Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
aufgerissene Augen schweiften von Logans Gesicht zu dem offenen Kofferraum und dem kalten, toten Körper darin ab. »Ich … ich will nicht mitgehen. Ich will mit einem Anwalt sprechen.«
»Das kann ich mir lebhaft vorstellen.« Logan drehte sich um und sah, dass DC Rennie noch immer mit offenem Mund in den Kofferraum starrte. »Rennie, hängen Sie sich ans Telefon – ich will einen Bereitschaftsarzt, einen Rechtsmediziner und die Staatsanwältin, und zwar sofort.« Rennie riss sich vom Anblick der übel zugerichteten Frauenleiche los und zog sein Handy aus der Tasche, während Logan den Verdächtigen durch die Verbindungstür ins Treppenhaus führte. Von oben war das Gepolter des Durchsuchungskommandos zu hören – vier uniformierte Beamte, die sie aus dem Präsidium hatten kommen lassen, stellten die Bude auf den Kopf.
Dann ein Pochen an der Tür, und ein wohlbekannter schmutzig grauer Schnauzbart schob sich in die Diele, zusammen mit seinem Besitzer, der eine große Kiste mit Gerätschaften schleppte. »Wo sollen wir anfangen?« Logan meinte, sie sollten sich am besten zuerst die Leiche in der Garage vornehmen, und ignorierte dann geflissentlich die Spusis mit ihren weißen Overalls, die im Gänsemarsch durch die Diele stapften und dabei das Lied der Schlümpfe pfiffen.
Als sie die letzte graue Kiste durchs Haus in die Garage geschafft hatten, machte Logan einen Rundgang durchs Erdgeschoss. Michael Dunbar schleifte er einfach mit. Großes Wohnzimmer, geschmückt mit Fotos von Dunbar, einer Frau und drei Kindern – zwei Jungen und ein Mädchen; makelloser Teppich, kein Nippes auf dem Kaminsims. Die Küche war ebenso blitzsauber und groß genug, um eine Frühstücksbar und einen Esstisch zu beherbergen. Weiter in einen Hauswirtschaftsraum neben der Küche: ein mit Fertiggerichten angefüllter Gefrierschrank, Geschirrspüler, Spülbecken, Schränke. Eine weitere Tür ging von der Diele ab, doch als Logan den Knauf drehte, stellte er fest, dass sie verschlossen war. »Wo führt die hin?« Dunbar wich seinem Blick aus. Logan tippte ihm auf die Brust. »Geben Sie mir Ihre Schlüssel.«
»Sie … das können Sie nicht machen! Ich will einen Anwalt. Sie können hier nicht einfach reinkommen und alles durchwühlen. Das ist mein Haus!«
»Doch, das kann ich. Ich habe einen Durchsuchungsbefehl.« Rachael Tulloch hatte ihn in Rekordzeit ausgestellt. »Jetzt geben Sie mir schon Ihre Schlüssel.«
»Ich … Mir geht es nicht gut. Ich muss mich hinlegen …«
»Geben Sie mir die verdammten Schlüssel!«
Mit zitternden Händen zog Dunbar einen funkelnden Schlüsselbund aus der Tasche. Logan schnappte ihn und probierte die Schlüssel einen nach dem anderen durch, bis es endlich in dem massiven Sicherheitsschloss klickte und die Tür aufsprang. Eine Holztreppe führte nach unten und verschwand in der Dunkelheit. Logan betätigte den Schalter, worauf ein schwacher Lichtschein den Bereich am Fuß der Treppe erhellte.
»Rennie!«, rief er in Richtung Garage, worauf der Constable sogleich angetrottet kam, das Handy noch am Ohr. Er versuchte gerade, der Person am anderen Ende klarzumachen, dass sie den Rechtsmediziner jetzt brauchten und nicht nächste Woche. Logan schob Dunbar auf Rennie zu.
»Was soll ich mit ihm machen?«
»Laden Sie ihn zum Essen ein und gehen Sie mit ihm tanzen. Was glauben Sie denn, was Sie mit ihm machen sollen? Auf ihn aufpassen sollen Sie!« Logan wandte sich ab und begann die Treppe hinunterzugehen. Doch dann tat es ihm schon wieder leid, dass er den Constable so angeschnauzt hatte. Er blieb stehen, entschuldigte sich bei Rennie und sagte, er könne gerne mitkommen, solange er Dunbar schön festhielte und ihn nicht aus Versehen die Treppe hinunterfallen ließe.
Die Kellertreppe war auf beiden Seiten mit Gipsplatten und rohen Brettern eingefasst; zwischen den freiliegenden Stützbalken an der Decke zogen sich dicke graue Kabel entlang. Und als Logan den eigentlichen Keller betrat, raschelte Plastikfolie unter seinen Sohlen, und er sah, was sich hier unten verbarg. »Du Scheiße …«
»Was? Was ist?«, fragte Rennie.
Dunbar jammerte: »Mir geht es wirklich nicht gut! Ich muss mich hinlegen …«
Der Boden war mit transparenter Plastikfolie ausgelegt, die im Schein der einen nackten Glühbirne glitzerte wie die Oberfläche eines dunklen Sees. Sie zog sich auch über die gesamte hintere Wand, befestigt mit meterweise silberfarbenem Isolierband. Und der ganze Aufwand nur, damit die Frau, die dort
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