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Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)

Titel: Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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hat.«
    Die Frau zuckte zurück und zog den PVC-Mantel fest um ihre grün und blau geschlagene Brust. »Mein Gott«, sagte sie. »Rosie?«
    Logan nickte. »Vorletzte Nacht. Hast du da gearbeitet?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nee.« Sog noch eine ordentliche Lunge voll Rauch ein. »Ich hatte vor ’n paar Tagen ’nen kleinen Unfall.« Sie deutete auf ihr ramponiertes Gesicht. »Bin gegen ’ne Tür gerannt.«
    »Muss ’ne ziemlich große Tür gewesen sein, wenn sie dich so zugerichtet hat.«
    »Mmh. Verdammt große Tür.« Sie schlug die Augen nieder. »Aber vorgestern war ich jedenfalls nicht hier. Konnte mich den ganzen Tag kaum rühren, geschweige denn arbeiten.« Sie seufzte. »Nicht dass ich heute Nacht viel Umsatz machen dürfte, so wie ich aussehe …« Sie verstummte, den Blick nicht auf die dunkle Straße, sondern in die Vergangenheit gerichtet.
    »Und warum bist du dann trotzdem hier?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »Hab schließlich ’n paar hungrige Mäuler zu stopfen. Versteht du? Und dieses Heroin, das kriegt den Hals einfach nie voll.«
    Punkt zweiundzwanzig Uhr am Donnerstag: der Beginn der Nachtschicht. Logan hatte den Tag überwiegend im Bett verbracht und war nur aufgestanden, als Jackie um fünf nach Hause gekommen war. Fish & Chips zum Abendessen beziehungsweise Frühstück, und dann zurück ins Bett – aber diesmal nicht allein. Und so war es ein ausnehmend frohgemuter Logan, der sich um zehn vor zehn auf den Weg ins Präsidium machte. Doch als er die Eingangstür aufstieß, schlug ihm eine wahre Weltuntergangsstimmung entgegen. Sergeant Eric Mitchell saß hinter dem Empfangstresen, vertieft in den Evening Express. Das Deckenlicht spiegelte sich in der immer größer werdenden kahlen Stelle auf seinem Schädel. Er hob den Kopf, und sein ausladender Wyatt-Earp-Schnurrbart zitterte, als er Logan mit finsterem Blick musterte. »Wieso sind Sie eigentlich so verdammt gut drauf?«
    Logan lächelte ihn an. »Ihnen auch einen wunderschönen guten Abend, Eric. Ich lächle, weil es ein herrlicher Tag war. Welche Laus ist Ihnen denn über den Schnurrbart gelaufen? Hat der dicke Gary Ihnen das letzte Vanilleplätzchen weggefuttert?«
    Eric starrte ihn nur grimmig an und hielt den Evening Express so hoch, dass Logan die Titelseite mit der Schlagzeile sehen konnte: POLIZEI IRRT SICH BEI RAZZIA IN DER ADRESSE ! Ein großes Foto zeigte Dutzende von Streifenwagen, Vans und uniformierten Beamten, die sich vor einer säkularisierten Kirche in Tillydrone drängten.
    Logan versuchte, nicht zu grinsen. Wenigstens war er nicht der Einzige, der in diesem Monat eine Razzia verbockt hatte. »Wo hätten sie denn sein sollen?«
    »In Kincorth.« Eric knallte die Zeitung auf den Tisch. »Diese Trantüten. Als ob wir nicht schon genug Probleme hätten!« Er tippte mit dem Finger auf einen Kommentar neben dem Foto. POLIZEILICHE INKOMPETENZ: STADTRAT REDET KLARTEXT. »Dieser Arsch hat doch nur auf die nächste Gelegenheit gelauert, uns als Vollidioten darstellen zu können.« Eric fixierte mit düsterer Miene das kleine Schwarz-Weiß-Foto von Stadtrat Marshall, dem selbst ernannten Moralapostel, der wieder mal wie eine selbstzufriedene Schnecke in die Kamera grinste. Dann fiel Eric ein, dass er eine Nachricht für Logan hatte. »DI Steel sagt, Sie sollen sich gleich in ihrem Büro melden, wenn Sie hier aufkreuzen.«
    Genau wie Inspector Napiers Löwenhöhle spiegelte DI Steels Büro seine Besitzerin wider: Es war ungemütlich, chaotisch und stank nach kaltem Zigarettenrauch. Sie fläzte sich hinter ihrem Schreibtisch, die Füße hochgelegt, in der einen Hand den Kaffeebecher, in der anderen das Telefon, im Mundwinkel die unvermeidliche Kippe. Mit einer lässigen Handbewegung forderte sie Logan auf, Platz zu nehmen. Dann klemmte sie den Hörer zwischen Kinn und Schulter und kramte in einer Schreibtischschublade herum, bis sie einen Notizblock und einen Stift gefunden hatte.
    »Natürlich liebe ich dich«, sagte sie. Die Zigarettenspitze hüpfte dabei auf und ab, und eine anderthalb Zentimeter lange Aschelawine ging ab. »Ja … Das weißt du doch … Nein, so was würde ich niemals tun …« Sie kritzelte linkisch ein paar Worte auf den Block und warf ihn Logan über den Schreibtisch hinweg zu. »Das weißt du doch … Susan, du bist der wichtigste Mensch in meinem Leben … Ja … Ja …«
    Logan versuchte die krakelige Schrift zu entziffern. HABEN SIE DIESE NUTTE SCHON IDENTIFIZIERT ? Er warf DI Steel einen fragenden

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