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Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Titel: Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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den Bäumen hindurchgebahnt, um ihn zu suchen. Das Ding lag am Rand einer kleinen Lichtung, in die Wurzeln eines umgestürzten Baumes gerammt: ein roter Koffer, groß genug, um Kleider für eine Woche zu fassen. Der Gestank war umwerfend: stinkendes, fauliges Fleisch. Jack hatte sich natürlich gleich daraufgestürzt; er hing am Griff und strampelte mit allen vieren bei dem verzweifelten Versuch, in den Koffer hineinzukrabbeln. Es war nicht allzu schwer gewesen, eins und eins zusammenzuzählen, in diesem Fall Koffer und Geruch. Margaret hatte ihr Handy gezückt und die Polizei angerufen.
    Der schmutzig weiße Van der Spurensicherung war in der Parkbucht abgestellt, direkt hinter einem Streifenwagen, sodass Logan den rostigen Vauxhall halb auf dem Rasenstreifen parken und hoffen musste, dass ihnen niemand hinten reinfuhr. DC Rennie kletterte prustend und spuckend vom Rücksitz und wischte sich Asche aus den Haaren und dem Gesicht – Steel hatte während der ganzen zehn Meilen langen Fahrt von Aberdeen das Fenster offen gehabt, sodass es die Asche ihrer Zigarette wie einen Mini-Schneesturm durch das Wageninnere gewirbelt hatte. Deshalb hatte Logan sich in weiser Voraussicht freiwillig ans Steuer gesetzt. Er wartete, bis DI Steel Rennie in den Wald gescheucht hatte, um den Fundort zu suchen, ehe er sie fragte, ob das nun bedeute, dass er nicht zur Nachtschicht wechseln sollte.
    »Hmm?« Steel sah ihn geistesabwesend an, während sie drei einzeln verpackte weiße Spurensicherungsoveralls aus einem Karton im Kofferraum fischte. »Nein«, sagte sie schließlich. »Tut mir leid, aber das ändert nichts daran, dass Sie versuchen müssen, uns Zeugen ranzuschaffen. Wir wissen beide, dass Jamies Alibi ein Witz ist. Wir müssen es bloß noch beweisen.«
    »Und wieso haben Sie mich dann zu diesem Einsatz mitgeschleift?« Logan fand, dass er sich ein bisschen weinerlich anhörte, aber das war ihm inzwischen auch egal.
    Steel seufzte. »Was soll ich denn machen? Sie wissen doch, warum mein Team als Versagerclub bekannt ist? Als Trottel-Trupp? Als Penner-Patrouille? Weil jeder Heini, der zu blöd ist, um aus dem Bus zu gucken, irgendwann bei mir landet. Da sind die ganzen Nulpen gut untergebracht und können keinen Schaden anrichten … Wir haben diesen Einsatz nur bekommen, weil alle anderen, die halbwegs was auf dem Kasten haben, gerade beschäftigt sind.« Sie lächelte betrübt. »Es ist eine Leiche in einem Koffer, Logan; wen hätte ich da sonst guten Gewissens mitnehmen können? Etwa diesen Haufen Hirnis, mit denen ich geschlagen bin?« Sie drückte ihm seinen Schutzanzug in die Hand. »Aber ich bin ja nicht so – Sie müssen keine volle Nachtschicht durchziehen. Machen Sie so gegen zwei Feierabend. Betrachten Sie’s als Gratifikation.« Dann tätschelte sie seinen Arm und stapfte über den Waldweg davon. Logan blieb nichts übrig, als leise fluchend hinterherzutrotten.
    Nach ungefähr einer halben Meile stießen sie auf DC Rennie. Er stand am Wegrand, wo der Teppich aus gelblich braunen Kiefernnadeln mit abgebrochenen Zweigen übersät und von Schleifspuren durchzogen war. »Da drin«, sagte Rennie und wies ihnen sichtlich stolz den Weg. Logan ließ ihn die Schutzanzüge tragen. Wie DI Steel gesagt hatte: delegieren. Im Wald war es kühler, der Boden zu ihren Füßen mit Flecken von Sonnenlicht getüpfelt, das durch den Baldachin aus spitzen grünen Nadeln sickerte.
    Hier, unter den dichten Kiefernzweigen, hätte es eigentlich totenstill sein müssen, doch das war es nicht. Aus der Richtung, in die sie gingen, schlug ihnen ein Schwall von Schimpfworten entgegen, unterbrochen von gut gemeinten Vorschlägen. Und dann rochen sie es schon. Ein widerlicher, magenumdrehender Gestank. Logan würgte und versuchte, nur durch den Mund zu atmen. Der Geschmack war ein bisschen erträglicher als der Geruch, aber nur ein bisschen.
    Sie schlugen sich durch bis zu einer kleinen Lichtung, wo eine alte Kiefer umgestürzt war und wie ein gewaltiger Dominostein mehrere kleine Bäume mitgerissen hatte. Die Spitze zeigte in Richtung Waldweg, die Wurzeln ragten in die Höhe wie eine schmutzige Sonnenscheibe und verdeckten die Hauptattraktion. Das Team der Spurensicherung war schon damit beschäftigt, ein Schutzzelt über dem unteren Teil des gestürzten Baumes zu errichten. Zu dritt hielten sie die widerspenstige blaue Plane an einem Ende hoch, während zwei Kollegen das andere Ende über die Wurzeln zu ziehen versuchten. Am anderen Ende der

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