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Die Stunde des Raben

Die Stunde des Raben

Titel: Die Stunde des Raben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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man kann sich an ihnen wirklich die Zähne ausbeißen.«
    »Handeln sie denn nicht für die Akademie?«
    »Ja, schon. Aber sie sind ja auch unsere Lehrer. Natürlich versuchen sie, uns übers Ohr zu hauen. Darum solltest du dich gut vorbereiten!«
    Rufus dankte Lucy und verschwand zwischen den übrigen Lehrlingen in den Gängen. Dort sammelte er so viele Kataloge, die für Filines, sein und Nos Artefakt in Frage kommen konnten, wie er tragen konnte. Dann brachte er diese nach vorne an einen der Tische, wo er sie ablegte.
    Rufus sah sich um. Er wusste nicht, wo er nach Minster Ausschau halten sollte. Die Bisamratte führte ihr eigenes Leben, und es war unvorhersehbar, wann sie auftauchte. Wenn er es sich genau überlegte, hatte er sie noch nie irgendwo gefunden. Bisher war Minster immer zu ihm gekommen. Er konnte sie ja schlecht einfach rufen. Oder?
    Vielleicht war es einen Versuch wert.
    Aber wo sollte er anfangen? Rufus ging in einen leereren Teil der Bibliothek und bückte sich. »Minster?«, flüsterte er leise. »Minster, bist du hier?« Langsam ging er zwischen den Regalen weiter.
    Normalerweise kam Minster unter einem der Regale hervor, wenn sie ihm etwas zeigen wollte. Rufus ließ sich auf alle viere nieder und spähte über den Boden. »Minster, bist du hier irgendwo?«
    Langsam kroch er vorwärts. »Minster, ich suche das Buch, dass du mir gestern geben wolltest. Ich hatte das nicht kapiert, aber jetzt glaube ich, dass es wichtig sein kann. Und …«
    In diesem Moment tauchten Bent und Anselm vor ihm auf.
    »Hallo, Rufus!«
    Der hagere Bent blieb stehen und sah auf ihn herab. Er schien es überhaupt nicht seltsam zu finden, dass Rufus auf allen vieren zwischen den Regalen umherkroch.
    »Coralia schickt uns. Sie lässt dir sagen, dass sie jetzt in ihrem Zimmer ist. Und wenn du das hier suchst«, er streckte die Hand aus und reichte Rufus das Traumbuch, das Minster ihm gestern gebracht hatte, »dann sollst du es ruhig zu ihr mitnehmen. Sie würde gern mal mit dir zusammen darin lesen.«
    Rufus schnappte nach Luft.
    Er richtete sich auf und nahm das Buch entgegen.
    »Wieso?«, fragte er tonlos.
    »Das steht wohl alles da drin«, meinte Anselm.
    Rufus sah die beiden an. Aber Bent und Anselm schienen wirklich nicht zu wissen, worum es ging.
    »Wir haben Coralia versprochen, dass wir nicht darin lesen. Sie hat gesagt, das wäre ein Geheimnis zwischen euch beiden. Na ja, und da halten wir uns natürlich dran.«
    »Ach so«, Rufus nickte. Er schlug das Buch auf und blätterte bis zum ersten Eintrag. Er war, wie der Titel auch, mit der Hand geschrieben. Meine Studien begannen, las Rufus, als mir klar wurde, dass ein Tier, das lesen kann, auch sprechen können musste …
    Überrascht sah er auf. Natürlich, das war überaus logisch. Minster hatte ihm schon oft Bücher gebracht, und so lag die Vermutung nahe, dass die Bisamratte lesen konnte. Warum hatte er selbst noch nie darüber nachgedacht? Aber wohin sollte das alles führen?
    »Tja«, sagte Rufus zu Bent und Anselm. »Ich würde ja gern zu Coralia gehen, aber ich muss No und Filine noch ein paar Bücher bringen.«
    »Das haben wir schon erledigt«, sagte Bent. »Coralia hat sich gleich gedacht, dass ihr mit der Truhe in Filines Zimmer arbeiten würdet. Und als wir gesehen haben, dass das stimmte und du in die Bibliothek gegangen bist und die Kataloge rausgesucht hast, haben wir Ottmar gebeten, sie für dich zu Filine zu bringen. Wir haben ihm gesagt, dass du uns geschickt hast, weil du beim Bücherraussuchen gerade einen wichtigen Hinweis auf dein eigenes Artefakt gefunden hast.«
    »Aha?!«, murmelte Rufus verblüfft.
    »Ja, okay dann.« Anselm hob eine Hand zum Gruß. »Wir müssen jetzt selbst an die Arbeit. Und grüß Coralia schön von uns.«
    Er und Bent lächelten Rufus kurz zu. Dann verschwanden sie zwischen den Regalen.
    Rufus blieb stehen, wo er war, und begann zu lesen.
     
    Als er eine halbe Stunde später mit dem Buch in der Hand durch die Akademie lief, wirbelten ihm viele Gedanken durch den Kopf.
    Das Buch stammte von einem gewissen Nikolai Zeitschneider. Zuerst hatte Rufus gedacht, es wäre wie jedes ordentliche Buch in Kapitel aufgeteilt, aber dieser Schein des ersten Durchblätterns trog. Zwar trugen einzelne Seiten immer wieder Überschriften, doch diese waren einfach in einer anderen Handschrift in den ansonsten fortlaufenden Text eingeschrieben worden.
    Das Buch war auf den ersten Blick faszinierend, wurde aber bald vollkommen

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