. Ich wette mit dir, dass sie die Medusa nicht aus den Augen lassen, weil sie davon ausgehen, dass wir dort auftauchen. Deshalb müssen wir nach Hause fahren. Wenn wir sie schlagen wollen, dann müssen wir genau das Gegenteil von dem machen, was sie erwarten! Außerdem bin ich todmüde und habe Urlaub!»
    «Du bist unglaublich, Laura. Erst analysierst du die Lage, dann erklärst du, dass du müde bist. Fehlt nur noch, dass du sagst: Scheißmafia!»
    «Dann sag ich es jetzt: Scheißmafia! Hast du Tuttoverdes Handy-Nummer? Vielleicht solltest du ihn anrufen und ein paar Dinge erklären.»
    «Ich denke darüber nach.»
    Wachsam kehrten sie auf dem schlechtbeleuchteten Weg entlang der Burgmauer zur Unterstadt zurück. Der Lancia war noch da, doch irgendwer hatte rote Farbe über ihn gekippt. Er wirkte wie ein Schwerverletzter. Guerrini fluchte nicht. Zweimal umrundete er seinen Wagen, dann öffnete er wortlos den Kofferraum, holte einen Lappen heraus und begann die Windschutzscheibe zu säubern.
    «Vielleicht sollten wir doch nach Rom fahren», murmelte er. «Irgendwie erinnert mich diese Farbe an Domenica.»
    Portotrusco lag da wie ausgestorben. Kein Mensch war zu sehen, nicht einmal eine Katze. Der einzige Laut war noch immer das Klingeln der Schiffsmasten, das vom Hafen herüberklang. Alles konnte hier geschehen, und niemand würde etwas sehen oder hören.
    Später, als sie nebeneinanderlagen, sagte Laura, dass es wahrscheinlich ein Fehler gewesen sei, den Toten am Strand nicht der Polizei zu melden.
    Guerrini antwortete nicht, starrte an die Decke.
    «Vielleicht auch nicht. Unser Urlaub wäre völlig anders verlaufen als bisher. Eigentlich habe ich es genossen. Nur jetzt wird es ein bisschen ungemütlich.»
    «Es war ein Fehler», murmelte er. «Und es wird noch wesentlich ungemütlicher werden!»
    Trotzdem schlief er kurz danach ein, während Laura noch lange wach lag und sich wieder einmal fragte, wie Männer es schafften, selbst in schwierigsten Situationen zu schlafen. Auch Ronald, ihr Ex, hatte diese Fähigkeit besessen und sogar ihr Vater Emilio Gottberg. Ronald hatte es mehrmals fertiggebracht, sogar vor dem Start im Flugzeug in Tiefschlaf zu versinken, während alle anderen verstohlen die Armstützen umklammerten und die Luft anhielten.
    Manchmal hatte sie ihn um diese Fähigkeit beneidet. Ihr selbst fiel es schwer, einfach abzuschalten, die Umwelt auszublenden, sich auszuklinken. Eigentlich hatte sie es in diesen Ferien üben wollen. Ein bisschen war es gelungen, unter der zerfledderten Pinie, im Bad mit Rosmarinzweigen. Aber nicht in dieser Nacht, obwohl sie sich erschöpft fühlte. Wieder lauschte sie auf die Geräusche wie ein Wachhund, wachte über Angelos Schlaf. Und sie dachte an ihre heftige Umarmung, wünschte sich, dass es immer wieder solche Begegnungen zwischen ihnen geben würde. Für alle Ewigkeit.

 
    KRIMINALTECHNIKER, Gerichtsmediziner und die behandelnden Ärzte des Krankenhauses von Grosseto identifizierten den Toten vom Monte Argentario als Fahrer des weißen Lieferwagens, der aus der Klinik verschwunden oder geflohen war. Außerdem bestand kein Zweifel daran, dass der Mann ermordet worden war. Allerdings hatten die Carabinieri noch immer keinerlei Anhaltspunkte, um wen es sich handelte, da man im Wagen selbst weder Papiere noch Ausweise gefunden hatte. Fest stand nur, dass der Mann mitsamt einem Fahrzeug von den Klippen am Monte Argentario gestürzt worden war. Und wenn sein Körper im Fahrzeug geblieben wäre, dann hätte man ihn möglicherweise nie gefunden oder bergen können. Da er aber beim Aufprall offensichtlich herausgeschleudert worden war, hatte der Angler die Leiche entdeckt.
    Man gab deshalb eine Fahndungsmeldung nach Ernesto Orecchio heraus und ließ die Hände des Toten scannen, in der Hoffnung, seine Abdrücke irgendwo in der umfangreichen Kartei kleiner und großer Krimineller zu finden. Außerdem wurde von dem Sondereinsatzkommando, das der Maresciallo jetzt zusammenrief, eine genaue Untersuchung der Zustände in Il Bosco beschlossen. Allerdings, und das betonte der Maresciallo

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