Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
kräftigen Tritt abbekommen – neben dem Schloss prangte ein großer Stiefelabdruck, und drumherum war das Holz verbogen und rissig. Als Logan klopfte, gab die Tür nach und schwang auf, bis die Kette straff gespannt war. Schloss und Schließriegel waren aus der zersplitterten Holzeinfassung herausgerissen. In der Öffnung tauchte ein nervöses Gesicht auf, warf einen Blick auf Logan und verschwand sofort wieder in der Wohnung. Suzie McKinnon. Die Wohnzimmertür fiel krachend ins Schloss – sie versuchte durch das vordere Fenster zu fliehen. Er fand sie draußen vor dem Haus, im Clinch mit DC Rennie. Ihr pinkfarbenes Haar war an den Kopf geklatscht, das weiße Make-up begann im strömenden Regen zu zerfließen – es sah aus, als ob ihr Gesicht schmölze. Plötzlich schlug sie die Zähne in Rennies Arm. »Aua, verdammt!«, schrie er und lockerte seinen Griff – nur für einen Moment – aber dieser Moment reichte Suzie, um sich loszuwinden und ihm das Knie zwischen die Beine zu rammen. Rennie wurde kreidebleich, ließ aber nicht locker, biss fluchend die Zähne zusammen, während sie sich zeternd zu befreien suchte.
Logan packte ihren Arm, bevor sie noch mehr Unheil anrichten konnte, und sagte: »Jamie ist tot, Suzie.« Sie verharrte reglos im strömenden Regen und starrte ihn ungläubig an. Aus der Nähe konnte er sehen, dass ihr Make-up mehr als nur ein paar Pickel kaschiert hatte. Während es allmählich zerfloss, kamen darunter Blutergüsse und Kratzer zum Vorschein.
Mehrmals machte sie den Mund auf und wieder zu, bis sie schließlich das eine Wort »Wie?« herausbrachte.
»Sieht nach einer Überdosis aus. Aber das werden wir erst mit Sicherheit sagen können, wenn …« Er brach ab, weil er nicht allzu detailliert darauf eingehen wollte, was Isobel mit Jamies Leiche anstellen würde. »Wenn wir mehr wissen. Kommen Sie, gehen wir rein.«
Die Tür war noch mit der Kette gesichert, sodass sie durch das Wohnzimmerfenster hineinklettern mussten und das schäbige Sofa mit nassen Fußabdrücken verzierten, um auf den Teppich zu gelangen. Dann standen sie eine Weile schweigend da. Suzie kaute auf ihren schwarz lackierten Fingernägeln herum, während Rennie den Auftrag bekam, Tee zu machen, und in die Küche davonhumpelte, wobei er unentwegt über die Knie-Attacke auf seine Weichteile grummelte.
»Was ist denn mit der Wohnungstür passiert?«
Sie runzelte die Stirn, als ob seine Worte von weit her kämen. »Die Tür? Ach so, die …« Sie zuckte mit den Achseln und verzog das Gesicht, da die Bewegung sie schmerzte. »Hab den Schlüssel vergessen.« Sie wich seinem Blick aus.
»Dann sind Sie vermutlich auch die Treppe runtergefallen. Ist ja auch verdammt dunkel da draußen, nicht wahr?«
Suzie schloss die Augen und nickte. Tränen glitzerten zwischen ihren Wimpern und rannen über ihre zerschrammten Wangen. Logan seufzte. »Wir wissen doch beide, dass das Quatsch ist. Jemand hat zuerst die Tür mit Tritten bearbeitet und anschließend Sie. Und ich wette mit Ihnen um sämtliche Kartoffeln in ganz Schottland, dass ich weiß, wer es war.«
»Hat er … hat er sich wirklich eine Überdosis gespritzt?«
»Soweit wir das beurteilen können, ja. Wir sind nur nicht sicher, ob es Absicht war oder nicht.«
»O Gott.« Sie vergrub das Gesicht in den Händen und weinte lautlos, während sie mit dem Oberkörper vor und zurück schaukelte. »Ich hab ihn umgebracht!«
Logan sah ihr eine Weile beim Weinen zu. »Woher hatten Sie den Stoff, Suzie?«
Aber sie hörte ihm schon nicht mehr zu. »O Gott, Jamie …« Sie raufte sich die nassen pinkfarbenen Haare und trauerte um ihren toten Bruder.
Erst nach zehn Minuten fiel ihnen ein, dass der Betreuungsbeamte immer noch im strömenden Regen draußen im Garten stand.
32
Sie fuhren in die Stadt zurück. DC Rennie saß am Steuer und fasste sich alle dreißig Sekunden zwischen die Beine, um sich zu vergewissern, dass noch alles da war. Logan starrte derweil trübsinnig aus dem Fenster und sah zu, wie Menschen und Autos vorüberhuschten. Wenigstens hatte der Regen nachgelassen; blauer Himmel zeigte sich zwischen den düsteren Wolken, und der nasse Asphalt glänzte im Sonnenschein. An einer roten Ampel schloss Rennie zu einem riesigen BMW-Gerät mit Vierradantrieb auf. Wieder so ein protziges Gefährt mit Wunschkennzeichen – die Stadt war voll davon, eine richtige Seuche. Logan runzelte die Stirn. Protziges Gefährt, protziges Gefährt … wieso kam ihm das so bekannt vor?
Die
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