Die Stunde des Raben
Händen weit ausgeholt, als würde sie zu dir werfen und hat dann im letzten Moment den Ball zur anderen Seite über die Schulter geworfen.«
»Ja, genau!«, rief Rufus.
»Und das klappt ohne Üben?«, fragte Filine.
»Wahrscheinlich nicht«, murmelte No.
»Es muss aber gehen«, beschwor sie Rufus. »Sonst verlieren wir.«
»Das sind ja wirklich ideale Voraussetzungen.« No tippte sich an die Stirn. »Aber was anderes bleibt uns ja wohl nicht übrig. Und was passiert dann?«
»Dann renne ich mit dem Ball durch«, erklärte Rufus.
No verdrehte die Augen. »Na super, alles hängt an einem Trick von Filine, den sie noch nie probiert hat. Große Klasse.«
»Es geht los!«, rief in diesem Moment Cornelius Caesanius. Die drei Legionäre standen aufgereiht an der Mittellinie.
Die Lehrlinge traten hinzu.
No fasste Rufus um die Hüften. In der Gestalt des rothaarigen Mädchens wog der Lehrling wirklich nicht viel.
»Scherenwurf«, flüsterte Filine neben ihm. »Ich schaffe das. Bestimmt!«
No schwieg und spannte die Muskeln an.
»Das Spiel beginnt!«, rief Cornelius Caesanius. Dann schleuderte er den Kohlkopf in die Höhe.
Sofort stemmte No Rufus hinterher. Und tatsächlich verfügte er in Tyrais Gestalt über ziemlich viel Kraft. Rufus in Ailis Gestalt flog nach oben, als hätte er sich von einem Trampolin abgestoßen. Er packte den Kohlkopf. Die Legionäre lachten.
»Was soll das denn werden? Spielt ihr hier Vögelchen? Du kommst eh gleich wieder runter, mein Täubchen!«, brüllte Gaius Publius. »Und dann habe ich dich und den Kohl!«
Aber der Legionär hatte sich getäuscht. Bevor Rufus in seine Reichweite kam, warf er den Ball zu Filine. Die Köpfe der Soldaten fuhren herum.
»Guter Trick«, raunte Gaius Publius.
Dann rannte er auf Filine zu. Diese wich ihm aus und machte drei Schritte nach vorne. Im selben Moment aber kam auch Marcus Sallustius auf sie zu. Filine streckte die Arme aus und versuchte so zu tun, als würde sie den hellgrünen Kohlkopf nach rechts zu No zu werfen, aber im selben Moment prallte sie gegen den Legionär.
»Uff!«, entfuhr es ihr. Der Mann lachte. Er griff nach dem Kohlkopf und hielt ihn fest. Doch Filine gab nicht auf. Sie griff zwischen die Pranken von Marcus Sallustius und schob ihre Finger unter das oberste Kohlkopfblatt. Mit einem leisen Ratsch rissen die oberen Blätter ab. Verblüfft blickte der Legionär auf das Blatt in seiner Hand, während Filine mit dem größeren Rest weiterrannte.
Gaius Publius sprang auf Filine zu. Jetzt musste sie den Scherenwurf machen. Filine holte weit aus und tat so, als schleuderte sie den Kohlkopfball nach vorne in Richtung No, der an der rechten Außenlinie lief. Dann schwang sie die Arme wie eine Marionette nach hinten und ließ den Ball über die linke Schulter zu Rufus fallen.
Der Trick funktionierte. Marcus Sallustius und Aulus Lucius stürzten auf No zu.
»Lauf, Tyrai!«, brüllte Filine entzückt.
No setze sich bereits in Bewegung, um den Legionären zu entkommen, die auf ihn zuhielten. Aber sie waren schnell. Nach vier Schritten warfen sie sich auf ihn und rangen ihn zu Boden.
»Verdammt!«, keuchte No und trat um sich. Jetzt verstand er, was Ludere raptim wirklich bedeutete. Ein heftiger Schlag gegen seine Schulter raubte ihm den Atem.
Gaius Publius aber war nicht auf die Finte hereingefallen. Er merkte, dass Rufus-Aili den Kohlkopf hatte und rannte auf die Mädchengestalt zu.
»Hierher!«, brüllt er Marcus Sallustius und Aulus Lucius zu.
Aber jetzt hielt No die beiden fest. Und zwar mit Tyrais eisernem Griff, wie er spürte. Er sah, wie Rufus rannte.
Hinter diesem schoss Gaius Publius heran. Aber dann tat Filine etwas, was sie sich in einem Spiel in der Akademie nie getraut hätte. Sie rannte hinter dem Legionär her und trat ihm von hinten in die Beine. Gaius Publius knickte mit einem Schmerzensschrei ein und schlug lang auf den Boden.
»Du Schlange!«, brüllte er.
»Genau das bin ich, mein lieber Gaius Publius. Ich bin eine Schlange beim Ludere raptim …« Und damit trat sie ihm gegen das Knie, gerade, als der Legionär aufstehen wollte.
»Lass das sein!«, brüllte der Mann wütend. Aber da war Rufus auf Ailis erstaunlich kräftigen Beinen schon über die gegnerische Grundlinie gerannt und ließ den Kohlkopf zu Boden fallen.
»Punkt für die Barbaren«, erklärte Cornelius Caesanius. »Der nächste Durchgang kann entscheiden.«
Die drei Lehrlinge kamen wieder in ihrer Hälfte zusammen. No
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