Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
SCHEIDUNG hat er das Haus stets tipptopp in Ordnung gehalten. Alles an seinem Platz.
Es ist ein großes Haus – groß genug für Vater, Mutter und drei Kinder. Groß genug, um sich nun, da nur noch er allein darin wohnt, leer und hohl anzufühlen. Seufzend lehnt er die Stirn an die Wand und schließt die Augen, spürt die Leere des Hauses in seiner Brust. Die Traurigkeit.
In der Garage verhallt die Musik, und dann dröhnt irgendeine primitive Werbung für Isolierverglasung aus dem Lautsprecher und verdirbt die ganze Atmosphäre. Zorning eilt er zurück und stellt das Radio leise.
Der Wagen, der mitten in der Garage steht, ist jetzt so sauber wie das ganze Haus: ein blitzblankes BMW-Coupé der Luxusklasse, silber mit schwarzen Ledersitzen und Walnuss-Innenausstattung. Sehr elegant – und noch drei Tage gehört der Wagen ihm. Danach wird er vielleicht mal einen Lexus ausprobieren, vielleicht etwas mit mehr Stauraum? Diesmal war es ja eher ein bisschen knapp mit dem Platz. Er klappt den Kofferraum des BMW zu und achtet darauf, die Plastikplane nicht einzuklemmen. Später wird er eine Spritztour machen, irgendwohin, wo es schön ruhig ist und er von niemandem gesehen wird.
Er wirft noch einen letzten Blick auf den Wagen und geht zurück ins Haus.
Der Keller ist größer, als er aussieht. Vor der SCHEIDUNG war dieser Raum mit Krempel vollgestopft: vergessene Hochzeitsgeschenke, die alten Spielsachen der Kinder, Schuhkartons voller Fotos, das eine oder andere Möbelstück, das Tracy von ihren Eltern geerbt hatte … Aber das ist alles rausgeflogen, nachdem Tracy weg war. Jetzt ist der Keller leer und kahl; zweimal am Tag wird gekehrt, alle zwei Tage feucht gewischt. Sauberkeit ist wichtig. Sauberkeit ist immer wichtig. Man will sich ja schließlich nichts fangen.
Es läutet an der Tür, und er blickt zur Decke auf. Wenn er es einfach ignorieren würde … Aber es läutet wieder, ein kaltes, hohles Geräusch in einem kalten, leeren Haus. Er seufzt und knöpft resigniert seine Hose zu. Er kann ja später noch einmal hinuntergehen. Es hat keine Eile.
Er steigt die Treppe zum Erdgeschoss hinauf und schließt die Kellertür hinter sich ab, während die Türglocke noch einmal läutet. »Ja doch, ja, ich komm ja schon.« Er geht den Flur entlang und hält kurz inne, um sich im Spiegel anzuschauen, um sein Migränegesicht aufzusetzen, falls es jemand aus der Firma ist, der vorbeischaut, um zu fragen, ob er irgendetwas braucht. Da sind sie ja sehr fürsorglich. Doch als er die Tür aufmacht und mit zusammengekniffenen Augen gequält in die Nachmittagssonne blinzelt, als ob er entsetzliche Kopfschmerzen hätte, steht da draußen ein Mann, den er nicht kennt, ein Mann in einem dunkelgrauen Anzug, der mal wieder gründlich gereinigt gehörte. Irgendwo hat er den Mann doch schon einmal gesehen …
»Mr. Dunbar?«, sagt der Mann. Er lächelt kalt und hält eine Art Ausweis hoch. »DS McRae. Dürfen wir reinkommen?«
37
Sie fanden die Leiche im Kofferraum eines funkelnagelneuen BMW in Michael Dunbars Garage. Es war eine Frau – nackt, in transparente Plastikfolie gehüllt, die Glieder steif und kalt. Am ganzen Körper grün und blau geschlagen. Der Kopf steckte in einem blauen Plastik-Gefrierbeutel.
»Meine Güte«, sagte Rennie, als er mit einer behandschuhten Hand in den offenen Kofferraum griff und die kalte, bleiche Haut durch die Plastikfolie hindurch befühlte. »Sie ist steinhart …«
Logan wandte sich um und starrte Michael Dunbar an, der stumm und reglos dastand. Ein bescheiden wirkender junger Mann; um die dreißig, mit hellbrauner Baumwollhose und Jeanshemd, beides mit messerscharfen Bügelfalten. Ordentliche Frisur über einem etwas kantigen, glatt rasierten Gesicht. Ein Mörder. »Nun, Mr. Dunbar«, sagte Logan, bemüht, nicht so zornig zu klingen, wie er war, »würden Sie uns freundlicherweise erklären, wieso im Kofferraum Ihres Wagens eine nackte Frauenleiche liegt?« Dunbar biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. »Verstehe«, meinte Logan. »Aber wissen Sie was? Es spielt überhaupt keine Rolle, ob Sie es uns sagen wollen oder nicht. Wir haben Sie auf frischer Tat ertappt. Sobald wir mit der Hausdurchsuchung fertig sind, fahren wir alle zusammen aufs Revier. Da werden Ihnen Fingerabdrücke und eine DNS-Probe abgenommen, und dann werden die Kollegen von der Spurensicherung den Zusammenhang mit den beiden anderen Frauen herstellen, die Sie ermordet haben.«
»Sie …« Dunbars weit
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