Die Stunde des Mörders: Roman (German Edition)
was bleibt uns anderes übrig? Rosie Williams hat letzte Woche Montag dran glauben müssen, Michelle Wood hat’s am Freitag erwischt. Vier Tage.« Sie zählte sie an den Fingern ab. »Samstag, Sonntag, Montag, Dienstag. Das ist heute Abend. Wenn er bei seinem Rhythmus bleibt, wird heute oder morgen Nacht die Nächste verschwinden.«
»Falls er nicht schon eine hat und wir es bloß noch nicht wissen.«
Steel warf ihm einen finsteren Blick zu. »Kriege ich da irgendwas nicht mit, Sergeant? Machen Sie hier hilfreiche Vorschläge, oder produzieren Sie einfach nur heiße Luft?« Logan schwieg beharrlich. »Aye«, sagte Steel, »hab ich’s mir doch gedacht.« Ein unbehagliches Schweigen machte sich breit.
Logan starrte auf die Straße hinaus und dachte nach. »Ich hatte heute Morgen eine interessante Unterhaltung mit Inspector Napier«, sagte er schließlich.
»Ach ja?« Argwöhnisch.
»Mmh. Er meinte, wenn Sie diesen Fall nicht mit Bravour abschließen, sägen sie mich ab.«
»›Absägen‹? Das klingt aber nicht nach Napier. Ich dachte, der ist eher einer von der Sorte ›Das Blutt ist das Läbben, harhar‹«, sagte sie in einem fürchterlichen pseudotranssilvanischen Akzent.
»Na ja, er hat es in eine allegorische Geschichte von einem Bauern, einem Fuchs und einem Huhn verpackt, aber was er meinte, war klar.«
»Was waren Sie in der Geschichte?«
»Das Huhn.«
»Nett.« Sie grinste.
»Wie kommt es, dass er die Hand über Sie hält?«
Das Grinsen blieb auf ihren Lippen, während sie die nächste Zigarette aus der Schachtel fischte und anzündete. »Sagen wir einfach, dass Napier und ich eine Abmachung haben, und belassen wir es dabei.« Natürlich wollte Logan es nicht dabei belassen, aber Steel hatte offenbar nicht die Absicht, ihm weitere Details anzuvertrauen, und so verfielen sie wieder in Schweigen.
Es kam ihm vor, als seien Stunden vergangen, als es plötzlich im Funkgerät knackte und sie WPC Menzies’ Stimme hörten: »Da kommt ein Auto!« Am anderen Ende der Shore Lane flammten Scheinwerfer auf. Im Lautsprecher rauschte und knisterte es, während Logan das Nachtsichtgerät auspackte und am Schärferegler drehte, bis er die Einfahrt zu der schmalen Einbahnstraße klar und deutlich sehen konnte. WPC Menzies, die Hände in die Hüften gestemmt und die Brust gereckt, beugte sich gerade zum Fahrerfenster hinunter. »Hallo, Süßer« , sagte sie in aufreizendem Ton, »willst du dich ein bisschen amüsieren?« Logan konnte den Mann hinterm Steuer nicht richtig sehen – Menzies hatte sich direkt unter eine der wenigen funktionierenden Straßenlaternen gestellt, und das Licht, das sich in der Windschutzscheibe spiegelte, verdeckte das Gesicht des Fahrers. Es folgte ein gedämpfter Wortwechsel, doch die Stimmen waren so verzerrt, dass man nichts verstehen konnte. Offenbar hatte sich Menzies’ winziges Mikrofon im Spitzenbesatz ihres BHs verheddert, sodass der Stoff bei jeder Bewegung darüberrieb und alles mit einem lauten Kratzen und Zischen übertönte. »Wie wär’s denn mit uns bei – … EY, DU SAU !« Steel setzte sich kerzengerade auf. Der Verdächtige ließ den Motor aufheulen. Durch das Nachtsichtgerät konnte Logan sehen, wie WPC Menzies sich die linke Brust hielt. Sie bückte sich und verschwand aus seinem Blickfeld, während DI Steel sich das Mikro schnappte und »Go, go, go!« bellte. Und dann tauchte Menzies wieder auf und schleuderte einen Gegenstand nach dem davonfahrenden Auto. Ein lauter Knall, und der Wagen bremste mit quietschenden Reifen auf dem Kopfsteinpflaster. Im nächsten Moment hatte der Fahrer schon die Tür aufgestoßen, sprang hinaus und starrte seine zertrümmerte Heckscheibe an. Er war so damit beschäftigt, wutentbrannt auf Menzies zuzustürmen, dass er die beiden zivilen Einsatzfahrzeuge nicht bemerkte, die an beiden Enden der Shore Lane schlitternd zum Stehen kamen und die Straße absperrten.
Logan konnte hören, wie der Mann WPC Menzies anbrüllte – trotz der BH-Störgeräusche übertrug der Sender jedes Wort klar und deutlich: »Du dreckige Schlampe!« Er ballte die Faust und holte zum Schlag aus, doch Menzies kam ihm zuvor und holte ihn mit einem Roundhouse-Kick von den Füßen. Sie war schließlich nicht umsonst Mitglied des Karate-Teams der Division. Als Logan und Steel eintrafen, lag er schon in Handschellen mit dem Gesicht nach unten auf dem dreckigen Pflaster der düsteren Gasse, fluchte sich die Seele aus dem Leib und verlangte einen Anwalt, während
Weitere Kostenlose Bücher