Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
den sie komplett für sich hatten, und Jackie redete immer noch nicht mit ihm. Offenbar schlief sie lieber auf der Couch, als mit ihm das Bett zu teilen. Wirklich ein ganz fantastischer Start ins Wochenende. Er warf einen Blick auf die Uhr an der Mikrowelle. Halb zehn. Durch das Küchenfenster sah er, dass es gerade wieder zu regnen anfing, aber nicht die Sorte mit Sonnenschein und Regenbogen wie gestern, sondern die mit der schweren grauen Wolkendecke und dem eiskalten Wind. Die Sorte Regen, die jeden Rest Wärme restlos aufsaugte und die Stadt wieder in eine grässliche graue Granitwüste verwandelte. Passend zu Logans Stimmung. Er zog sich an und verließ die Wohnung. Ziellos irrte er über die Union Street und fand ein perverses Vergnügen darin, klatschnass zu werden und zu frieren. Er »spielte den Märtyrer«, wie seine Mutter immer gesagt hatte. Und sie musste es ja wissen, da sie das Spielchen selbst meisterhaft beherrschte.
Er schlurfte ein wenig mit Leichenbittermiene in den Läden herum, kaufte eine CD von irgendeiner Band, die er letzte Woche im Radio gehört hatte, dazu zwei relativ neue Krimis und ein paar DVDs. Nur um sich von all dem abzulenken, was in seinem Leben gerade so verdammt schieflief. Jackie hasste ihn, Steel war unerträglich, PC Maitland lag im Sterben … Bald machte ihm auch das Einkaufen keinen Spaß mehr, und er überquerte die Union Terrace, ging den School Hill hinunter und weiter in die Broad Street. Langsam, aber sicher zog es ihn im Regen zu seiner Wohnung zurück. An der Ecke des Marischal College, wo die blassgrauen Rippen der viktorianisch-gotischen Fassade sich gen Himmel reckten, blieb er stehen. Geradeaus ging es zurück zur Wohnung. Wenn er nach links ginge, wäre er in ein paar Minuten am Präsidium. Es war keine allzu schwierige Entscheidung, auch wenn er offiziell dienstfrei hatte. Er könnte auf jeden Fall ein bisschen Zeit totschlagen, indem er irgendwem bei seinen Ermittlungen über die Schulter sah. DI Insch hatte meistens Zeit für ein kleines – Logan zog eine Grimasse und fluchte. Der tote Hausbesetzer – er hatte Insch immer noch nicht von Graham Kennedy erzählt. Verdammter Idiot. Miller hatte ihm den Namen schon vor Tagen gegeben! Diese bescheuerte DI Steel und ihre Nummer mit dem defekten Kassettenrekorder.
Der Wachhabende redete kaum zwei Worte mit Logan, als dieser in die Eingangshalle gepatscht kam und triefend über den gemusterten Linoleumboden des Empfangsbereichs schlappte.
DI Inschs Einsatzzentrale war ein einziges sorgfältig inszeniertes Chaos – Telefone klingelten, Informationen wurden zusammengetragen und in HOLMES eingegeben, damit das Home Office Large Major Enquiry System anschließend auf Knopfdruck stapelweise sinnlose Anweisungen ausspucken konnte. Ab und zu lieferte es auch etwas ab, das die Ermittlung entscheidend weiterbrachte, aber meistens war der Nutzen gleich null. Die Wände waren mit Stadtplänen von Aberdeen behängt, auf denen farbige Nadeln wichtige Orte und Ereignisse markierten. Der Inspector hockte vorne auf einem Schreibtisch, dessen Holz unter seinem breiten Hintern ächzte, und las einen Stapel Berichte durch, während er an einem Curly-Wurly-Karamellzopf kaute.
»Tag, Sir«, sagte Logan und ging mit quatschenden Sohlen auf ihn zu, die Hände in den Hosentaschen. Die Unterwäsche würde er auch wechseln müssen.
Insch blickte von seinen Papieren auf. Der gitterförmige Schokoriegel ragte aus seinem breiten, rosigen Gesicht wie eine DNS-förmige Zigarre. »Sergeant.« Er nickte und wandte sich wieder seinen Berichten zu. Zwei Minuten später drückte er sie einer gehetzt wirkenden, leichenblassen WPC in die Hand und versicherte ihr, sie leiste hervorragende Arbeit, ganz gleich, was die anderen sagten. Die Frau verlor keine Zeit damit, sich zu bedanken. Während sie zurückeilte, um sich wieder an den Datenabgleich zu machen, drehte Insch sich um und winkte Logan zu sich. »Für ein Vollbad sind Sie aber ein bisschen overdressed, finden Sie nicht?«
Logan ging auf die Provokation nicht ein. »Ich wollte mal hören, wie Sie mit Ihrem tödlichen Brandanschlag vorankommen.«
Insch zog die Stirn in Falten, während das Licht der Neonröhren sich in seinem kahlen, rosafarbenen Schädel spiegelte. Ein Blick voller Argwohn. »Wieso?«
»Ich habe vielleicht einen Namen zu einem der Opfer: Graham Kennedy. Soll ein kleiner Dealer gewesen sein.« Damit zauberte er ein Lächeln auf das Gesicht des Inspectors.
»So, so. Den
Weitere Kostenlose Bücher