Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
jeden Abend los und lässt sich gegen Bares poppen, und was machst du derweil? Passt auf die Kinder auf oder was?«
Jamie starrte auf seine Hände hinab. »So alt ist sie auch wieder nicht.«
»Natürlich war sie das! Und dazu hässlich wie die Nacht!«
»Ist sie nicht!« Jamies Stimme wurde mit jedem Wort lauter. »Sie ist nicht hässlich!«
Ein verschlagenes Grinsen breitete sich auf Steels Gesicht aus. »Hast sie wirklich geliebt, was?«
Jamie lief rot an und sah weg.
»Ist doch so, oder nicht? Du hast sie geliebt, und sie ist jeden Abend anschaffen gegangen und hat die Schwänze von wildfremden Männern in den Mund genommen. Und sich in Hauseingängen pimpern lassen. Deine geliebte Rosie, mit irgendwelchen –«
»Hören Sie auf! Aufhören, verdammt noch mal!«
»Deswegen hast du sie umgebracht, nicht wahr? Du warst eifersüchtig, weil du sie nicht für dich allein hattest. Jeder konnte sie haben, für den Preis eines Hamburgers …«
»Aufhören!«
Steel lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und kratzte sich gedankenverloren an der feuchten Stelle unter ihrem linken Arm. Sie nickte Logan zu, worauf dieser Jamie fragte, wo er in der Nacht von Montag auf Dienstag zwischen elf Uhr abends und zwei Uhr früh gewesen sei.
»Ich war zu Hause. Und hab geschlafen.« Aber da war irgendetwas in seinem Blick. »Suzie kann es Ihnen bestätigen. Sie war auch da.«
DI Steel zog eine Augenbraue hoch. »Nicht im selben Bett, will ich hoffen.« Jamie funkelte sie nur an. »Wir haben die Spurensicherung losgeschickt – die nehmen gerade deine Wohnung auseinander. Sie werden ihr Blut finden, nicht wahr? Du hast sie so übel zugerichtet, das alles total vollgesaut gewesen sein muss.« Sie beugte sich vor und tippte mit einem nikotingelben Finger auf die Tischplatte. »War auch bestimmt nicht das erste Mal, dass du sie verprügelt hast, wie? Sie hat dich deswegen vor die Tür gesetzt.«
»Ich wollte ihr nicht wehtun!« Die Tränen begannen zu fließen.
Steels Lächeln war jetzt triumphierend. »Aber genau das hast du getan, nicht wahr? Du wolltest es nicht, aber du hast ihr richtig schlimm wehgetan. War es ein Unfall? Komm schon, Jamie, sag’s uns. Danach fühlst du dich bestimmt besser.«
Eine Stunde später war es ihnen noch immer nicht gelungen, etwas aus ihm herauszubekommen. Und wie Steel bereits bemerkt hatte, war es viel zu heiß im Vernehmungsraum, um noch länger rumzutrödeln. Und so hieß es ab in die Arrestzelle mit Jamie McKinnon und ab in die Kantine mit Logan und DI Steel, auf eine Runde eisgekühltes Irn-Bru. »O Mann, das ist schon ein ganzes Stück besser«, sagte sie, als sie zwei Minuten später auf dem Parkplatz hinter dem Präsidium standen, umgeben von Streifenwagen und zivilen Einsatzfahrzeugen, die Limodose in der einen und – in Steels Fall – die Zigarette in der anderen Hand. »Die Staatsanwältin soll sich das Band mal anhören. ›Ich wollte ihr nicht wehtun‹ – dass ich nicht lache. Wir brauchen nur noch ein paar Zeugen, und die Sache ist geritzt.« Sie grinste und kippte einen Schluck Irn-Bru hinunter. »Wurde ja allmählich Zeit, dass ich auch mal Glück habe.«
Leider konnte Logan das von sich nicht behaupten. Wenn DI Steel sagte: »Wir brauchen nur noch ein paar Zeugen«, meinte sie damit in Wirklichkeit, dass Logan die Schicht wechseln und die nächsten paar Nächte damit verbringen sollte, sich am Hafen rumzudrücken und Prostituierte anzuquatschen. Zum ersten Mal seit ewigen Zeiten hatte er den gleichen Dienstplan wie Jackie, und jetzt wollte Steel alles wieder umschmeißen. Jackie würde ihn umbringen.
»Sie sind jung«, entgegnete Steel, als er sich beklagte. »Sie werden das schon wegstecken. Am besten machen Sie gleich nach dem Mittagessen Feierabend und hauen sich noch ein paar Stunden aufs Ohr. Und jetzt lassen wir erst mal die Staatsanwältin kommen …«
Die Staatsanwältin und ihre neue Stellvertreterin hörten sich schweigend die Aufzeichnung von Jamie McKinnons Vernehmung an. Das Band war ein guter Anfang, aber es reichte nicht aus, um eine Verurteilung zu gewährleisten. Dafür würden sie konkrete, unumstößliche Beweise brauchen. »Apropos Beweise«, sagte Rachael Tulloch, der neue Stern am Himmel der Staatsanwaltschaft, »welche Fortschritte haben Sie mit diesen Präservativen gemacht?« Ihre Chefin schien zunächst ein wenig verwirrt, als Logan von den zweihundertdreizehn gebrauchten Kondomen berichtete, die im Leichenschauhaus eingefroren waren –
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