Die Stunde des Puppenspielers: Thriller (German Edition)
Fliesen stellte.
Wie spät?
3.13 Uhr.
»Danny?«, sagte Paco, als er sich meldete.
»Wo muss ich hin?« Danny suchte sich bereits seine Sachen zusammen. Ein Anruf des Fotografen um diese Zeit konnte nur eins bedeuten.
»Huércal-Overa.«
»Große Sache?«
»Ja.«
»Was ist es?«
»Ein Mord in einem ländlichen Anwesen. Ich habe den Anruf kurz vor Mitternacht bekommen. Ich dachte nicht, dass es dich interessiert, aber es geht das Gerücht, dass eins der Opfer englisch ist.«
»Ich bin gleich da.«
Eine Stunde später traf Danny Paco auf dem dunklen Vorplatz einer Tankstelle kurz vor der autovía. Der Fotograf war blass.
»Was auch passiert ist, es muss ein Riesending sein. Ich habe in Almería noch nie so viele Polizeifahrzeuge zu einem Tatort rasen sehen. Es ist, als hätten sie dort eine Bombe gefunden.«
»Wie hast du es erfahren?«
»Ein Sanitäter. Die Agentur zahlt ihm eine monatliche Vergütung, damit er uns über sämtliche Vorfälle mit Toten informiert. Ich schätze, die lokalen Blätter wissen bereits Bescheid, aber beim Verkauf an die britischen nationalen dürften wir klar die Nase vorn haben.«
»Schon was Neues über die Opfer?«
»Das Opfer, nur eins. Eine englische Frau – das ist inzwischen bestätigt. Der Ehemann/Freund/Partner – das ist noch nicht klar – kam nach Hause und fand sie.«
»Könnte es ein häusliches Verbrechen sein?«
»Das dachte ich zuerst. Ein Nachbar hörte die Schreie und rief die Polizei. Der Kerl war offensichtlich halb wahnsinnig.«
»Klingt wie Reue, oder?«
Paco schüttelte sich. »Was es auch ist, es ist schlimm. Ich arbeite jetzt seit neunzehn Jahren als Fotograf und habe von Schießereien und Messerstechereien bis zu Explosionen und Massenkarambolagen auf der Autobahn alles geknipst. Aber ich habe noch nie Beamte der Guardia so erschüttert gesehen wie heute Nacht.«
Sie stiegen in ihre Autos. Danny folgte Paco am Stadtrand vorbei in ein Netz kurviger Landstraßen, die von Villen und Chalets hinter hohen Mauern gesäumt waren. Er bog um eine Kurve und sah Pacos Bremslicht aufleuchten. Mitten auf der Straße standen zwei Beamte der Guardia Civil.Paco sprach mit ihnen und kam kopfschüttelnd zu Danny.
»Sie haben eine Straßensperre errichtet. Kannst du dir das vorstellen? Das Anwesen ist noch einen guten Kilometer entfernt. Ich habe sie noch nie so nervös gesehen.« Er starrte in die Dunkelheit. »Ich brauche ein paar gute Tageslichtaufnahmen des Anwesens.«
»Sieht aus, als müssten wir latschen.«
Sie fuhren zu einer Vierundzwanzig-Stunden-Tankstelle, aßen tostadas , tranken Kaffee. Bis Sonnenaufgang war noch genügend Zeit. Sie bestellten in Folie eingewickelte bocadillos und eine Flasche Wasser, da sie nicht wussten, wie lange sie dort draußen sein würden, und fuhren dann zurück. Ihre Autos stellten sie ziemlich weit von der Straßensperre entfernt ab, kletterten ein unbefestigtes Bankett hinunter und marschierten dann durch uneingezäunte Oliven- und Mandelhaine zum Haus. Hin und wieder fluchten sie, wenn sie über schwarze Bewässerungsrohre aus Plastik stolperten, die kreuz und quer über das Gelände verliefen.
Es war nicht schwierig, das Anwesen zu finden: Trotz Dunkelheit und fehlender Straßenbeleuchtung stach es durch die Menge an Polizeifahrzeugen und Krankenwagen im Umkreis des Hauses wie ein Casino in Las Vegas hervor. In allen Fenstern des Hauses brannte Licht. Die Bauernhöfe der Umgebung waren ebenfalls beleuchtet.
Sie fanden einen guten Aussichtspunkt und warteten.
Der Morgen brach an, wie er es in Spanien immer tat: Blasses Licht entzündete die Bergspitzen in der Ferne, aus milchigem Grau wurde Mitternachtsblau, bevor eine Sichel blutroter Sonne über den Horizont lugte und die Hügel des Vorgebirges mit warmem, braunem Licht und kriechenden Schatten tränkte.
Ein älterer Spanier tauchte aus der Dunkelheit auf, eine kurzstielige Hacke über der Schulter, auf dem Kopf ein schwarzes Barett. Die beiden Männer, die unvermittelt aus einem dunklen Olivenhain traten, schienen ihn nicht im Geringsten zu beunruhigen. Danny sprach ihn an: Nein, er wisse nicht, was da in dem großen Haus vor sich gehe, aber ja, die Besitzer seien Ausländer.
Er bot Danny und Paco seinen Weinschlauch an, rieb sich die runzligen Hände. »Was, das sind Engländer? Ich dachte immer, es sind Deutsche. Aber was weiß denn ich? Habe nie mit ihnen gesprochen.«
Der Umriss des Hauses wurde sichtbar. Es war eine große zweistöckige
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