Die Stunde des Raben
Sallustius über die Schulter auf den Boden. Dann sprang er ihm in den Rücken und drückte das Gesicht des Legionärs in den Schlamm.
Marcus Sallustius keuchte, rappelte sich aber wieder auf.
»Tut mir leid«, murmelte No. »Aber es geht nicht anders.« Der Lehrling in Tyrais Gestalt holte aus und schlug Marcus Sallustius mit aller Kraft k. o.
Der Legionär kippte wie ein gefällter Baum zur Seite. No sprang auf und drehte sich um. Rufus hatte den Ball bekommen, aber Aulus Lucius war ihm dicht auf den Fersen.
Und ein Stück weiter links streckte Gaius Publius die Hände nach Filine aus.
»Frei«, brüllte No. »Ich bin frei!«
Im selben Augenblick holte Rufus auch schon zum Wurf aus. Aber Aulus Lucius fiel ihm in den Arm. Anstatt zu No, flog der Kohl auf die Erde und rollte ein Stück. Rufus hielt sich den Arm und verzog schmerzerfüllt das Gesicht. Im selben Moment packte Gaius Publius Filine an den Haaren und zog daran.
No zögerte keine Sekunde. Mit der ganzen Kraft seines Kriegerkörpers sprintete er über das Feld zurück. Jetzt hing alles von ihm ab. Er sah, wie sich Aulus Lucius nach dem Ball umdrehte.
»Tritt ihm in die Kniekehlen!«, brüllte No Rufus zu.
Das zarte Geschöpf, in dessen Gestalt Rufus steckte, sprang hinter Aulus Lucius her, hob ab und flog dem Legionär dann von hinten in die Beine. Zwei Schritt vor dem Ball fiel der Römer hin. Das reichte.
No warf sich mit einem Panthersprung auf den Kohl, rollte ab und stand wieder auf. Hinter ihm ließ Gaius Publius Filine los und setzte ihm nach. Aber No war nicht mehr zu bremsen.
Er warf den Kohl hoch über sich, sprang in die Luft, drehte sich dabei und rammte dem angreifenden Legionär sein Knie vor die Brust. Mit einem Stöhnen sank dieser zusammen.
»Gar nicht so schlecht, so ein Hammerkörper!«, jubelte No. Dann fing er den Ball wieder auf und rannte so schnell er konnte auf die gegnerische Linie zu. Hinter sich hörte er Gaius Publius aufheulen.
Doch es war zu spät.
No erreichte die Linie und drückte den Kohl auf die Erde.
»Britannien schlägt Rom!«, verkündete Cornelius Caesanius.
Der schmale Junge trat auf das Spielfeld und breitete die Arme aus. »Das Spiel ist beendet, die Sieger stehen fest. Tretet zusammen.«
Erstaunt sahen die Lehrlinge sich an, aber Cornelius Caesanius nickte ihnen zu. »Ein gutes Spiel. Und ich denke, ich werde eure Worte an meine Frau schicken. Sie soll sie meinem vor drei Jahren geborenen Sohn Publius Cornelius Tacitus aufbewahren. Ich habe das Gefühl, dass er sich eines Tages für die Geschichten interessieren wird, die sein Vater in fernen Ländern erlebt hat. Eigentlich sollte ich ja vor einiger Zeit nach Gallia Belgica versetzt werden und bin dann zu meinem Unglück auf dieser Insel hier gelandet. Nun aber scheint es mir, als habe das Schicksal mir einige interessante Mitteilungen gemacht.«
Er hob die Wachstafel, die er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, um sie in seinen Tornister zu stecken.
In diesem Moment unterbrach ihn Gaius Publius, der mit seinen Mitspielern angehumpelt kam: »Genug gefaselt, Cornelius! Du wirst dich jetzt sofort daran machen, eine Rede für unseren Statthalter Paulinus zu schreiben, in der du die Barbaren so räudig und unwissend beschreibst, wie sie wirklich sind. Das ist ein wichtigeres Werk als das Gejammer einer dummen Keltengans, die sowieso bald begraben sein wird!«
Er bückte sich zu seinem Schwert, das er vor dem Spiel abgelegt hatte, und hob es empor. Dabei sah er Filine grimmig an.
»Sprich dein letztes Gebet!«
»Aber Gaius Publius!«, rief Cornelius Caesanius entsetzt und wedelte aufgeregt mit seiner Wachstafel. »Du darfst sie nicht töten. Die Abmachung war, dass die Kelten freien Abzug erhalten, wenn sie gewinnen.«
»Aber es war nicht abgemacht, dass sie gewinnen!«, brüllte der Anführer der Legionäre. »Und hör auf, mir damit vor dem Gesicht rumzufuchteln!« Er entriss Cornelius die Wachstafel, stieß diesen zu Boden und steckte die Tafel in sein Gewand. »Diese Tafel nehme ich. Wenn sie wirklich so interessant ist, wie du denkst, Schreiberling, werde ich sie meinem Sohn geben. Als Andenken an die Großmäuligkeit der britannischen Barbaren.« Gaius Publius kniff die Augen zusammen, starrte wieder Filine an und ließ sein Schwert sinken.
Er holte tief Luft. »Ich könnte euch töten, Kelten! Niemand kann mich hindern und kein Hahn würde nach euch krähen. Aber ich bin Römer, und ich stehe zu meinem Wort. Ihr habt gewonnen. Also
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