Die Stunde des Raben
humpelte.
»Die haben sich auf mich draufgeschmissen, als wäre ich ein Strohsack!«, beschwerte er sich. »Ohne jeden Skrupel. Es gibt hier überhaupt kein Fair Play.« Er zeigte auf einige blaue Flecken auf seinem Armen.
»Und Gaius Publius ist jetzt total wütend auf mich«, erklärte Filine. »Ich habe nämlich auch nicht gerade fair gespielt.«
Rufus sah Filine in ihrer keltischen Gestalt an. Unter den roten Haaren funkelten ihre Augen zornig und sie atmete heftig. No dagegen war anzusehen, dass der Angriff von Marcus Sallustius und Aulus Lucius ihn wirklich mitgenommen hatte.
Er blickte hinüber zu den Römern. Gaius Publius rief eben die beiden anderen Legionäre zu sich und beschimpfte sie.
»Also«, Rufus wandte sich wieder No und Filine zu. »Unsere einzige echte Chance, noch mal an den Ball zu kommen, ist die, dass die Römer den nächsten Spielzug gewinnen«, sagte er ruhig. »Denn danach bekommen wir den Ball wieder. Und ich glaube nicht, dass wir es schaffen, ihnen den Ball abzunehmen.«
»Das geht wirklich nur mit viel Glück und extremem Körpereinsatz«, stimmte No zu. »Aber mir tun jetzt schon alle Knochen weh und ihr beiden seid als Brae und Aili nicht gerade Kraftprotze.«
»Ihr habt recht!«, sagte Filine und fügte hinzu: »Dann müssen wir eben einfach alles riskieren! Für den dritten und hoffentlich letzten Versuch werden wir mit Sicherheit alle unsere Kräfte brauchen. Das wird der härteste Spielzug. Das heißt, die Frage ist auch, können wir jetzt irgendetwas machen, um den Spielzug danach vorzubereiten?«
»Ja, können wir«, flüsterte No. »Ich schlage vor, wir sollten einen von ihnen so reizen, dass er im dritten Spielzug ganz bestimmt auf mich losgeht. Und gleichzeitig sollten wir versuchen, ihn etwas zu, na ja, zu beschädigen, wenn ihr versteht, was ich meine.«
»Du meinst, ihm gegen das Bein treten oder so?«, fragte Filine.
»Ja«, sagte No. »Es ist gemein, aber es könnte unsere einzige Chance sein. Wenn er danach auf mich losgeht, kann ich ihn vielleicht lahmlegen.«
Rufus nickte. »Na gut, dann konzentrieren wir uns jetzt nicht auf den Kohlkopf, sondern nur auf einen von ihnen! Und den lassen wir spüren, dass er ein absolut unerwünschter Eindringling in diesem Land ist. Provozier ihn so gut es geht, No, und wir helfen dir dabei.«
Die drei Lehrlinge stellten sich auf und erwarteten den Angriff der Legionäre. Und der ließ nicht auf sich warten.
Marcus Sallustius und Aulus Lucius liefen auf die drei Lehrlinge zu, während Gaius Publius hinter ihnen den Kohlkopf trug.
»Welchen nehmen wir uns vor?«, fragte Rufus.
»No?« Filine sah die große Gestalt Tyrais an.
»Den rechten«, entschied No und deutet auf Marcus Sallustius. »Er ist der Kleinere und ihm hat Filine vorhin schon mal den Kohl weggeschnappt.«
Als die Legionäre die Mitte des Spielfeldes erreicht hatten, stürzten sich die Lehrlinge auf ihr Opfer. Marcus Sallustius war zwar schmaler als seine Mitspieler, aber noch lange nicht so schmal wie Rufus in Gestalt von Aili oder Filine als Brae. Tyrai allerdings überragte ihn um einige Zentimeter. Zu dritt warfen sie sich auf den Römer. Und Marcus Sallustius stürzte sofort zu Boden.
»Haha«, lachte Gaius Publius auf und stürmte an ihnen vorbei. »Diese Tölpel dachten wohl, er hätte den Kohl. Sie haben alles auf eine Karte gesetzt, wie dämlich.«
»Aber Gaius!«, rief Aulus Lucius. »Sollen wir ihm denn nicht helfen?«
»Marcus Sallustius wird sich selbst helfen müssen«, gab Gaius Publius zurück und lief weiter. »Du deckst meine Flanke, und wir machen jetzt den Punkt!«
In den zwanzig Sekunden, die die beiden Legionäre bis zum Ende des Spielfeldes brauchten, kämpften Filine, Rufus und No mit allen Mitteln gegen Marcus Sallustius.
»Schämst du dich nicht, gegen Mädchen zu kämpfen?«, brüllte No ihn an und gab ihm eine schallende Ohrfeige.
Gleichzeitig trat Rufus-Aili ihn gegen das Schienbein. »Das ist ein blödes Spiel für idiotische Männer«, keifte er mit seiner Mädchenstimme, so hoch er konnte.
Der Legionär versuchte Rufus wegzustoßen.
Aber Filine riss ihm den Arm zur Seite: »Du wirst einen schrecklichen Tod erleiden, Marcus Sallustius, wenn du dich uns noch einmal in den Weg stellst.«
Der Legionär warf sich keuchend herum.
»Ach, hast du noch Atem in der Lunge?« No ließ sich auf den Mann fallen und presste sein Gesicht in den matschigen Boden. Dann zog er ihn an den Haaren wieder hoch.
»Tja«, kicherte
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