Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
anrichten.« Sie stand auf und kramte in ihren Taschen nach einer zerdrückten Zigarettenschachtel. »Ach, und ehe ich’s vergesse: Ich möchte, dass Sie McKinnon morgen noch mal vernehmen. Wollen doch mal hören, was der kleine, mordlustige Scheißkerl mit der blondierten Igelfrisur nach einer Nacht in Craiginches zu seiner Verteidigung vorzubringen hat.«
»Ich sollte doch morgen dienstfrei haben! Jackie und ich haben was vor, ich –«
»Herrgott noch mal! Eine Frau ist ermordet worden, und Sie denken nur daran, wann Sie das nächste Mal poppen können?« Logan errötete. »Hören Sie«, sagte Steel, »die Zweitvernehmung von Jamie McKinnon wird ja wohl nicht den ganzen Tag dauern. Danach können Sie sich dann mit Ihrer leckeren Kollegin vergnügen, okay?« Nach dem Anschiss, den er gerade kassiert hatte, verstärkte das nur Logans Schuldgefühle.
»Ja, Ma’am.«
»Braver Junge. Und wenn Sie heute Nacht sowieso unterwegs sind, fragen Sie doch mal nach, ob sie diesen blöden Hund schon obduziert haben. Und verbringen Sie nicht die ganze Nacht in dem Armen von irgendeiner Nutte unten am Hafen. Ich unterschreibe keine Spesenquittung, wo ›Einmal Blasen‹ draufsteht.«
DC Rennie sah so sehr wie ein Polizist in Zivil aus, dass es regelrecht beängstigend war. Sogar in Jeans und Lederjacke hatte er etwas an sich, das geradezu schrie: » SEHT MICH AN – ICH BIN POLIZIST !« Es war daher nicht weiter verwunderlich, dass ihre Gespräche mit den Damen, die in dieser Nacht am Hafen von Aberdeen ihrem Gewerbe nachgingen, nicht sonderlich ergiebig waren. Und die Freier hielten auch nicht an, solange DC Rennie so auffällig unauffällig in der Nähe herumstand. Und so nahmen Logan und Rennie von ihrer Nachtschicht nichts als einen Haufen unflätiger Beschimpfungen mit nach Hause.
Um halb eins hatten sie schon ein halbes Dutzend Mal die Runde durchs Viertel gemacht. Immer noch keine Spur von der vierzehnjährigen Litauerin oder ihrem Aufpasser. »Das bringt doch rein gar nichts.« DC Rennie ließ sich gegen das Geländer sinken, das den Regent Quay von den eigentlichen Hafenanlagen trennte. »Wie oft sollen wir denn noch im Kreis rumlaufen und uns anschreien und anspucken lassen?« Er zuckte zusammen, und sein Blick ging wie in Zeitlupe zum Himmel. Es fing an zu regnen – feine Tropfen, die im Schein der Straßenbeleuchtung wie glitzernde Nadeln aussahen. »Scheiße, das hat uns gerade noch gefehlt.«
Logan musste ihm beipflichten. »Kommen Sie, gehen wir zurück aufs Revier.« Heute Nacht war keine einzige Hure unterwegs, mit der er nicht schon gestern gesprochen hatte, und er musste schließlich noch ein Phantombild anfertigen und der Rechtsmedizin wegen der Autopsie eines Hundes Feuer unterm Hintern machen. Hier war sowieso nichts zu holen.
Sie lächelt ihn an, als er mit seinem Wagen neben ihr anhält. Lächelt ihn an, bleibt aber im Hauseingang stehen. Im Trockenen. War wirklich ein ganz prächtiger Tag bis jetzt: Zuerst will Jason seine Cornflakes nicht essen, dann kommt er auch noch zu spät zur Schule, und sie hat so einen fürchterlichen Kater, dass sie kaum geradeaus gucken kann! Wie soll sie sich denn mit Jasons bescheuerter Lehrerin rumschlagen, wenn ihr vom billigen Wodka dermaßen der Schädel dröhnt? Und dann kommen auch noch diese zwei Witzfiguren von Bullen an und vertreiben den ersten Fisch, der an diesem ganzen beschissenen Abend angebissen hätte! Die sollten lieber Verbrecher jagen, als harmlose Frauen zu belästigen, die nur ihren Lebensunterhalt verdienen wollen!
Die Scheibe surrt herunter, und er muss sich über den Beifahrersitz lehnen, um Hallo zu sagen. Sie stellt sich immer auf die Beifahrerseite. Irgend so ein Arschloch hat mal angehalten, die Scheibe runtergedreht und ihr ein Mal an die Titten gelangt. Ohne zu fragen, ohne zu bezahlen. Packt ihre Nippel wie ein verdammter Schraubstock und braust dann lachend davon. Sind schon ganz schön viele perverse Schweine unterwegs da draußen. Er fragt sie, was es kostet, und sie rattert die Preisliste runter. Schlägt ein bisschen was drauf, weil das Auto ganz neu aussieht und er bestimmt nicht knapp bei Kasse ist. Er denkt drüber nach, und jetzt fängt es so richtig an zu schütten … Vielleicht hat sie den Preis ja doch zu hoch angesetzt? Mist. Es ist ja nicht so, als ob sie die verdammte Kohle nicht nötig hätte; Jason braucht alle naselang neue Schuhe, und die Dinger gibt’s nun mal nicht umsonst. Sie öffnet ihren Regenmantel ein
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