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Die Stunde des Löwen

Die Stunde des Löwen

Titel: Die Stunde des Löwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Köhl
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– obwohl er seinen Backenbart inzwischen abgenommen hatte. Unter dem gläsernen Vordach hauchten sich die beiden einen Abschiedskuss auf die Lippen, und die Frau entschwand zu einem vor dem Haus geparkten Wagen.
    Â»Möchten Sie zur Konzertagentur Rosen?«, erkundigte sich der Mann, als er ihn am schmiedeeisernen Tor entdeckte.
    Â»Ja, falls Sie Edgar Rosen sind, möchte ich gern zu Ihnen.«
    Â»Jetzt sagen Sie mir bitte nicht, dass ich einen Termin verbummelt habe.« Der Mann blickte ihn freundlich an. In seinem perfekt sitzenden kastanienbraunen Nadelstreifenanzug und dem weißen Hemd, um dessen Kragen er einen paisleygemusterten Seidenschal trug, wirkte er gleichermaßen seriös wie bohemehaft.
    Â»Haben Sie nicht«, antwortete Fremden. »Ich bin der Neffe von Jonas Fremden. Soviel ich weiß, kannten Sie meinen Onkel über Hugo Bruckner. Wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben, würde ich Ihnen gern einige Fragen stellen.«
    Mit einer Miene, die schwer zu deuten war, bat Rosen ihn, einzutreten. Fremdens Schritte hallten auf dem Eichenparkett wider, als er Rosen durch ein holzgetäfeltes Foyer in einen minimalistisch und mit modernem Mobiliar eingerichteten Raum folgte. An der Wand zwischen den Fenstern hingen Schwarz-Weiß-Fotografien verschiedener Künstler. Darunter ein asiatischer Pianist an einem Flügel, ein Geiger, der mit hingebungsvoller Miene sein Instrument bearbeitete, und eine Operndiva, die mit ausgebreiteten Armen eine Arie schmetterte.
    Rosen führte ihn zu einer Sitzgruppe um einen Glastisch. Die ledernen Sesselbezüge knarrten, als sie sich auf ihnen niederließen.
    Nachdem er Rosen darüber in Kenntnis gesetzt hatte, dass er die Detektei seines Onkels übernommen hatte, erzählte er von seinem Auftrag.
    Â»Verstehe ich Sie richtig? Klaus Bruckner will wissen, wie sein Vater gestorben ist?«
    Fremden beantwortete die Frage mit einem stummen Nicken.
    Â»Da kann ich Ihnen tatsächlich behilflich sein«, sagte Rosen mit leicht spöttischem Unterton. »Mein Freund ist in den See gestürzt und ertrunken.«
    Auf einmal kam Fremden sich unheimlich blöd vor. Den geröteten Zeigefinger seiner linken Hand fixierend, den er vorhin beim Annageln der Dachplane mit dem Hammer erwischt hatte, entgegnete er: »Klaus Bruckner ist sich inzwischen nicht mehr sicher, ob es wirklich so passiert ist.«
    Â»Was ist denn seine Theorie?«
    Â»Dass er gestoßen wurde.«
    Â»Hat er dafür Beweise?«
    Â»Nein, es sind eher Indizien, die dafür sprechen.«
    Rosen lachte und nahm einen Keks von dem Tellerchen vor ihm. »An Spekulationen beteilige ich mich nicht«, sagte er kauend. »Und Hugo …« Seine Stimme gewann an Schärfe. »Er würde sich im Grab umdrehen, wenn er von diesen Ermittlungen wüsste. Ist das alles, was Sie von mir zu wissen wünschen?«
    Â»Nein. Ich würde Sie gern zu den Jagdausflügen befragen, die Sie mit Bruckner unternommen haben.«
    Rosen zupfte sich mit den Fingern einen Krümel von der Unterlippe und sagte: »An den Wochenenden waren wir öfter in Gießen. Ihr Onkel war da übrigens auch häufig mit von der Partie.«
    Â»Und mindestens einmal ging es auch für einige Tage nach Moldawien, oder?«
    Â»Moldawien«, wiederholte Rosen. »Wie kommen Sie ausgerechnet auf Moldawien? Da bin ich nie gewesen.«
    Â»Ihr Freund Gregor Bronski hat mir von der Reise erzählt.«
    Â»Wenn’s drauf ankommt, erzählt Ihnen Bronski auch, dass er schon mal auf dem Mond war.«
    Â»Ich glaube nicht, dass er phantasiert.«
    Â»So«, entgegnete Rosen und blickte ihn herausfordernd an. »Dann muss ich wohl annehmen, dass Sie glauben, dass ich lüge.«
    Wortlos legte Fremden das Foto von den vier Jägern auf den Tisch. »Soviel ich weiß, wurde die Aufnahme in dem von Bruckner gepachteten Jagdrevier in der Nähe der ukrainischen Grenze gemacht.«
    Wie versteinert starrte Rosen auf das Foto. Dann entspannten sich seine Gesichtszüge. »War eine tolle Zeit damals. In den Wäldern dort gab es Wild in Hülle und Fülle.«
    Â»Wer hat das Bild geschossen?«
    Â»Niemand. Es wurde mit Selbstauslöser gemacht.«
    Â»Warum haben Sie zuerst abgestritten, in Moldawien gewesen zu sein?«
    Rosen antwortete nur mit einem Achselzucken.
    Â»In Bezug auf die Reise interessiert mich ein bestimmter Abend. Der, an dem Sie und

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