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Die Stunde des Schakals (German Edition)

Die Stunde des Schakals (German Edition)

Titel: Die Stunde des Schakals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Jaumann
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sprengen, falls ihn jemand zu erschießen versucht?»
    Clemencia hörte die Tür hinter sich gehen. Sie sagte, dass sie sich wieder melden werde, und drehte sich um. Mutter und Tochter kamen zuerst heraus, gefolgt von dem Jungen. Er bückte sich nach ein paar kleinen Steinen und warf sie nacheinander in eine der Wasserpfützen, die vom Unwetter der Nacht zeugten. Das Mädchen ließ die Hand der Mutter los und rief nach dem Hund. Sie nannte keinen Namen, rief nur: «Komm, Hund, komm!» Die Mutter hatte tiefe Ringe unter den Augen. Sie sagte, dass sie schnell ein Frühstück zubereiten wolle. Bis es fertig sei, sollten die beiden Kinder ruhig noch ein wenig spielen. Was sie dachte, war nicht zu erahnen. Vielleicht gar nichts. Vielleicht wunderte sie sich, dass ein neuer Tag begonnen hatte.
    Clemencia ging wieder ins Haus. Fourie stand noch neben dem Bett. Die Hände von Lucas Elago lagen nun auf der Wolldecke, die Finger ineinandergefaltet. Die grauen Lippen waren geschlossen. Er hatte aufgehört zu atmen. Er war tot. Wenn so die Wahrheit aussah, war sie genauso banal wie unumstößlich. Dazu gab es nichts mehr zu sagen. Aber zu anderem sehr wohl.
    «Die Polizei hat Donkerkop gestellt», begann Clemencia.
    «Gut», sagte Fourie.
    «Er will sich und den ganzen Heldenacker in die Luft jagen.»
    Fourie winkte ab. «Er hängt am Leben, sonst wäre er ja nicht untergetaucht.»
    «Er ist seit Tagen auf der Flucht», sagte Clemencia. «Er ist allein, durcheinander, übermüdet und denkt, dass sowohl ein Killer als auch die gesamte namibische Polizei nichts anderes im Sinn haben, als ihn umzubringen. Man weiß nie, wie jemand in so einer Situation reagiert.»
    «Doch», sagte Fourie. «Er wird den Mord an Lubowski gestehen. Ihr Chef, Oshivelo, wird ihn dazu überreden.»
    Fourie wusste also auch darüber Bescheid! Er wusste genau, was Elago von Oshivelo gefordert hatte. Elago konnte ihn informiert haben, aber warum hätte er das tun sollen, wenn die Entführung von Oshivelos Frau einzig seine Idee war? Nein, Fourie steckte auch dabei mit drin, wahrscheinlich hatte sogar er selbst den Plan ausgearbeitet. Clemencia wurde klar, dass es ihm von Anfang an nicht um Selbstjustiz, nicht um die Hinrichtung der mutmaßlichen Lubowski-Mörder gegangen war. Er hatte immer nur deren Geständnis erzwingen wollen. Wenn die Verdächtigen das ablehnten, wurden sie allerdings erschossen, und damit erhöhte sich automatisch der Druck auf den Nächsten, zu dem Fourie seinen Killer schickte. Oder den er – wie Ferdi Barnard im Gefängnis – selbst fragte, ob er wirklich das Schicksal der anderen teilen wolle. Doch sie waren hart geblieben, Maree, Barnard, Burger, Acheson, sie hatten nicht kooperieren wollen, und nun waren sie tot. Nur einer war noch übrig, Donkerkop, und der durfte unter keinen Umständen sterben, denn sonst wäre niemand mehr da, der berichten könnte, was an jenem Abend des 12. September 1989 geschehen war.
    «Nein», sagte Clemencia, «Oshivelo wird Donkerkop zu gar nichts überreden. Nicht, wenn er hört, dass der Entführer seine Frau weder freilassen noch töten kann, weil er nämlich selbst tot ist. Wieso sollte man seinen Forderungen also nachkommen?»
    «Lucas Elago könnte einen Komplizen haben», wandte Fourie ein.
    «Oder einen Auftraggeber», sagte Clemencia. Einen ehemaligen Richter zum Beispiel. Einen, der Hendrik Fourie hieß.
    «Wie auch immer.» Fourie zuckte die Achseln. «Solange seine Frau verschwunden bleibt, wird Oshivelo nicht wagen, ihr Leben aufs Spiel zu setzen.»
    Clemencia dachte an Angulas Theorie. Wenn Oshivelo tatsächlich Dreck am Stecken hatte, stand zu befürchten, dass er seinen Leuten befahl loszuballern, sobald das ohne Gefahr für seine Frau möglich war. Egal, ob dabei der gesamte Heroes’ Acre in die Luft flog. Steine, die an tote Helden erinnerten, konnte man wieder aufschichten. Das war kein Problem. Solange nur die Helden selbst und ihr Schicksal verschüttet blieben!
    «Oshivelo wird auf Zeit spielen», sagte Clemencia, «und inzwischen fieberhaft nach seiner Frau suchen lassen.»
    «Viel Glück!», sagte Fourie.
    Täuschte sich Clemencia, oder war zum ersten Mal eine Spur Unsicherheit in seiner Stimme zu hören gewesen? Würde Oshivelos Frau gefunden, bevor Donkerkop redete, wäre für Fourie alles umsonst gewesen. Die jahrelangen Nachforschungen, die fünf Auftragsmorde, der Deal mit dem Killer. Clemencia beschrieb mit dem Finger einen Kreis. «Man könnte zum Beispiel hier in

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